Tag 7 – zu Fuß durch die Ardennen: von Montfort nach Bomal (33 km)

sonniger Tag entlang der Ourthe: verwunschene Orte, kleine Kirchen und Kapellen und immer wieder Blicke in die beruhigend sanfte Hügellandschaft

Montag, 12.10.2020

Heute Morgen gab‘s leckeres Frühstück –  leider ohne Kaffee-  ich bin bei einem Tee- Freak gelandet.  Danach etwas zurück ins Tal und dann auf der anderen Talseite wieder bergauf. Der Weg führt durch einen Steinbruch: hier kommt also der Blaustein her! Nach mehreren Kilometern dann wieder bergab nach Comblain au Pont. Auf einmal habe ich dieses „Dejà – vu“ – Gefühl: hier war ich schon mal! Ich hatte zwar in der Einleitung erzählt, dass ich nach 20 Jahren in Belgien endlich mal das Land entdecken wollte – aber so ganz stimmt das doch nicht. Nach dem Abi bin ich mit meinen Freunden durch die Ardennen und die Ourthe entlanggewandert (wir haben gepokert, dass wir nicht in die mündliche Prüfung kommen…), und danach habe ich auch mit Pierre die eine oder andere Tour in der Gegend gemacht.

Skulpturenpark Comblain-au-Pont
Skulpturenpark Comblain-au-Pont

Also heute in Comblain kamen mir die schwachen Erinnerungen, dass ich diesen Park mit den Blausteinskulpturen schon gesehen hatte – und auch den verfallenen Friedhof. War der damals wirklich schon so verfallen und so deprimierend? schwer zu sagen – Erinnerungen arrangieren die Wirklichkeit und geben sie nun mal nicht wie ein Foto wieder …

Friedhof Comblain-au-pont
alter Friedhof in Comblain-au-Pont

Auf dieser Wanderung fällt es mir erneut auf – vielleicht ist es in der laizistischen Wallonie nur präsenter als sonst, auf jeden Fall bemerke ich es deutlcher: alle Kirchen, Kapellen, Wegkreuze – kurz: alle christlichen Symbole sind alt und verfallen, Kirchen teilweise leergeräumt und meist verschlossen. Niemand scheint sich ernsthaft darum zu kümmern, scheint davon betroffen zu sein. Auf der anderen Seite sehe ich immer wieder Häuser, in denen die Bewohner buddhistische Symbole aufstellen – und die sind nicht verfallen und alt. Es gibt sicher einen Haufen Gründe dafür – aber ich muss doch an eine Studie denken, die in einer Radiosendung zitiert wurde, die besagt, dass Religionen im Allgemeinen nicht durch kriegerische Aktionen verschwinden, sondern innerhalb der Gesellschaft einfach von anderen Bewegungen aufgesogen werden – ohne dass die Menschen den Übergang als Verlust empfinden…. Vielleicht befinden wir uns in einer solchen Epoche?

Ich weiß sehr wohl, dass man keine Kirche, keinen Tempel, keine Moschee braucht, um zur Ruhe zu kommen und um zu beten: aber Kirchen sind privilegierte Orte, in denen man manchmal die Spiritualität vieler Generationen spürt, die vor einem selbst anwesend waren…. Und das fehlt mir –  scheint aber ansonsten kaum jemanden zu interessieren.

Dazu passt die alte romanische Kirche in Xhignesse, in der offensichtlich noch Messen stattfinden, aus der aber der gesamte Schmuck – alle Bilder, Altäre, verschwunden ist. Dazu passt die kleine Kapelle, St Rahi gewidmet, in der im 1.Wk für den Schutz des Königs und der Soldaten gebetet wurde. Ok. Über Geschmack lässt sich streiten – aber muss man die Kapelle wirklich leerräumen?

Die Tour ist heute echt lang: der GR verdreifacht sowieso immer die Strecke, da er fast nie den direkten Weg am Fluss entlang nimmt, sondern weite Schlenker über die Höhen im Umland unternimmt. Einen dieser Umweg, der 10 zusätzliche Kilometer gebracht hätte, habe ich schon ausgelassen und bin den Ravel entlang direkt nach Comblain au Tour gegangen. Abet trotzdem sind es mehr als dreißig Kilometer geworden bis ich am (letzten geöffneten) Campingplatz in Bomal angekommen bin. Die Leute sprechen nur flämisch – kein französisch- wo bin ich hier? Aber zumindest sind die Duschen warm. Zum Abendbrot: die einzige Pizzeria hat nur Lieferservice und das einzige Café gegenüber macht nur Croque Monsieur. Davon brauche ich zwei um satt zu werden- aber das Bier ist gut und originell (Lupulus) – darüber hinaus vom Fass. Abend gerettet.

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