Tag 4 – Belgien mit dem Rad entdecken: Biercée – Mariembourg (75km)

Dienstag, 30. Mai 2023

Meine Gastgeber haben mir Kaffee gemacht  und ich konnte mir ein Ei von ihren ungewöhnlichen Hühnner braten. Den jungen, stolzen Hahn hatte ich schon gestern Abend kennengelernt und in den Morgenstunden ausführlich gehört.

Geplant hatte ich einen Bahntrassenradweg zur französischen Grenze bei Beaumont, dann ein naturbelassenes Tal auf französischer Seite zurück ins Sambretal, um zum Schluss wieder die Sambre flussabwärts bis Thuin zu radeln. Das wäre sicher schön gewesen  – wenn nicht  .. O.k. ich habe den Abzweig nach Beaumont verpasst und da waren es nur noch 20 km bis Chimay: schon interessant,  wo dieses leckere Abteibier herkommt ..

Chimay ist ein nettes kleines Städtchen – nur die Abtei war nirgendwo zu finden.  Nach Suchen auf Google Maps und mehrfachem Dranvorbeifahren  habe ich endlich den unscheinbaren Eingang der kleinen Trappistinnnenabtei gefunden. Eine einfache, spartanisch eingerichtete Backsteinkirche aus dem 19  Jahrhundert  – ganz anders,  als ich es mir vorgestellt hatte (das Problem, wenn man ins Ungewisse ungeplant losfährt). Wikipedia hätte mich schon richtig informiert –  wenn ich vorher gefragt hätte: das Kloster wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts mit Mönchen aus Westvleteren – in der Brauereikunst sehr  erfahren – gegründet. Leider konnte ich auch heute wieder das Bier nicht probieren. Dabei gibt es hier – wie auch in Orval – ein ganz spezielles Chimay, das nur vor Ort verkauft wird und eigentlich, da weniger alkoholisiert, zur Verköstigung der Abtei gedacht ist. Aber nach meinen Erfahrungen am ersten Tag ….

Ich habe dann lieber ohne Bier die Bahntrasse der „ Vicinal“, der für Belgien so typischen Kleinbahn, nach Mariembourg  genutzt.

Von dort dann mit dem Zug in 3,5 Stunden nach Hause. Insgesamt sehr schöne Tour –  ich bin echt glücklich  dass ich das „Belgien- Projekt“ wieder aufgenommen habe und hoffe, dass die Fortsetzung nicht wieder fast drei Jahre braucht ….

Tag 3 – Belgien mit dem Rad entdecken: Malonne- Biercée (80km)

29.Mai 2023, Pfingstmontag

Diesmal bin ich ziemlich unvorbereitet zu der Radtour gestartet, und hatte mir nur „Go west“ vorgenommen.  Keine gute Idee. So habe ich seit gestern Abend Mühe,  eine Entscheidung  über die morgige Strecke zu treffen, bei der interessante Orte, schöne Wegführung und Übernachtungsmöglichkeiten gleichermaßen berücksichtigt sind. Im Endeffekt  entscheide ich mich,  ganz banal den Eurovelo 3 im Tal der Sambre weiter zu radeln.

ehemalige Prämonstratenser- Abtei von Floreffe

Schon nach wenigen Kilometern sehe ich imposant oberhalb des Tales  die Abtei von Floreffe – heute mit großem  Trödelmarkt  in der ganzen  Altstadt.  Tickets  zur Besichtigung der Abtei soll es in der Brauereikneipe geben, die aber erst um 11.00 öffnet. Na ja, der Eingang ist  offen …

In der Abtei ist heute eine  katholische Schule untergebracht und es soll nach Wikipedia sogar ein Priesterseminar geben – fragt sich nur, ob es auch Kandidaten dazu gibt …. Die Schule macht mir von außen einen eher düsteren Eindruck  – viel Platz,  aber auch viel lieblose Einrichtung: Volleyballfelder gemalt auf dem gepflasterten Hof, Basketball auf dem Parkplatz. Insgesamt viel Immobilie für zu wenig Geld.

Weiter geht’s  durch das  Sambretal- sehr pittoresk: tief eingeschnitten mit viel Grün an den Ufern. Je näher ich Charleroi komme, desto  mehr nimmt die Industrie  – und vor allem die verfallenen Industrieanalgen zu . Liebhaber  von „lost Places“ finden hier ihr Eldorado  …

Aber auf der Web- Seite der Stadt Charleroi  habe ich gelesen, dass dieses schwarze Image der Stadt  Vergangenheit sei und ich „eine außergewöhnliche Stadt in Aufbruchsstimmung“ vor mir habe. Was ich sehe : drei Großbaustellen am Theater, am Beffroi und am Bahnhof – alle Geschäfte an diesen zentralen Plätzen geschlossen.  Die Zufahrtstraßen mit Leerständen ohne Ende,  und auch die Viertel der Vorstädte machen nicht den Eindruck von zu viel Geld in den Taschen der Einwohner.  Die alte Zechenanlage „Bois de Cazier“ die ich zum Vergleich mit Blegny und Zollverein besichtigen wollte- geschlossen. Geöffnet an Sonn- und Feiertagen, Ruhetag: Montag. Heute ist beides – aber der Ruhetag ist wichtiger.  Glücklicherweise ist wenigstens ein großer Supermarkt geöffnet,  so dass ich für heute Abend  einkaufen kann – noch hatte ich nämlich keinen Geistesblitz,  wo ich übernachten kann … .

Ich fahre das Sambretal  weiter und sehe in 300m Entfernung vom Radweg die Ruinen der Abtei d’Aulne, einer Zisterzienserabtei, die in der französischen Revolution weitgehend zerstört wurde: alte Gemäuer sind meist unheimlich photogen, so dass ich mir die Zeit für eine Besichtigung nehme – das Abteibier schenke ich mir, eingedenk der schlechten Erfahrung von gestern.

Bei den fast komplett eingerissenen Mauern der riesigen Abtei staune ich immer wieder über den unermesslichen Hass, der solche destruktiven Aktionen bewirkt hat – und was Kirche und Klöster  getan haben müssen, um so tiefsitzenden Hass und Kränkung zu erzeugen ….

Immer noch keine Idee für heute Nacht  … da stolpere ich beim Surfen über eine nahegelegene Adresse  bei „Camping chez l’habitant“. Ich schreibe, bekomme eine positive Antwort und fahre die letzten 15 km aus dem Tal hoch zu meinen Gastgebern: genial- toller Garten zum Zelten, Dusche, nette Gespräche am Abend, das Abendessen hatte ich ja schon selbst  gekauft … Sehr nett !

Tag 2 – Belgien mit dem Rad entdecken: von Lüttich nach Malonne (90km)

28.5.2023, Pfingstsonntag

Vor 3 Jahren bin ich über Pfingsten  die letzten Etappen der Ardennendurchquerung gewandert und hatte zu der Zeit  vor, den mittleren und nördlichen Teil  Belgiens mit dem Rad zu entdecken. Die erste Etappe bis Lüttich bin ich auch gefahren  – und dann ist das Projekt irgendwie eingeschlafen: in Europa  gibt  es eben sooooo viele schöne Ecken  … 

Lüttich

Jetzt soll’s aber endlich weitergehen.  Andrea bringt  mich bis Lüttich und dann radele ich auf dem Eurovelo 3 (der Verbindung der Pilgerwege von Trondheim nach Santiago) die Maas entlang. Auf den ersten Kilometer in Seraing sind die alten, seit Jahrzehnten verlassenen  Anlagen von Bergbau und Schwerindustrie noch allgegenwärtig. Ich kann verstehen,  dass meine Kinder ein Studium in Seraing  nicht ganz so attraktiv  fanden  ….  

Seraing

Ca. 15 km hinter Lüttich wird das Maastal dann aber grün. Jedoch verlasse ich den schönen ebenen  Treidelweg schon kurz nach Flemalle, um das Schloß  in Jehay zu besuchen. Leichte  Enttäuschung bei der Ankunft:  total eingerüstet und im Innenhof eine Gartenmesse …

Also von der Hochebene wieder runter ins Tal und direkt am Atommeiler von Tihange vorbei. Fotografieren verboten: haben die Angst, dass man bei entsprechender Vergrößerung die Risse sieht? Huy ist ein nettes Städtchen – bei diesem Wetter perfekt für die Mittagsrast auf dem  Marktplatz. 

Chouffe vom Fass

Im Anschluss noch eine Kurzvisite in Namur – ein ausführlicher  Bummel durch die lebendige Innenstadt wäre sicher auch eine gute Idee gewesen, aber man kann ja nicht alles haben.  Ich setze mich in ein Straßencafé, um die Übernachtung zu planen: Jugendherberge oder Camping? Bei dem tollen Wetter und einem Chouffe vom Fass entscheide ich mich fürs Zelten, muss dafür aber noch 8 km weiter und wieder aus dem Tal raus- jetzt ist es das der  Sambre. Ich schwöre (zum wiederholen Mal): nie wieder irgendein alkoholisches Getränk vor dem Abend – ich bin total groggy und zu nichts mehr zu gebrauchen… .Bei einem irre steilen Anstieg zum Etappenziel ist Schieben angesagt- und das ist nicht nur dem Alkohol geschuldet. Oben baue ich mein Zelt auf dem netten Camping „Les Tris“ mit Blick auf das Sambretal auf. Die Pizza zum Abendessen war auch richtig lecker – allerdings lag die Pizzeria wieder unten im Ort ….

Tag 1 – Belgien mit dem Rad entdecken: Von Kelmis nach Lüttich (ca. 60 km)

Über Bahntrassen, durch das Tal von Bel und Berwinne und zuletzt an der Maas entlang nach Lüttich – wenn der Weg nicht als Radtour geplant gewesen wäre hätte es auch viele Möglichkeiten zu tollen Besichtigungen gegeben

Zum Beginn der Entdeckungsreise durch den Norden Belgiens soll die erste Etappe von zu Hause in Kelmis nach Lüttich gehen.

Sofort kommen mir die möglichen Routen in den Sinn. Soll ich den RAVEL über Aubel , Herve und Beyne- Heusey fahren ? Möglich, aber den Abschnitt hinter Herve finde ich nicht so schön – und außerdem kenne ich den Weg schon. Val Dieu im Tal der Berwinne sollte wirklich auf der Strecke liegen, und … die Zeche in Blegny ist doch Weltkulturerbe, da muss ich also möglichst auch vorbei! Und wie ist es mit dem Kreuzweg in Moresnet – nur weil der direkt um die Ecke liegt, sollte ich ihn doch nicht rausfallen lassen ? – Wer die Qual hat, hat die Wahl…

Moresnet Chapelle
Moresnet Chapelle

So entschließe ich mich – auch um meine eigene Neugier etwas zu befriedigen, nicht nur über bekannte Straßen zu fahren.

Früh am Sonntagmorgen geht’s also los und ich fahre über kleine Wege nach Moresnet- Chapelle. In diesen Marienwallfahrtsort haben sich die deutschen Franziskaner im Kulturkampf des 19. Jahrhunderts vor der preußischen Staatsgewalt zurückgezogen und bis zum Jahre 2005 den Wallfahrtsort betreut. Ende des 19. Jahrhunderts entstand auch der beeindruckende, in einer Parkanlage liegende Kreuzweg.

Hinter Moresnet bin ich dann auf dem Bahntrassenradweg der alten Linie 39 nach Aubel gefahren An sich wollte ich über den immer wieder interessanten und lebendigen Markt im Zentrum des Ortes schlendern – aber bei Sperrgitter und Maskenpflicht ist mir die Lust vergangen und ich habe mich mit einem kurzen Foto über den Zaun begnügt.

Jetzt kommt die Sonne kräftig durch und ich fahre genüsslich und leicht bergab durchs Tal der Bel zur (ehemaligen) Zisterzienserabtei in Val Dieu. Aktuell wird das Kloster von einer zisterziensichen Laiengemeinschaft genutzt, die den Klostergarten für Besucher geöffnet hat und im Garten einen Rundweg mit spirituellen Impulsen angelegt hat. Ich war zwar schon oft in Val Dieu (auch wegen der Klostergaststätte mit exzellentem Käse und Bier) – aber diesen Garten habe ich heute erstmals entdeckt und ziemlich viel Zeit hier verbracht.

Aber ich will nach Lüttich.  Weiter geht’s durchs Berwinne Tal bis Dalhem – dort entdecke ich einen alten Bahntunnel, der gerade als Fahrradweg neu eröffnet ist, nachdem die Bahn und der Tunnel nach einem schweren Zugunglück fast 30 Jahre in Schockstarre lagen und weder Zug-noch Radverkehr weiter entwickelt wurden. Jetzt also der neue Radweg, den ich neugierig fahre, ohne sicher zu wissen, wo ich auskommen werde. Glück gehabt – ich komme ziemlich genau an dem Ort aus, der sowieso auf meiner Peillinie lag – der Zeche in Blegny.

Die alte Zeche in Blegny

Klar, Blegny ist nicht so riesig und imposant wie Zollverein in Essen – aber dennoch eine spannende und vor allem auch ältere Zechenarchitektur – Heute habe ich keine Zeit, in den Schacht einzufahren – aber das Gelände bietet auch so interessante Einblicke in den Bergbau im 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.

Von da aus habe ich versucht, über nicht allzu stark befahrene Straßen bergab ins Maastal zu gelangen. Das gestaltet sich aufgrund der unglaublich schlechten Ausschilderung ziemlich schwierig: Trotz guter Karten-App brauche ich mächtig lange und muss einige Male die Richtung korrigieren, bis ich auf dem Maasradweg ankomme und in die Stadt nach Lüttich hineinfahren kann. In der Stadt selbst dann Bummel durch die Straßen der Altstadt und Besichtigung der Treppe an der „Montagne de Beuren“. Leider ist die Bartholomäuskirche mit dem romanischen Taufbecken des Reiner von Huy geschlossen (obwohl sie laut Schildern und Internet geöffnet sein sollte … grrrr…..), so dass ich etwas früher als geplant in einer kleinen Kneipe in der Nähe des ehemaligen Minoritenklosters zu einem unglaublich leckeren Weißbier komme.  

Später fahre ich zu dem wirklich stylischen Lütticher Bahnhof (vom Architekten Santiago Calatrava, dessen Werke ich auch schon in Valencia bewundert habe),  dann mit dem Zug nach Welkenraedt und zuletzt mit dem Rad zurück nach Hause : wenn die nächsten Etappen ähnlich erlebnisreif werden, bin ich von „Belgique en vélo“  hellauf begeistert !

🚴 2020 bis? Belgien mit dem Rad – Go west!

Bevor es losgeht….

Eine Radtour durch Belgien – unter Aussparung des Südens, da ich doch in den letzten Jahren etwas faul geworden bin und keinen gesteigerten Wert auf Herausforderungen à la „Flèche wallone“ und “ Liège- Bastogne- Liège“ lege.
Das heißt, dass ich mir für die erste Etappe den interessantesten Weg nach Lüttich aussuche: ich kenne die Gegend dank vieler Radtouren so gut,
dass ich die Filetstückchen rauspicken möchte.
Danach aber kommt Neuland: ich freue mich auf den RAVEL die Maas entlang, möche die Bergbaukultur des Ruhrgebiets mit der des belgischen Reviers vergleichen und die vielen kleinen und größeren Städte entlang der Maas entdecken.
Und danach? Mal sehen…
Vielleicht den Canal du centre entlang, um noch mehr Industriegeschichte zu tanken oder aber den sicherlich landschaftlich schöneren Teil entlang der Sambre?
Auf jeden Fall ist das erste größere Ziel die französische Grenze.
Und dann sollte es langsam wieder zurückgehen – am besten im großen Bogen einschließlich Besichtigung der großen flämischen Städte und Bad der Füße in der Nordsee. Aber das ist alles Zukunftmusik.
Zunächst mal : Go west!

Powerpoint und Diashow ebenso wie den Track kann es natürlich erst in einigem Abstand zu der Tour geben: aber die Wartezeit darauf ist ja fast so schön wie vor Weihnachten …. Einfach später noch mal gucken oder sich benachrichtigen lassen …..

Den Blog schreibe ich meist während der Tour : abends, wenn ich aufs Essen warte, vor dem Einschlafen oder nachmittags auf der Hütte. Blogs gibt’s also meist dann, wenn ich solo unterwegs bin. Manchmal ist das Netz so schlecht, dass ich den Blogtext nur in Word schreiben kann und auf einen der nächsten Abende mit besserem Internet warte – manchmal schaffe ich es aber sogar, die Bilder auch schon zeitnah hochzuladen. Auf jeden Fall liefert der Blog die aktuellsten Impressionen- es ist eben das Reisetagebuch

Die Powerpoint erstelle ich später zu Hause: da suche ich die Hintergrundinfos zu den besuchten Orten heraus, erkläre Zusammenhänge und Details und stelle meine Fotos zusammen. Die Quelle zu den Texten bilden dabei Bücher, Wikipedia, Infos der Touristenbüros aber auch andere Internetseiten. Vor allem aber versuche ich mit etwas Animation die Bilderfolge interessanter zu gestalten

Belgien mit dem Rad -als Powerpoints in kleinen Häppchen nach Etappen

Die Diashow ist im Pinzip die abgespeckte Variante der Powerpoint. Vor allem gedacht für einen kurzen Überblick. Auch wenn ihr den Download der Powerpoint scheut oder keinen Viewer habt, kommt dieser Weg infrage

... mehr Infos zu Wegbeschaffenheit und Höhenprofil?

🚶Juni 2021 – Les 2 Ourthes: 3 Tage Wanderung im Herzen der Ardennen

Natur pur !
Wasser und Wald:
von der Ourthe orientale über den Lac de Nisramont
zur Ourthe occidentale
Zuletzt noch die Ourthe flussbwärts
bis La Roche-en-Ardennes

Die Powerpoint erstelle ich zu Hause nach der Tour: da suche ich die Hintergrundinfos zu den besuchten Orten heraus, erkläre Zusammenhänge und Details und stelle meine Fotos zusammen. Die Quelle zu den Texten bilden dabei Bücher, Wikipedia, Infos der Touristenbüros aber auch andere Internetseiten. Vor allem aber versuche ich mit etwas Animation die Bilderfolge interessanter zu gestalten

Die Diashow ist im Pinzip die abgespeckte Variante der Powerpoint. Vor allem gedacht für einen kurzen Überblick. Auch wenn ihr den Download der Powerpoint scheut oder keinen Viewer habt, kommt dieser Weg infrage.

Karte und Track der Wanderung

Tag 21 – zu Fuß durch die Ardennen: Lamorteau – Virton über Torgny (20 km)

Auf zum Südzipfel Belgiens ! Trotz des Wetters spürt man in Torgny etwas vom Flair des südlichsten Dorfes der Wallonie …

Mittwoch, 26.Mai

Ich habe gestern Abend wirklich meine Pizza ganz aufgegessen. und es regnet trotzdem. Unfair!

Nach ordentlichem Frühstück mache ich mich dann im Sprühregen (der sich von Zeit zu Zeit auch in einen veritablen Regenguss wandeln kann) auf zum südlichsten Ort Belgiens, nach Torgny.

Häuser und Türen in Torgny

Dieser wirbt mit Weinbau und einem méridional – provençalischen Flair. Das klingt im Dauerregen schon ziemlich nach Hohn. Und bei dem Wetter (und Corona) ist natürlich auch alles geschlossen und noch nicht mal ein Hund auf der Straße: trotzdem kann ich dem Ort was abgewinnen : die ockerfarbenen Häuser wirken einladend und  -ja! – es gibt sie wirklich, die halbrunden Dachziegel als untrügliches Zeichen des Südens (allerdings auf höchstens der Hälfte der Häuser – die anderen sind  – belgisch, klassisch – mit Schiefer oder Flachziegeln gedeckt).

Dann verlasse ich kurz den GR 129, den man von Brügge nach Arlon wandern könnte, und laufe ca. 3km über immer schmaler werdende Feldwege und zum Schluss über eine Wiese zum Ziel der Ardennenwanderung: dem südlichsten Punkt Belgiens. Jemand hat ein inoffizielles Schild aufgestellt – sonst wäre das GPS die einzige Quelle, um diesen Ort hervorzuheben. Richtung Frankreich : eine Weißdornhecke und das kleine Grenzflüsschen, der Chier. Die anderen Richtungen: Wiesen und Weiden. Völlig unspektakulär – aber irgendwie freue ich mich doch angekommen zu sein.

Der Südzipfel Belgiens

Ein bisschen beflügelt mache ich mich auf den Rückweg und sehe kurz hinter Torgny die erste geöffnete Kapelle seit vier Tagen (Orval zählt nicht mit – oder: vielleicht doch, da die Kirche selbst für „normale“ Touristen ja nicht geöffnet ist). Auf dem weiteren Rückweg gab es natürlich wieder die altbekannten häufigen Regenschauer und leider einen  ziemlich langweiligen breiten Forstweg fast bis nach Virton.

Virton selbst mag ohne Corona ganz nett sein – jetzt war alles geschlossen, nur eine sündhaft teure Brasserie hatte eine Außenterrasse geöffnet.

Da hat es mir dann überhaupt nicht leid getan, schon gegen 15.00 den Zug zurück nach Bouillon zu nehmen – steht das Auto noch da ??? ( Antwort: ja, kein Problem)

Fazit :  die Wallonie, und speziell die Ardennen, sind wirklich schön: die Flüsse wilder und naturbelassener als ich das aus Deutschland kenne, die Wanderwege exzellent markiert, die Dörfer pittoresk. Allerdings kämpft auch dieses Mittelgebirge mit den gleichen Problemen wie ähnliche Regionen Europas : die kleinen Geschäfte, Cafés , einfache  Hotels und Kirchen schließen. Die Häuser werden zu Wochenend-Häusern oder Ferienwohnungen umgebaut – auch Luxusresraurants mit Zimmern halten sich . Fast immer sind hier Flamen oder Niederländer die Käufer.

Ich hatte – als Beispiel – in den letzten vier Wandertagen zwischen Bouillon und Virton ohne Umweg keine Möglichkeit einzukaufen und die Übernachtungen gestalten sich – von den Zeltplätzen entlang der Semois und Ourthe abgesehen – vor allem als Einzelwanderer als Herausforderung.

Aber all das ist Klagen auf hohem Niveau – es war eine tolle Tour und ich frage mich, ob ich nicht auch den Rückweg zu Fuß gehen sollte : dabei wären dann das Grenzgebiet zu Luxemburg und die Ostkantone lohnende Ziele….

Tag 20 – zu Fuß durch die Ardennen: Orval – Lamorteau (27 km)

ruhiger angenehm zu gehender Weg durch das Wiesenland der Gaume. Das Licht zwischen den Regenschauern hat mich begeistert und meinen Photoapparat herausgefordert …

Dienstag, 25. Mai :

Ich bin heute Nacht nicht nass geworden! Ich fand den prasselnden  Regen auf die Zeltpane eher beruhigend und habe mich nur noch etwas tiefer in meinen warmen Schlafsack gekuschelt. Da erst ab 9 Uhr ein (vorläufiges ) Ende des Regens angesagt ist, habe ich mir ganz viel Zeit gelassen, habe dann die Reste des gestrigen opulenten Frühstücks verzehrt (mir fehlt entschieden der Milchkaffee: Wasser ist keine Alternative!), habe den Schlüssel der Dusche abgegeben und dabei die Gelegenheit genutzt, noch einmal durch den Bereich der Abtei zu schlendern, der nur  den Klostergästen zugänglich ist – zu denen ich offensichtlich nur eingeschränkt gehöre… , und dann bin ich in aller Ruhe Richtung französische Grenze losgewandert. Geplant waren Kaffee und kleiner Einkauf in Villers-devant-Orval – leider sind sowohl Café als auch Geschäft seit Jahren geschlossen….

Schöne Wegkreuze in der Gaume

Also geht’s ohne Stärkung weiter: zunächst für einige Kilometer nach Frankreich, da die Wegführung  nur auf diese Weise ohne Riesenumwege funktioniert – aber Grenzkontrollen gibt es auch jetzt zu Coronazeiten nicht mehr. Die Dörfer auf dem Weg zeigen alle diesen typischen Haustyp der Gaume: klein, das  Hoftor zu Straße bin, im Verlauf des Dorfes aneinandergereiht  – nur nie ! ein Geschäft oder Café. Ich mümmele also den Rest Studentenfutter und komme gegen 17.00 nach mehreren Regenschauern, die mich jeweils in die gesamte Schlechtwettermontur gezwungen haben, die ich aber mit den ersten Sonnenstrahlen wegen der Wärme auch schnell wieder ausziehen musste, in meinem B&B in Lamorteau an.

Madames Haus sieht aus wie eine Puppenstube – und die Besitzerin hat mächtig Angst, dass ich mit meinen nassen Klamotten da was kaputt machen könnte…. Trotzdem trocknet mein Zelt jetzt in meinem Zimmer und ich esse die bestellte Pizza – zu ihrem Leidwesen drinnen im Zimmer und nicht auf der Terrasse im Regen.

Aufschrift auf der Treppe: „Freiheit und Mut sind wie eine Treppe, die man Stufe um Stufe heraufsteigen muss und bei der man keine Tritte überspringen kann“


Tag 19 – zu Fuß durch die Ardennen: Ste. Cécile – Orval (21 km)

Wanderung entlang der französischen Grenze auf meist kleinen Pfaden nach Orval – die Ruinen aber auch die neue Zisterzienser-Abtei sind ein Erlebnis!

Pfingstmontag, 24.5.

Genau so pünktlich, wie es am Samstag aufgehört hat zu regnen, als ich loswandern wollte, hat es heute morgen angefangen. Und es hört nicht auf. Glücklicherweise finde ich im nächsten Ort, in Chassepierre, ein nettes Restaurant, in dem ich gut frühstücken kann (natürlich auf der Außenterrasse – die Hotelgäste sitzen drinnen… ). Ich hoffe, den Regen aussitzen zu können, aber das klappt heute nicht. Also Regenhose, Anorak und Poncho an und los.

Die Landschaft bleibt immer noch schön – noch einige Kilometer folge ich der Semois, bis der Weg über einen RAVEL (die belgische Version der Bahntrassenradwege), der auf der Trasse einer dieser kleinen örtlichen Eisenbahnen verläuft, die hier „ vicinal“ genannt werden, langsam auf die Hochebene ansteigt. Schon im Tal der Semois haben sich Landschaft und Charakter der Dörfer geändert. Das Land ist flach gewellt, viel lieblicher als die steilen Felsen im Tal der Semois, die Häuser meist niedrig und hell getüncht.: ich bin in der Gaume. Aufgrund des Dauerregens nehme ich den direkten Weg durch die Wälder immer direkt an der französischen Grenze entlang – Mal auf dieser, mal auf jener Seite der Grenze. Ob das wohl coronakonform ist??

Dann komm ich an Willers vorbei, einem Ort mit den Resten einer römischen Raststätte auf der Straße von Reims nach Trier. Der GR führt hier über französisches Gebiet und das Dorf liegt auf einem Hügel grade mal 300m entfernt. Ich wandere also in den Ort hoch – sehe die französische Mairie – und bin glücklich, dass mehr als die Hälfte der Autos belgische Kennzeichen haben. Also kümmert sich keiner um diesen Stuss mit den Einreisebeschränkungen.

Meisennest in einer Wand der Ruinen der Abtei

Endlich wird das Wetter besser und ich erreiche Orval. Die heutigen Gebäude wurden ca 1920 im Stil des Art Deco gebaut, nachdem die alte Zisterzienserabtei in der französischen Revolution zerstört worden war.  Heute leben in diesem riesigen Gebäude noch 7(!) Mönche. Finanziell geht das nur durch die Einkünfte der Brauerei (habe ich von der netten Dame an der Anmeldung erfahren).

Leider kann ich nicht im Kloster selbst schlafen – wegen Corona gibt es nicht viele Gästezimmer. Aber ich kann den Zeltplatz der Abtei und die Dusche nutzen. Wobei „Zeltplatz“ einen Euphemismus darstellt: ich hätte den Platz ‚Lichtung im Wald‘ genannt. Aber da es nicht mehr regnet, ist alles gut, und ich bin sogar noch zu meiner Pfingstmesse gekommen – mit Stundengebet der Mönche der Abtei. So, jetzt hoffe ich nur noch, auf nicht allzu viel Regen heute Nacht!

Tag 18 – zu Fuß durch die Ardennen: vom Camping Maka bei Auby nach St. Cécile (ca. 25km)

… und der GR folgt weiter den Mäandern der Semois- abwechslungsreicher Wandertag , auch weil ich zwischendurch den offiziellen Weg verlassen habe und am Ufer entlang gewandert bin

Pfingstsonntag, 23.5.

Zum Frühstück habe ich heute den Rest der Tacos gegessen, die vorgestern Abend übrig geblieben sind. Besser als nichts, die nächste Bäckerei ist sicher 10 km entfernt.

So gehe ich dann um 8.30 ohne Kaffee los und freue mich zunächst über Vogelgesang und das leise Plätschern der Semois.

Schon gestern Abend hatte ich Probleme mit dem Navi- Programm meines Smartphones, das sich nach einer unbedachten Aktion nicht mehr öffnen ließ und erst nach ziemlicher Frickelei bereit war, zumindest die Grundfunktionen wieder auszuführen. Heute dann, nach ca. 5 km kam dann der super Gau: das GPS streikt und die Wanderwege sind auf der Karte verschwunden. Das vereinfacht nicht unbedingt die Streckenplanung und lässt mich zunächst mal 2 km wieder zurücklaufen, da sich ein Felsen am Ufer beim besten Willen nicht umgehen lässt. Im Laufe des Tages wiederholt sich das Procedere: ich habe keine Lust mehr auf die Streckenführung des GR über Asphaltstraßen – und der Weg, auf den ich ausgewichen bin, ist leider nicht der, den ich auf der Karte gesehen haben wollte – Ergebnis ist zwar ein Umweg aber insgesamt ein toller schmaler Pfad mit Kletterpassagen entlang der Semois – aber an 5 km pro Stunde ist dabei natürlich nicht zu denken.  So lasse ich Herbeumont ( und damit mein Mittagessen ) aus, bewundere einen beeindruckenden Eisenbahnviadukt, der inzwischen als Radweg dient, und mache Fotos von einem kleinen pittoresken verlassenen Friedhof in Mortehan (das war allerdings vorher)  und beende  den Wandertag dann noch mit geruhsamen Kilometern neben dem Fluss

Der Campingplatz ist das komplette Gegenteil von gestern: etwas schmuddelig chaotisch, Duschen lauwarm – aber dafür eine herzliche Atmosphäre, ein reichliches, unheimlich leckeres Essen (Boulettes Liègoises mit Fritten und Salat) und das alles zu sehr demokratischen Preisen – Klasse !

Morgen geht’s nach Orval – die Abtei wird – im Gegensatz zu allen (!) Kirchen auf dem Weg wohl nicht geschlossen sein …