Tag 1 – Belgien mit dem Rad entdecken: Von Kelmis nach Lüttich (ca. 60 km)

Über Bahntrassen, durch das Tal von Bel und Berwinne und zuletzt an der Maas entlang nach Lüttich – wenn der Weg nicht als Radtour geplant gewesen wäre hätte es auch viele Möglichkeiten zu tollen Besichtigungen gegeben

Zum Beginn der Entdeckungsreise durch den Norden Belgiens soll die erste Etappe von zu Hause in Kelmis nach Lüttich gehen.

Sofort kommen mir die möglichen Routen in den Sinn. Soll ich den RAVEL über Aubel , Herve und Beyne- Heusey fahren ? Möglich, aber den Abschnitt hinter Herve finde ich nicht so schön – und außerdem kenne ich den Weg schon. Val Dieu im Tal der Berwinne sollte wirklich auf der Strecke liegen, und … die Zeche in Blegny ist doch Weltkulturerbe, da muss ich also möglichst auch vorbei! Und wie ist es mit dem Kreuzweg in Moresnet – nur weil der direkt um die Ecke liegt, sollte ich ihn doch nicht rausfallen lassen ? – Wer die Qual hat, hat die Wahl…

Moresnet Chapelle
Moresnet Chapelle

So entschließe ich mich – auch um meine eigene Neugier etwas zu befriedigen, nicht nur über bekannte Straßen zu fahren.

Früh am Sonntagmorgen geht’s also los und ich fahre über kleine Wege nach Moresnet- Chapelle. In diesen Marienwallfahrtsort haben sich die deutschen Franziskaner im Kulturkampf des 19. Jahrhunderts vor der preußischen Staatsgewalt zurückgezogen und bis zum Jahre 2005 den Wallfahrtsort betreut. Ende des 19. Jahrhunderts entstand auch der beeindruckende, in einer Parkanlage liegende Kreuzweg.

Hinter Moresnet bin ich dann auf dem Bahntrassenradweg der alten Linie 39 nach Aubel gefahren An sich wollte ich über den immer wieder interessanten und lebendigen Markt im Zentrum des Ortes schlendern – aber bei Sperrgitter und Maskenpflicht ist mir die Lust vergangen und ich habe mich mit einem kurzen Foto über den Zaun begnügt.

Jetzt kommt die Sonne kräftig durch und ich fahre genüsslich und leicht bergab durchs Tal der Bel zur (ehemaligen) Zisterzienserabtei in Val Dieu. Aktuell wird das Kloster von einer zisterziensichen Laiengemeinschaft genutzt, die den Klostergarten für Besucher geöffnet hat und im Garten einen Rundweg mit spirituellen Impulsen angelegt hat. Ich war zwar schon oft in Val Dieu (auch wegen der Klostergaststätte mit exzellentem Käse und Bier) – aber diesen Garten habe ich heute erstmals entdeckt und ziemlich viel Zeit hier verbracht.

Aber ich will nach Lüttich.  Weiter geht’s durchs Berwinne Tal bis Dalhem – dort entdecke ich einen alten Bahntunnel, der gerade als Fahrradweg neu eröffnet ist, nachdem die Bahn und der Tunnel nach einem schweren Zugunglück fast 30 Jahre in Schockstarre lagen und weder Zug-noch Radverkehr weiter entwickelt wurden. Jetzt also der neue Radweg, den ich neugierig fahre, ohne sicher zu wissen, wo ich auskommen werde. Glück gehabt – ich komme ziemlich genau an dem Ort aus, der sowieso auf meiner Peillinie lag – der Zeche in Blegny.

Die alte Zeche in Blegny

Klar, Blegny ist nicht so riesig und imposant wie Zollverein in Essen – aber dennoch eine spannende und vor allem auch ältere Zechenarchitektur – Heute habe ich keine Zeit, in den Schacht einzufahren – aber das Gelände bietet auch so interessante Einblicke in den Bergbau im 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.

Von da aus habe ich versucht, über nicht allzu stark befahrene Straßen bergab ins Maastal zu gelangen. Das gestaltet sich aufgrund der unglaublich schlechten Ausschilderung ziemlich schwierig: Trotz guter Karten-App brauche ich mächtig lange und muss einige Male die Richtung korrigieren, bis ich auf dem Maasradweg ankomme und in die Stadt nach Lüttich hineinfahren kann. In der Stadt selbst dann Bummel durch die Straßen der Altstadt und Besichtigung der Treppe an der „Montagne de Beuren“. Leider ist die Bartholomäuskirche mit dem romanischen Taufbecken des Reiner von Huy geschlossen (obwohl sie laut Schildern und Internet geöffnet sein sollte … grrrr…..), so dass ich etwas früher als geplant in einer kleinen Kneipe in der Nähe des ehemaligen Minoritenklosters zu einem unglaublich leckeren Weißbier komme.  

Später fahre ich zu dem wirklich stylischen Lütticher Bahnhof (vom Architekten Santiago Calatrava, dessen Werke ich auch schon in Valencia bewundert habe),  dann mit dem Zug nach Welkenraedt und zuletzt mit dem Rad zurück nach Hause : wenn die nächsten Etappen ähnlich erlebnisreif werden, bin ich von „Belgique en vélo“  hellauf begeistert !

Tag 10 – zu Fuß durch die Ardennen: von la Roche en Ardenne nach Nisramont (24km) und vorher mit dem Rad den umgekehrten Weg (ca. 15km)

sehr abwechlungsreicher Wegverlauf in grandioser Natur – einfach schön

5.12.2020

Eigentlich wollte ich die schöne Belgienwanderung nicht in viele kleine Häppchen zerteilen. Weniger, weil ich was gegen Gehacktes habe – nur –  am Stück wäre die Tour weitaus besser verträglich….

Problem sind die fehlenden Übernachtungsmöglichkeiten: so habe ich fast vier Stunden Anfahrt für 6 Stunden Wanderung – einfach anstrengend: und die von mir so geliebten Abende zum Blogschreiben, Lesen, Essen und wenn möglich Quatschen fallen einfach aus.

Aber in Häppchen ist die Wanderung immer noch besser als gar nicht, und so fahre ich, nachdem der Wetterbericht einigermaßen akzeptabel war (bewölkt mit einzelnen Aufheiterungen) um 8.30 los und bin um 10.00 in Nisramont. Von da aus muss ich eigentlich nur ca. 10 km bergabmit dem Rad nach La Roche. Zur Vorsicht brauche ich (zum ersten Mal überhaupt) die Fahrradnavigation.  „Fahre in 150m links“ „… in 800m nach rechts“ und dann – mitten im Wald: „Sie haben Ihr Ziel erreicht“. Grrrrr! Auf diese Weise war die Radtour 5 km länger und ich bin die steilste Bergabfahrt seit langem gefahren -im Schritttempo, um nicht nach vorne über den Lenker zu gehen…

In La Roche in der ganzen Stadt: Maskenpflicht… ich schließe mein Rad an und verlasse so schnell wie möglich die Innenstadt – und nach 500m zu merken, dass ich in die falsche Richtung gehe : mit etwas mehr Ruhe und etwas weniger genervt wäre das sicher nicht passiert.

Der korrekte GR zeigt sich heute von seiner besten Seite: enorm abwechslungsreiche Landschaft von den Hochflächen der Ardennen über die Ufer der Ourthe bis zu spannenden Wegen zwischen den Steilfelsen hoch über dem Fluss: schmale und steile Pfade mit viel Wurzelwerk und Felsblöcken, teils zum Klettern, teils fast schwindelerregend hoch über dem Tal: heute kann man den Weg mit gutem Gewissen als Training für eine Bergtour ansehen. Dazwischen die Rekonstruktion eines keltischen Forts –strategisch genial gelegen an einer engen Ourthe –Schleife mit Blick auf den Fluss zu beiden Seiten des Mäanders.

Ourthe
die Ourthe

Vor allem zu Beginn der Wanderung, als der GR über Forstwege auf die Hochebene führte, hatte ich Zeit zum Nachdenken: mir geht eine Bemerkung einer meiner Töchter nicht aus dem Kopf: ‚Mama, warum hast du eigentlich immer Angst, wenn sich unsere Zukunftspläne nicht in ganz traditionellen Bahnen abspielen? Hast du denn kein Vertrauen?‘ Peng, Ohrfeige für mich.  Ich hatte das Thema doch gerade erst und eigentlich wollte ich mir den Schuh nicht anziehen. Aber wenn ich‘s genauer bedenke … vielleicht vertraue ich im Letzten wirklich keinem Menschen außer mir selbst (und selbst da bin ich mir manchmal nicht ganz sicher): das hilft, um die Enttäuschungen zu minimieren, wenn‘s (zB bei den Kids) doch anders läuft als erwartet. Aber wieso habe ich eigentlich diese vermaledeiten Erwartungen? Schluss! Schon deshalb, weil der Weg jetzt steil abwärts geht – und da kann ich echt nicht über so `nen Mist nachdenken…

Ich bin heute nicht allein auf dem Weg : La Roche scheint eine touristische Hochburg für Flamen und Niederländer zu sein und weiter südlich im Naturpark „Les deux Ourthes“ sind viele Wallonen und Luxemburger als Wanderer oder Trailrunner unterwegs. Aber wirklich voll war es heute eigentlich nicht. Aber wie wäre das hier im Hochsommer ?

bei Nisramont
bei Nisramont

Etwas schade, dass ich (Gründe s.o.) erst sehr spät gegen 11.00 auf dem GR  bin – so muss ich bei 24 km Weg und Sonnenuntergang um 16.30 die ganze Zeit die Uhr im Blick behalten und bin dann auch nach der Staumauer von Nisramont über die Straße zum Dorf zurückgelaufen –ich wollte nicht riskieren, den schmalen Uferweg im Dunkeln gehen zu müssen.

Vielleicht sind bei den nächsten Etappen die Hotels wieder geöffnet? –Das wär um einiges entspannter…

Das ist der gewanderte Track – hier bin ich zum ersten Mal deutlich von der Planung abgewichen – das Ourthetal ist einfach zu schön !

Tag 9 – zu Fuß durch die Ardennen: von Hotton nach La Roche-en- Ardenne (30 km)

Letzter Ferientag und wiederum ein geruhsamer Wandertag in herbstlicher Landschaft – kleine amüsante und ungewöhnliche Entdeckungen inclusive …

Samstag, 17.10.2020

(Vor)letzter Ferientag und ich habe noch mal Lust auf eine Wanderung. Besser heute (am Samstag), denn für morgen ist der Wetterbericht eher mies.

Also hab ich mich ins Auto gesetzt, bin nach Hotton gefahren und war ab 9.15 dann wieder auf dem GR. Etwas nervig : es sind ca. 30 km und ich weiß, dass der einzige Bus um 17.15 von La Roche zurück fährt – ich muss also dauernd die Uhr im Blick haben….

Es ist kühl, Hochnebel – goldener Oktober sieht anders aus. Aber das Wetter passt zu dem großen englischen Soldatenfriedhof, an dem ich kurz nach dem Ortausgang vorbeikomme. Ich muss immer wieder schlucken, wenn ich mich frage, was junge Ägypter im Namen Englands 1945 in Belgien gesucht haben – sind die freiwillig in den Krieg gezogen?

Potoroscope

Heute ist der Weg nicht so spektakulär – es gibt keine Megalithgräber am Weg, keine uralten romanischen Kirchen… Es fällt auf, dass die Wegkreuze wieder besser in Stand gehalten werden als weiter nördlich in der Nähe von Lüttich. Und ich bin amüsiert und regelrecht begeistert vom Spieltrieb desjenigen, der das „Potoroskop“ am Wegrand aufgebaut hat: phantasievoll geschweißte Nonsense -Figuren. Das Haus des Künstlers Haus heißt bezeichnenderweise „Le Donquichottolodge“ .

Obwohl ich heute durch wenig besiedeltes Gebiet komme, ist die Wegführung –zumindest auf mindestens der Hälfte des Weges – nicht so ideal wie in den letzten Tagen. Ich musste ziemlich viel Asphalt treten, wenn auch die Sträßchen selbst nicht sehr befahren sind. Erst im letzten Teil – schon auf dem Gebiet der Gemeinde von La Roche- ändert sich das. Jetzt führt der Weg idyllisch über kleine Waldpfade und am Bachufer entlang – bis an einem kleinen Stausee auf einmal der Wanderweg ziemlich sumpfig wird und ich über die Hänge kletternd ausweichen muss: Biber! (Vermute ich zumindest).

Letzter Ferientg und  ein weiterer Wandertag in herbstlciher Landschaft mit kleinen amüsanten und interessanten Entdeckungen am Wegrand
L Roche-en Ardenne

Dann nur noch wenige Kilometer und ein toller Panoramablick später komme ich nach la Roche. Ich fotografiere die imposante Burgruine und bin nicht viel zu früh an der Bushaltestelle für den Weg zurück nach Hotton. Auch diesmal kann ich keine Fahrkarte im Bus kaufen, es gibt keine am Automaten, auch eine App dafür habe ich bisher vergeblich gesucht –also fahre ich wieder schwarz. Vielleicht finde ich ja für die nächsten Etappen eine sozialverträglicherer Variante?

Wann das allerdings sein wird, steht in den Sternen. Jetzt sind – coronabedingt – erst mal die Restaurants und Cafés in Belgien für einen Monat dicht – und danach ist es schon Mitte November.

Tag 8 – zu Fuß durch die Ardennen: von Bomal nach Melreux/Hotton (32 km)

(Mindestens) zwei Highlights an diesem Tag: Durbuy und der Dolmen von Weris … und auch ansonsten vieles auf dem Weg zu entdecken …

Montag, 12.10.2020

Heute Morgen habe ich mir keinen Wecker gestellt. Ich dachte mir, dass ich bei maximal 8 Grad Außentemperatur sicherlich von alleine wachwerden würde… Fehlanzeige. Ich bin erst um 8.00 aufgewacht, so dass ich mit Anziehen, Waschen, Packen und Zeltabbau erst um 9.00 fertig war. Dann noch kurz zurück in den Ort zur Bäckerei (leckeres Frühstück mit Milchkaffee und Petit-Pain-au -chocolat) und dann um 9.45 los. Zunächst geht es wieder nach Westen aus dem Tal raus Richtung Durbuy. Diese komischen Schilder mit den Zeiten der Treibjagd hatte ich mir schon in den letzten Tagen angeguckt und glücklich festgestellt, dass ich bis Freitag schon längst wieder zu Hause sein würde… Vielleicht hätte ich auch heute auc drauf gucken sollen –auch jeden Fall hörte ich auf einmal Rufe, Hundegebell und (von weitem) Schüsse. Kurze Zeit später spricht mich ein Wachtposten an, was ich denn hier mitten im Sperrgebiet der Treibjagd zu suchen hätte. Nachdem ich ihm klargemacht habe, dass ich keine Ahnung hätte, wie ich auf andere Weise als auf dem markierten Wanderweg nach Durbuy kommen sollte, ließ er mich gehen und warnte alle anderen Posten auf seinem Walkie –Talkie. Trotzdem: cool und entspannt ist was Anderes. In Durbuy angekommen, habe ich mich zunächst erkundigt, ob vielleicht noch irgendwo so eine Jagd stattfindet.

Durbuy ist echt schön- : helle Häuser aus Naturstein , ein Schloss, außergewöhnliche Fältelungen des Gesteins an der Ourthe. Alles unglaublich pittoresk, so dass man sich problemlos die sich im Sommer durch die Straßen schiebenden Touristenmassen vorstellen kann… . Jetzt allerdings bin ich fast alleine hier. Trotzdem: die Stadtoberen sind eilfertig und vorsichtig und haben eine Maskenpflicht in der gesamten Innenstadt verordnet – damit das einzelne, durch die Straßen schwebende Virus auch sicher nirgendwo eine Eintrittspforte findet…

Durbuy – wie aus dem Geologie- Lehrbuch …

Am frühen Nachmittag komme ich zum Dolmen von Weris. Der Platz ist schon von weitem durch die (typischen) uralten Eichen erkennbar, die um das Megalithgrab herum wachsen. Der Ort hat die eigenartige Atmosphäre, die solche uralten Kultstätten umgeben- Beeindruckend! Dort treffe ich auch ein flämisches Wanderer-Paar, mit dem ich leicht ins Gespräch komme. Endlich scheint die Kommunikation wieder etwas einfacher zu werden und die Menschen springen nicht mehr zwei Meter zurück, wenn man sie anspricht! Wir haben uns über das besondere Gefühl solcher spirituellen Orte ausgetauscht und er hat mir von seinen Camino- Erfahrungen (Flandern – Santiago zu Fuß) erzählt.  

Nach dieser Erfahrung bin ich dann dem „Weg der Sagen und Legenden“ weiter gefolgt, habe noch den „Pierre Haina“ und das „Bett des Teufels“ gesehen: der Sage nach steigt der Teufel nachts durch den „Pierre Haina“ zur Erde hinauf und ruht sich dann auf seinem Bett auf der anderen Seite des Hügels aus. Zur Abwehr des Teufels wird der Felsen jährlich neu von den Dorfbewohnern in Weris weiß getüncht. Kurz darauf musste ich mich nach inzwischen 20 km Wegstrecke entscheiden:  entweder noch zusätzliche 9 km und wieder im Bogen zurück zum Bahnhof in Barvaux oder noch 13 km und weiter zum nächsten Bahnhof ….. ich wandere nicht gerne zurück und habe lieber die Strecke (insgesamt 32 km) nach Melreux gewählt. Von da aus ging’s dann mit dem Gratis -Bahnpass der SNCB ( als Corona- Trostpflaster) zurück nach Welkenraedt .

Tag 7 – zu Fuß durch die Ardennen: von Montfort nach Bomal (33 km)

sonniger Tag entlang der Ourthe: verwunschene Orte, kleine Kirchen und Kapellen und immer wieder Blicke in die beruhigend sanfte Hügellandschaft

Montag, 12.10.2020

Heute Morgen gab‘s leckeres Frühstück –  leider ohne Kaffee-  ich bin bei einem Tee- Freak gelandet.  Danach etwas zurück ins Tal und dann auf der anderen Talseite wieder bergauf. Der Weg führt durch einen Steinbruch: hier kommt also der Blaustein her! Nach mehreren Kilometern dann wieder bergab nach Comblain au Pont. Auf einmal habe ich dieses „Dejà – vu“ – Gefühl: hier war ich schon mal! Ich hatte zwar in der Einleitung erzählt, dass ich nach 20 Jahren in Belgien endlich mal das Land entdecken wollte – aber so ganz stimmt das doch nicht. Nach dem Abi bin ich mit meinen Freunden durch die Ardennen und die Ourthe entlanggewandert (wir haben gepokert, dass wir nicht in die mündliche Prüfung kommen…), und danach habe ich auch mit Pierre die eine oder andere Tour in der Gegend gemacht.

Skulpturenpark Comblain-au-Pont
Skulpturenpark Comblain-au-Pont

Also heute in Comblain kamen mir die schwachen Erinnerungen, dass ich diesen Park mit den Blausteinskulpturen schon gesehen hatte – und auch den verfallenen Friedhof. War der damals wirklich schon so verfallen und so deprimierend? schwer zu sagen – Erinnerungen arrangieren die Wirklichkeit und geben sie nun mal nicht wie ein Foto wieder …

Friedhof Comblain-au-pont
alter Friedhof in Comblain-au-Pont

Auf dieser Wanderung fällt es mir erneut auf – vielleicht ist es in der laizistischen Wallonie nur präsenter als sonst, auf jeden Fall bemerke ich es deutlcher: alle Kirchen, Kapellen, Wegkreuze – kurz: alle christlichen Symbole sind alt und verfallen, Kirchen teilweise leergeräumt und meist verschlossen. Niemand scheint sich ernsthaft darum zu kümmern, scheint davon betroffen zu sein. Auf der anderen Seite sehe ich immer wieder Häuser, in denen die Bewohner buddhistische Symbole aufstellen – und die sind nicht verfallen und alt. Es gibt sicher einen Haufen Gründe dafür – aber ich muss doch an eine Studie denken, die in einer Radiosendung zitiert wurde, die besagt, dass Religionen im Allgemeinen nicht durch kriegerische Aktionen verschwinden, sondern innerhalb der Gesellschaft einfach von anderen Bewegungen aufgesogen werden – ohne dass die Menschen den Übergang als Verlust empfinden…. Vielleicht befinden wir uns in einer solchen Epoche?

Ich weiß sehr wohl, dass man keine Kirche, keinen Tempel, keine Moschee braucht, um zur Ruhe zu kommen und um zu beten: aber Kirchen sind privilegierte Orte, in denen man manchmal die Spiritualität vieler Generationen spürt, die vor einem selbst anwesend waren…. Und das fehlt mir –  scheint aber ansonsten kaum jemanden zu interessieren.

Dazu passt die alte romanische Kirche in Xhignesse, in der offensichtlich noch Messen stattfinden, aus der aber der gesamte Schmuck – alle Bilder, Altäre, verschwunden ist. Dazu passt die kleine Kapelle, St Rahi gewidmet, in der im 1.Wk für den Schutz des Königs und der Soldaten gebetet wurde. Ok. Über Geschmack lässt sich streiten – aber muss man die Kapelle wirklich leerräumen?

Die Tour ist heute echt lang: der GR verdreifacht sowieso immer die Strecke, da er fast nie den direkten Weg am Fluss entlang nimmt, sondern weite Schlenker über die Höhen im Umland unternimmt. Einen dieser Umweg, der 10 zusätzliche Kilometer gebracht hätte, habe ich schon ausgelassen und bin den Ravel entlang direkt nach Comblain au Tour gegangen. Abet trotzdem sind es mehr als dreißig Kilometer geworden bis ich am (letzten geöffneten) Campingplatz in Bomal angekommen bin. Die Leute sprechen nur flämisch – kein französisch- wo bin ich hier? Aber zumindest sind die Duschen warm. Zum Abendbrot: die einzige Pizzeria hat nur Lieferservice und das einzige Café gegenüber macht nur Croque Monsieur. Davon brauche ich zwei um satt zu werden- aber das Bier ist gut und originell (Lupulus) – darüber hinaus vom Fass. Abend gerettet.

Tag 6 – zu Fuß durch die Ardennen: von Angleur/Lüttich nach Montfort (22 km)

den Mäandernder Ourthe folgend auf dem GR 57 in die Ardennen: sanfte Hügel, phantastische Ausblicke, verträumte Ardennendörfer – und endlich wiedr eine Mehrtagestour!

Sonntag, 11.10.2020

Nach dem Abendessen gestern war ich viel zu faul meinen Rucksack zu packen. Und das hat sich dann heute Morgen gerächt….  Die Toilettentasche franzt aus, so dass ich den Stoff neben der Naht noch eben abflämmen muss. Die Stirnlampe tut’s auch nicht. Mist- die Batterien sind ausgelaufen. Nehme ich die Sandalen oder die schwereren Sportschuhe ? Wie wird das Wetter ? Kann ich zelten? Wieviel Regenzeug brauche ich? Kriege ich das alle in den neuen Rucksack rein oder muss ich doch den alten nehmen? Alles diese „Kleinigkeiten“ haben länger als die vorgesehenen 30 Minuten gedauert, so dass ich im Endeffekt erst um 11.45 in Angleur war, um von dort aus am Beginn des GR 57 loszuwandern.

das Ourthetal hiter Lüttich
das Ourthetal südlich von Lüttich

Der Weg führt direkt in den Wald und ebenso direkt nach oben – ein letzter Blick über Lüttich inbegriffen. Der GR verläuft dann eigentlich die ganze Zeit ununterbrochen zwischen den Bäumen- aber man hört immer noch – wenn auch schwächer – das Hintergrundrauschen der Stadt. Erst ein ganzes Stück hinter Sart Tilman (das ist der Lütticher Campus weit außerhalb der Innenstadt- aber fast ohne dort wohnende Studenten) bemerke ich auf einmal die Stille – und spüre auch, dass das wirklich Einfluss auf den Stresspegel hat.

Ich mag Waldwege. Aber das ist wie Sahnetorte – die mag ich auch. Aber nach 3 Stunden ununterbrochenem Weg ohne Aussicht ist es ähnlich wie bei  täglicher Sahnetorte…. Glücklicherweise ändert sich aber auf einmal die Landschaft: der GR führt nun an Felsbrocken vorbei und direkt an den Steilhängen der Ourthe oberhalb der Roche des Faucons entlang- tolle Blicke en masse !

an der Ourtheschleife oberhalb der Roches aux Faucons
an der Ourtheschleife oberhalb der Roches aux Faucons

Jetzt ist es nicht mehr weit bis Esneux, wo ich mich auf Camping – oder Zimmersuche mache. Echt schwierig ! Camping entweder durch Corona oder wegen der Jahreszeit geschlossen und  die Hotels und B&B absolut „hors prix“. Glücklicherweise habe ich in einem kleinen Ort etwas abseits des GR mit 1 Stunde Weg ein kleines Airbnb gefunden: genial-  total netter Empfang,  die Gastgeberin ist abends nicht zu Hause, so dass ich das Haus für mich (fast) allein habe (nicht ganz: ein Schmusekater ist auch noch da). Aber das Beste: sie hat mir Abendbrot gemacht, ein Leffe in den Kühlschrank gestellt und morgen kann ich frühstücken ! Und jetzt geh ich schlafen…..

Tag 5 – zu Fuß durch die Ardennen : von Nessonvaux nach Angleur/Lüttich (20 km)

der nächste Anlauf zur Fortsetzung der Belgientour: weiter im Tal der Weser auf Lüttich zu – vorbei an verfallenen Fabriken, hochmodernen industriellen Abfüllanlagen und Zeugen vergangener Bedeutung der katholischen Kirche…

Samstag, 10.10.2020

Eine Woche Herbstferien ! Zeit zum Reisen …!!! ????

Aber Belgien ist Risikogebiet, ebenso Spanien, auch die Niederlande, auch die großen Städte in Deutschland, Teile Österreichs und der Schweiz – Ein Aufenthalt dort bedeutet immer auch die Buchung von 10-14 Tage zusätzlichen Urlaub (d.h. Quarantäne) bei Nichtbeachtung der Einreiseregeln….. Das relativiert die Lust auf Urlaub und schränkt vor allem als Selbständiger die Reispläne nachhaltig ein….

Also setze ich die Belgienwanderung fort !

die Weser bei Nessonvaux

Heute wandere ich von Nessonvaux nach Lüttich. Um 11.00 parke ich den Bus am Bahnhof in Nessonvaux und dann geht’s eigentlich die ganze Zeit über kleine Pfade an den Hängen der Weser entlang flussabwärts. Ein schöner Weg, sonniges Oktoberwetter, sehr wenig Menschen unterwegs – ideal. Ich glaube übrigens doch nicht, dass die geringe Frequentation des Weges an Corona liegt – wahrscheinlich ist dieser GR einfach nicht so populär : Wenn man an „die Weser“ denkt – wem fällt da schon Belgien ein? (Vielleicht können einige ja mit der französichen Bezeichnung „La Vesdre“ mehr anfangen ?)

Symbiose oder Parasit ?

In Trooz wechsele ich die Hangseite und komme an den Resten eines alten Walzwerks vorbei: wie im Bergischen Land gab es auch hier Mengen an eisenverarbeitender Industrie – nur dass hier kein Werk überlebt hat….

Der nächste Ort ist Chaudfontaine: Abfüllanlagen säumen hier das Ufer der Weser  – und viel sichtbarer: fast der ganze Ort ist belagert von riesigen Depots  mit roten und blauen Kisten. In Belgien ist es völlig klar: bestelle ich ein blaues Wasser, bekomme ich stilles Wasser, frage ich nach einem roten Wasser, wird Sprudel serviert!

Hinter Chaudfontaine geht es noch einmal auf die Höhe aus dem Tal heraus zur Wallfahrtskirche (Basilika minor) von Chevremont. Ich hatte gelesen, dass es hier einen seit dem frühen Mittelalter bestehenden und zumindest bis Mitte des 20. Jahrhunderts bedeutenden Wallfahrtsort gäbe, in dem ein Karmelitet- Kloster zu Hause sei. Schon von weitem war die imposante Anlage oberhalb der Weser zu entdecken. Manche Dinge sollte man sich allerdings nur von weitem ansehen…. Von Nahem: alle Türen verschlossen, das Café (au bon accueil) leergeräumt. Der Hof: menschenleer – und zwar schon länger. Warum man die Votivtafeln von den Seitenwänden entfernen musste, erschließt sich mir nicht – ich empfinde das zumindest als respektlos. Ich habe den Aufenthalt an diesem Ort, der auf mich alles andere als inspiriernd wirkte, dann nicht in die Länge gezogen. Etwas einladender war die kleine Kapelle der englischen Jesuiten auf dem Weg ins Tal. Der verfallene und überwucherte Friedhof oberhalb des Ortes erschien mir –passend zur Klosterkirche –  weniger pittoresk als einfach nur verwahrlost.

Dann bin ich schon so gut wie an der Mündung der Weser in die Ourthe angekommen : noch ein kleines Stück auf dem Ravel den Canal de la Ourthe entlang und ich bin in Lüttich: es wären jetzt noch 5 km in die Innenstadt, die ich heute allerdings nicht mehr gehe: zum einen war ich  erst vor 3 Wochen mit dem Rad in Lüttich , aber vor allem auch, da es  zum Besichtigen jetzt schon zu spät ist. Übernachtungen – vor allem in der Großstadt – sehe ich  zur Zeit als wenig kommunikativ an–  die Menschen sind eher dabei, sich in die eigene kleine Komfortzone zurückzuziehen, als offen zu sein für spontane Gespräche. Deswegen nehme ich gleich schon den Zug  von Angleur zurück nach Nessonvaux und hoffe auf ein gemeinsames, kommunikatives Abendessen zu Hause !

Tag 4 – zu Fuß durch die Ardennen: von Verviers nach Nessonvaux (20 km)

zu Beginn des Lockdowns: voller Erstaunen, dass man wirklich das Leben einer ganzen Gesellschaft auf Eis legen kann – und dass das dem Frühling völlig egal ist ….

Sonntag, 15.3.2020

Was machen wir hier eigentlich?

Hier in Belgien haben die so gut wie alles dicht gemacht: Cafés, Restaurants und fast alle Geschäfte sind geschlossen und man darf sich nur noch mit einer Person (natürlich mit dem nötigen Sicherheitsabstand!) draußen aufhalten..

Aber – wer sagt, dass alleine wandern verboten ist? Sport zu treiben ist sogar explizit gestattet !

Also habe ich mir für diesen Sonntag die Tour von Verviers die Weser flussabwärts Richtung Lüttich vorgenommen. Der Weg folgt dem GR 573 , den ich auch schon im Januar auf einem Teil der Strecke zwischen Eupen und Verviers gewandert bin.

Ich stelle das Auto in Verviers am Bahnhof ab- ist schon ziemlich komisch, wie wenig hier los ist …

Auch auf dem Weg nach Süden aus der Stadt raus treffe ich kaum Menschen – und ich habe das Gefühl (– oder spinne ich einfach nur?) , dass die Leute komisch  gucken und die Straßenseite wechseln… – wenn überhaupt jemand da ist. Und eine so leere Autobahn habe ich seit der Ölkrise 1973  auch nicht mehr gesehen…

Das kann doch nicht wahr sei, wegen eines Virus das Leben der ganzen Gesellschaft einzufrieren. Das kann sich doch kein Staat leisten. Und das soll verhältnismäßig sein?  Ich bin völlig perplex – total komisch.

Weiter geht es an  den Hängen der Weser entlang:  vorbei an Ensival und Pepinster. Die ersten Fühlingsboten sind da, Schneeglöckchen, Anemonen  und der Boden ist bedeckt mit Bärlauch! Dabei ist schön warmes Frühlingswetter – ideal zum Wandern : wieso komme (fast) nur ich auf den Gedanken – hier kann man sich doch wirklich nirgendwo anstecken ?!

Jetzt ist es nicht mehr weit nach Nessonvaux: hier werde ich den Zug zurück nach Verviers nehmen – denn sonst habe ich 2 Stunden Wartezeit am Bahnhof gebucht – und das ist ohne die Möglichkeit, ein Café aufzusuchen , nicht wirklich attraktiv….

Tag 2 – zu Fuß durch die Ardennen: Kelmis- Eupen

Über kleine Wege und Pfade – fast immer abseits vom Verkehr an den Relikten des Bergbaus vorbei nach Eupen

Sonntag, 4.10.2020

Wieder Sonntagmittag und Zeit für die nächste Etappe der „Entdeckungsreise durch Belgien“. Das fühlt sich hier immer noch komisch an – denn so nah bei zu Hause ist es schwierig, die Welt mit den Augen und durch die Fotolinse eines Touristen zu sehen. Aber einen Versuch ist es wert!

Hauptgebäude der VM

Kelmis war ja ein Dorf, das seine Daseinsberechtigung den ungewöhnlich reichhaltigen Zinkvorkommen  verdankte. Die Bergwerksgesellschaft, die mehr als 100 Jahre den Ort dominierte und die Vorkommen ausbeutete war die „Vieille Montagne “. Die Spuren und Relikte dieser Geschichte sind bei jedem Spaziergang im Ort immer noch allgegenwärtig.

So komme ich zu Beginn der Wanderung zum Casinoweiher: hier wurde im 19.Jh das Wasser für die Wäsche der Galmeierze aufgestaut. Die daneben liegende Abraumhalde ist heute Naturschutzgebiet. Dort wachsen zB. Galmeiveilchen, die sich besonders gut an das Leben auf den mit Schwermetallen belasteten Böden angepasst haben. Von hier aus auch der Blick auf das ehemalige Hauptgebäude der Vieille Montagne (VM) – seit kurzem Museum zur Geschichte des hiesigen Bergbaus.

Emmaburg
Emmaburg

Wenige Schritte weiter bin ich an der Eyneburg (Emmaburg). Die Sage berichtet von einer Liaison der Tochter Karls des Großen, die sich auf der Burg zugetragen haben soll. Historisch belegt ist die Burg seit dem 13. Jahrhundert: nach diversen Zestörungen Ende des 19. Jahhunderts von einem Tuchfabrikanten  wieder aufgebaut. Vor ca. 15 Jahren kaufte eine kleine Gruppe von passionierten Mittelalterfreaks die Burg und versuchte dort Mittelalter- Festivals zu etablieren- leider vergeblich, so dass die Burg jetzt wieder geschlossen ist und langsam zerfällt.

am Walhorner Kreuz
am Walhorner Kreuz

Den Weg nach Eupen suche ich so aus, dass ich kaum Asphalt treten muss – und das gelingt meistens: durch Waldstücke und zwischen den Feldern  wandernd komme ich immer wieder an den Resten des Bergbaus und der Eisenindustrie vorbei: in Lontzen an dem alten Bleibergwerk der V.M., in Rabotrath am alten Tagebau aus dem 15. Jahrhundert. Dann noch der Weg über den Hügel am Walhorner Kreuz mit weitem Blick auf die Landmarke des Wasserturms in Henri- Chapelle und den Aachener Fernsehturm und dann über eine alten Wiesenweg am Favrunbach entlang von Kettenis nach Eupen. Die alten Wege mit dem Gewohnheitsrecht zum Durchgang  dürfen von den Besitzern der Wiesen in Belgien eigentlich  nicht gesperrt werden – aber man kann die Zugänge natürlich so schlecht pflegen, dass die Wege nahezu unpassierbar werden : so geschieht es gerade kurz vor dem Ortseingang von Eupen. Mies. Na ja, jetzt bin ich fast in Eupen, sehe schon die Nikolauskirche und brauche nur kurz auf den Bus zurück nach Kelmis zu warten . Einziges Problem – ich muss schwarz fahren, da durch Corona keine Fahrkarten im und vor dem Bus verkauft werden und Spontanfahrer auch online keine Möglichkeit zum Kauf haben. Schlechter Scherz ? Na ja, das Problem werde ich dann für die nächsten Etappen in den Ardennen versuchen zu lösen…

Tag 1 – zu Fuß durch die Ardennen: vom Dreiländereck nach Kelmis

am ersten Tag der Belgientour durch bekanntes Gelände: an der Grenze entlang durch den Aachener Wald und später vorbei an der Emmaburg nach Kelmis

Sonntag, 26.September 2020

Aussichtsturm am Dreiländereck
Aussichtsturm am Dreiländereck

Heute Morgen starte ich also die Belgientour.
Paul fährt mich zum Dreiländereck und dann bin ich –völlig ungewollt –schon mitten im dicksten Touristentrubel. Wenn ich mir nicht explizit vorgenommen hätte, von wesentlichen Punkten der Tour aktuelle Fotos zu machen, hätte ich sofort das Weite gesucht … so habe ich vorher noch den geeigneten Moment abgepasst, um auf den Auslöser zu drücken, ohne den Menschenauflauf mitabzulichten.
Dann an der deutsch belgischen Grenze entlang: immer wieder kommen mir alte Bilder der Gegend ins Gedächtnis: aktuell geht ein Wanderweg geradewegs über ein Feld: am Ein – und Ausgang je ein ausgelatschtes Drehtor. Ich erinnere mich aber auch noch an meinen ersten Besuch vor etwa 30 Jahren: ein Schild, dass der Grenzübertritt verboten sei, ein Zaun, ein Trampelfad um dieses Feld herum, das wie eine halbe Enklave nach Belgien hineinreicht: und auf der anderen Seite wieder so ein Verbotsschild … . Wie gut, dass sowas ein Ende hat – und wie verstörend, als dieser Zirkus im März und April mit dem Lockdown wieder begann….
Der Weg folgt weiter dem Grenzverlauf, vorbei an einem alten Grenzstein mit dem Aachener Reichsadler, der im Verlauf des Aachener Landwehrrings stand: dieser Landwehrring war eine meterdicke Buchenhecke, mit Dornen versetzt, die die äußeren Grenzen der freien Reichsstadt sicherte. Eine ähnliche Hecke ist mir auf dem Rheinsteig begegnet: dort umgab sie als „Gebück“ die Außengrenze des Rheingaus.
Dann treffe ich auf den Pilgerweg nach Moresnet: ja, heute ist der Weg als Jakobsweg ausgeschildert, aber ursprünglich ging die Wallfahrt zu dem Mariengnadenbild in Moresnet Chapelle, von dem seit Beginn des 19. Jahrhunderts wundersame Heilungen berichtet werden.

Die Grenze lässt mich nicht los: es geht durch Bildchen, das nach dem 2.Wk wieder belgisch wurde – der Grenzwechsel erfolgt seit 200 Jahren regelmäßig mit jedem Krieg…  Erst nach massiven Protesten der Bewohner kam die Siedlung im Rahmen der europäischen Völkerverständigung im Jahre 1958 erneut zu Deutschland .

Bahnklingel
Bahnklingel
Bahnübergang mit Klingel
Bahnübergang mit Klingel

Hier findet sich noch ein ungewöhnliches Grenzrelikt – eine Bahnklingel: da die Bewohner des (belgischen) Grünthal bis vor ca. 15 Jahren einen mächtigen Umweg fahren mussten, um auf die Nationalstraße nach Aachen und Lüttich zu gelangen, gab es an der Bahn (und gleichzeitg an der Grenze zu Bildchen) eine Klingel mit Gegensprechanlage zur Öffnung der Bahnschranke. Da dieser Weg immer noch viel kürzer ist als der über die neue belgische Brücke, existiert die Klingel immer noch…

Eigentlich wollte ich ja heute bis Eupen wandern, aber da ich erst gegen Mittag losgelaufen bin, habe ich schon nach gut der Hälfte des Weges den Rückweg nach Kelmis angetreten, bin noch am Oskarstollen (der noch aus der Zeit des hiesigen Blei- und Zinkbergbaus stammt) und an der kleinen Rochuskapelle aus dem 17. Jahrhundert vorbeigelaufen, bevor ich wieder zu Hause angekommen bin. Wie gesagt – meine Belgientour beginnt mit einem Heimspiel !