Tag 4 – Belgien mit dem Rad entdecken: Biercée – Mariembourg (75km)

Dienstag, 30. Mai 2023

Meine Gastgeber haben mir Kaffee gemacht  und ich konnte mir ein Ei von ihren ungewöhnlichen Hühnner braten. Den jungen, stolzen Hahn hatte ich schon gestern Abend kennengelernt und in den Morgenstunden ausführlich gehört.

Geplant hatte ich einen Bahntrassenradweg zur französischen Grenze bei Beaumont, dann ein naturbelassenes Tal auf französischer Seite zurück ins Sambretal, um zum Schluss wieder die Sambre flussabwärts bis Thuin zu radeln. Das wäre sicher schön gewesen  – wenn nicht  .. O.k. ich habe den Abzweig nach Beaumont verpasst und da waren es nur noch 20 km bis Chimay: schon interessant,  wo dieses leckere Abteibier herkommt ..

Chimay ist ein nettes kleines Städtchen – nur die Abtei war nirgendwo zu finden.  Nach Suchen auf Google Maps und mehrfachem Dranvorbeifahren  habe ich endlich den unscheinbaren Eingang der kleinen Trappistinnnenabtei gefunden. Eine einfache, spartanisch eingerichtete Backsteinkirche aus dem 19  Jahrhundert  – ganz anders,  als ich es mir vorgestellt hatte (das Problem, wenn man ins Ungewisse ungeplant losfährt). Wikipedia hätte mich schon richtig informiert –  wenn ich vorher gefragt hätte: das Kloster wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts mit Mönchen aus Westvleteren – in der Brauereikunst sehr  erfahren – gegründet. Leider konnte ich auch heute wieder das Bier nicht probieren. Dabei gibt es hier – wie auch in Orval – ein ganz spezielles Chimay, das nur vor Ort verkauft wird und eigentlich, da weniger alkoholisiert, zur Verköstigung der Abtei gedacht ist. Aber nach meinen Erfahrungen am ersten Tag ….

Ich habe dann lieber ohne Bier die Bahntrasse der „ Vicinal“, der für Belgien so typischen Kleinbahn, nach Mariembourg  genutzt.

Von dort dann mit dem Zug in 3,5 Stunden nach Hause. Insgesamt sehr schöne Tour –  ich bin echt glücklich  dass ich das „Belgien- Projekt“ wieder aufgenommen habe und hoffe, dass die Fortsetzung nicht wieder fast drei Jahre braucht ….

Tag 3 – Belgien mit dem Rad entdecken: Malonne- Biercée (80km)

29.Mai 2023, Pfingstmontag

Diesmal bin ich ziemlich unvorbereitet zu der Radtour gestartet, und hatte mir nur „Go west“ vorgenommen.  Keine gute Idee. So habe ich seit gestern Abend Mühe,  eine Entscheidung  über die morgige Strecke zu treffen, bei der interessante Orte, schöne Wegführung und Übernachtungsmöglichkeiten gleichermaßen berücksichtigt sind. Im Endeffekt  entscheide ich mich,  ganz banal den Eurovelo 3 im Tal der Sambre weiter zu radeln.

ehemalige Prämonstratenser- Abtei von Floreffe

Schon nach wenigen Kilometern sehe ich imposant oberhalb des Tales  die Abtei von Floreffe – heute mit großem  Trödelmarkt  in der ganzen  Altstadt.  Tickets  zur Besichtigung der Abtei soll es in der Brauereikneipe geben, die aber erst um 11.00 öffnet. Na ja, der Eingang ist  offen …

In der Abtei ist heute eine  katholische Schule untergebracht und es soll nach Wikipedia sogar ein Priesterseminar geben – fragt sich nur, ob es auch Kandidaten dazu gibt …. Die Schule macht mir von außen einen eher düsteren Eindruck  – viel Platz,  aber auch viel lieblose Einrichtung: Volleyballfelder gemalt auf dem gepflasterten Hof, Basketball auf dem Parkplatz. Insgesamt viel Immobilie für zu wenig Geld.

Weiter geht’s  durch das  Sambretal- sehr pittoresk: tief eingeschnitten mit viel Grün an den Ufern. Je näher ich Charleroi komme, desto  mehr nimmt die Industrie  – und vor allem die verfallenen Industrieanalgen zu . Liebhaber  von „lost Places“ finden hier ihr Eldorado  …

Aber auf der Web- Seite der Stadt Charleroi  habe ich gelesen, dass dieses schwarze Image der Stadt  Vergangenheit sei und ich „eine außergewöhnliche Stadt in Aufbruchsstimmung“ vor mir habe. Was ich sehe : drei Großbaustellen am Theater, am Beffroi und am Bahnhof – alle Geschäfte an diesen zentralen Plätzen geschlossen.  Die Zufahrtstraßen mit Leerständen ohne Ende,  und auch die Viertel der Vorstädte machen nicht den Eindruck von zu viel Geld in den Taschen der Einwohner.  Die alte Zechenanlage „Bois de Cazier“ die ich zum Vergleich mit Blegny und Zollverein besichtigen wollte- geschlossen. Geöffnet an Sonn- und Feiertagen, Ruhetag: Montag. Heute ist beides – aber der Ruhetag ist wichtiger.  Glücklicherweise ist wenigstens ein großer Supermarkt geöffnet,  so dass ich für heute Abend  einkaufen kann – noch hatte ich nämlich keinen Geistesblitz,  wo ich übernachten kann … .

Ich fahre das Sambretal  weiter und sehe in 300m Entfernung vom Radweg die Ruinen der Abtei d’Aulne, einer Zisterzienserabtei, die in der französischen Revolution weitgehend zerstört wurde: alte Gemäuer sind meist unheimlich photogen, so dass ich mir die Zeit für eine Besichtigung nehme – das Abteibier schenke ich mir, eingedenk der schlechten Erfahrung von gestern.

Bei den fast komplett eingerissenen Mauern der riesigen Abtei staune ich immer wieder über den unermesslichen Hass, der solche destruktiven Aktionen bewirkt hat – und was Kirche und Klöster  getan haben müssen, um so tiefsitzenden Hass und Kränkung zu erzeugen ….

Immer noch keine Idee für heute Nacht  … da stolpere ich beim Surfen über eine nahegelegene Adresse  bei „Camping chez l’habitant“. Ich schreibe, bekomme eine positive Antwort und fahre die letzten 15 km aus dem Tal hoch zu meinen Gastgebern: genial- toller Garten zum Zelten, Dusche, nette Gespräche am Abend, das Abendessen hatte ich ja schon selbst  gekauft … Sehr nett !

Tag 2 – Belgien mit dem Rad entdecken: von Lüttich nach Malonne (90km)

28.5.2023, Pfingstsonntag

Vor 3 Jahren bin ich über Pfingsten  die letzten Etappen der Ardennendurchquerung gewandert und hatte zu der Zeit  vor, den mittleren und nördlichen Teil  Belgiens mit dem Rad zu entdecken. Die erste Etappe bis Lüttich bin ich auch gefahren  – und dann ist das Projekt irgendwie eingeschlafen: in Europa  gibt  es eben sooooo viele schöne Ecken  … 

Lüttich

Jetzt soll’s aber endlich weitergehen.  Andrea bringt  mich bis Lüttich und dann radele ich auf dem Eurovelo 3 (der Verbindung der Pilgerwege von Trondheim nach Santiago) die Maas entlang. Auf den ersten Kilometer in Seraing sind die alten, seit Jahrzehnten verlassenen  Anlagen von Bergbau und Schwerindustrie noch allgegenwärtig. Ich kann verstehen,  dass meine Kinder ein Studium in Seraing  nicht ganz so attraktiv  fanden  ….  

Seraing

Ca. 15 km hinter Lüttich wird das Maastal dann aber grün. Jedoch verlasse ich den schönen ebenen  Treidelweg schon kurz nach Flemalle, um das Schloß  in Jehay zu besuchen. Leichte  Enttäuschung bei der Ankunft:  total eingerüstet und im Innenhof eine Gartenmesse …

Also von der Hochebene wieder runter ins Tal und direkt am Atommeiler von Tihange vorbei. Fotografieren verboten: haben die Angst, dass man bei entsprechender Vergrößerung die Risse sieht? Huy ist ein nettes Städtchen – bei diesem Wetter perfekt für die Mittagsrast auf dem  Marktplatz. 

Chouffe vom Fass

Im Anschluss noch eine Kurzvisite in Namur – ein ausführlicher  Bummel durch die lebendige Innenstadt wäre sicher auch eine gute Idee gewesen, aber man kann ja nicht alles haben.  Ich setze mich in ein Straßencafé, um die Übernachtung zu planen: Jugendherberge oder Camping? Bei dem tollen Wetter und einem Chouffe vom Fass entscheide ich mich fürs Zelten, muss dafür aber noch 8 km weiter und wieder aus dem Tal raus- jetzt ist es das der  Sambre. Ich schwöre (zum wiederholen Mal): nie wieder irgendein alkoholisches Getränk vor dem Abend – ich bin total groggy und zu nichts mehr zu gebrauchen… .Bei einem irre steilen Anstieg zum Etappenziel ist Schieben angesagt- und das ist nicht nur dem Alkohol geschuldet. Oben baue ich mein Zelt auf dem netten Camping „Les Tris“ mit Blick auf das Sambretal auf. Die Pizza zum Abendessen war auch richtig lecker – allerdings lag die Pizzeria wieder unten im Ort ….

inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 13

Rückfahrt von Moistrana über Jesenice nach Aachen

Donnerstag, 13. April 2023

Heute Morgen bei meinem kleinem Frühstück im Hostel mit Blick aus dem Fenster – dabei ein Dank an Clara und Sonja für Kaffee, Brot und Honig – stelle ich fest, dass ich schon zum zweiten Mal richtig Schwein mit meinem Osterurlaub habe: auch im letzten Jahr auf Korsika setzte der Regen pünktlich nach der letzten Etappe ein …
Ein Punkt nervt mich schon seit Tagen, oder besser gesagt, ich habe ihn weitgehend ad acta gelegt, da ich das Problem auf der Wanderung sowieso nicht lösen konnte. Ich hatte die Rückfahrt so schön geplant: ich fahre Donnerstagmittag mit dem EC von Jesenice nach München und nehme dort den einzigen durchgehenden Nachtzug nach Köln. Aber – wie habe ich das so schön auf Dagmars Geburtstag gelernt: „Planung ersetzt Zufall durch Irrtum“. Oder nach meinem persönlichen Wahlspruch: „ Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt“.


Die so schön gebuchte Verbindung existiert nicht mehr. Bei Abfahrt Donnerstagmittag wird mir ein 3- stündiger nächtlicher Aufenthalt auf dem Salzburger Bahnhof angeboten… keine gute Idee. Also habe ich mir schon vor einigen Tagen eine Verbindung mit Abfahrt vormittags in Jesenice rausgesucht. So habe ich zwar die Wanderung etwas verkürzt, aber die nächtliche Wartezeit zwischen 1 Uhr und 4 Uhr nachts wäre zu ätzend. Umbuchen konnte ich das auf der Tour natürlich nicht – mal sehen, was die Kontrolleure sagen.. .
Die Fahrt ist problemlos verlaufen. Ich war wirklich- wie vorgesehen – kurz nach Mitternacht in Aachen, bin zu Fuß zur Praxis und da stand schon der VW Bus. Perfekt – und eigentlich viel besser, als die Nacht im ICE zu verbringen.
Harmonischer Abschluss einer gelungenen Tour!

so, alles gewaschen und gelüftet – bis zum nächsten Mal!

inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 12

von Trenta über Kranjska Gora nach Mojstrana (22 km 1200m bergauf, 1190m bergab)

Mittwoch, 12. April 2023

Ist das kalt – und durch den Tau auch noch ziemlich nass ! Glücklicherweise gibt es im Camping heißen Kaffee zum Wärmen und für die Lebensgeister. So wandere ich nach dieser Stärkung zunächst mit nur leichter Steigung bergauf zur Soĉa Quelle – den letzten Kilometer lasse ich den Rucksack am Weg zurück.

Zu Beginn – ganz easy
Hier war es mir „too much“

Im letzten Abschnitt wird der Weg zum Klettersteig: Als es dann nur noch mit wenigen Zentimetern Breite an der Wand entlang weiter gehen soll und ich die Altschneereste sehe, unter denen die Soĉa entspringt, geh ich nicht weiter. So viel Adrenalin scheint mir für die Quelle zu viel an Einsatz …..

Jetzt geht der Anstieg los. Heute sind es (auf der ersten und einzigen Bergetappe meiner Wanderung) 1000 Höhenmeter bergauf und bergab. Die Frage ist nur, ob ich nicht zu viel Schnee haben werde….
Bis 1400 Meter ist alles ok, dann geh ich lieber auf der Straße weiter – Bergwege und 20 cm Schnee scheint mir nicht so ganz ungefährlich…

Vrsiĉ Pass

Oben am Vrsiĉ- Pass auf 1614m ist Winter: ein eiskalter Wind, 30 cm Schnee an den Straßenrändern und nur wenige Touristen, die nach kurzen Fotos schnell wieder in ihren Autos verschwinden.
Bergab kann ich den Alpe Adria Trail ab 1400m wieder nehmen und bewundere die mit blühenden Christsternen bedeckten Hänge. Darüber hinaus Leberblünchen, Anemonen, Veilchen, Primeln – richtig Frühling. Am Nachmittag kann ich auf einer mit Krokussen übersäten Wiese sogar mein Zelt trocken.

Krokuswiesen mit Flussbett (Kalkstein – kein Schnee!)

Kleines Problem: Smartphone und Powerbank sind leer, so dass ich die letzten 5km nach grober Himmelsrichtung laufe (hat ganz gut geklappt) und leider auf dem Weg kein Bett für die Nacht buchen konnte. So habe ich mich in Kranjska Gora angekommen, erstmal zu dem obligatorischen „ End of the Tour -Kuchen“ (es gab keinen Eisbecher) in ein Kaffee gesetzt und mein Smartphone geladen. Uff. Die Hotelpreise sind an den Skiort angepasst Glücklicherweise finde ich aber auf dem Weg nach Jesenice ein Hostel – und einen Linienbus. Das Hostel ist toll. Ein großer Tisch, an dem alle sitzen können, mit

Hostel Lukna

internationalen Gästen aus Bulgarien, Italien, Slowenien und Deutschland. Mit den beiden deutschen Studentinnen komme ich ins Gespräch und wir essen die gelieferte Pizza gemeinsam: sie studieren in Berlin und machen hier in Slowenien Ferien mit etwas Wandern und Sightseeing. Clara studiert Politikwissenschaft mit einem Schwerpunkt, wie man eine Gesellschaft organisieren kann, ohne klimaschädlich zu sein, Sonja Biochemie. Darüber hinaus wie immer Gespräche übers Wandern und über Touren – Clara will für 1 Jahr nach Chile – aber auch über Religion und Spirtualität. Echt interessanter Abend.
Morgen soll das Wetter umschlagen – eigentlich ein guter Zeitpunkt nach Hause zu fahren.

inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 11

von Bovec nach Trenta (24 km, 570m bergauf, 380m bergab)

Dienstag, 11. April 2023

Auch heute sind mit Ausnahme von wenigen Tages-ausflüglern keine Wanderer unterwegs. Das kommt mir heute entgegen: Der Soĉa Trail ist ohne große Höhenunterschiede einfach zu laufen – aber es sind viele Wurzeln und Steine auf dem Weg, so dass ich froh bin, auf meine Füße achten zu können ohne gleichzeitig den Gegenverkehr im Auge haben zu müssen. Bei so einem Weg komme ich nicht in „Mittelgebirgsgeschwindigkeit“ vorwärts: 4.5 km pro Stunde klappen hier einfach nicht. Da muss ich mich eher an die Gehzeiten im Rother Wanderführer halten, der 7 Stunden ansetzt, was in etwa stimmt – wenn man die vielen Pausen dazu rechnet, die ich für die Fotos benötige.

Die Soĉa imponiert heute, zunächst ohne Sonne, eher smaragdgrün als türkisblau, ist aber auch so höchst fotogen. Und im Laufe des Nachmittags kommt dann doch noch die Sonne heraus.

Auf dem Weg – der Rother Führer weiß nichts davon – gibt es eine modern aufgemachte Kapelle mit Texten in slowenisch, italienisch und deutsch. Wirklich beeindruckend!

In Trenta – das sind sowieso nur eine Handvoll Häuser – dann die unangenehme Überraschung: das Touristenbüro, der Supermarkt, das Restaurant: geschlossen. Wo auch immer ich bei „Apartment“ klingele, macht entweder keiner auf oder will nicht vermieten. Eigentlich soll auch der Campingplatz geschlossen haben, aber ich versuche trotzdem zu telefonieren. Und – er hat geöffnet und es gibt sogar warme Duschen und Pizza zum Abendbrot. Genial !! Mein Zelt steht mit Blick auf die Berge – hoffentlich ist mein Schlafsack warm genug ….

inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 10

von Tolmin über Kobarid nach Bovec (29 km, 890m bergauf, 680m bergab)

Montag, 10. April 2023


Wie komme ich nach Kobarid ? Den ganzen Weg zu Fuß zu gehen fällt aus – das wären fast 40 km. Aber der einzige Bus fährt erst am Abend um 21.00 – wie praktisch … .

Tolmin

Also gehe ich nach einem kleinen Frühstück mit 2 Croissants und 2 Latte Macchiato zum Kreisverkehr Richtung Korbarid und versuche auch schon auf dem Weg mit dem Daumen ein Auto anzuhalten. Fehlanzeige. Aber am Ausgang des Kreisverkehrs habe ich mehr Glück: ein Paar aus der Ukraine hält an und nimmt mich die Hälfte des Weges mit. Von da aus gehe ich maximal einen Kilometer, bis mich ein slowenisches Ehrpaar, die kein Wort englisch sprechen, bis nach Kobarid mitnehmen.
Und dann geht der Weg durchs Soĉa Tal los : eigentlich hat die Tagesetappe nur 19 km (plus die 5 km, die ich schon gelaufen bin) – nur habe ich dummerweise -wie im Mittelgebirge auch sinnvoll- die Etappe in Kilometern und nicht mit Wegstunden geplant.

Der Trail läuft aber wie an die Talwand geklebt in stetem auf und ab das Tal hinauf – und wenn er mal am Ufer entlangführt, ist er weggespült und die Tour klettert über Blockwerk. Ich komme auf 1,5 km/ Stunde …

Glücklicherweise hat dieser – zugegebenermaßen extrem schöne und aussichtsreiche Abschnitt irgendwann ein Ende und ich gehe zunächst weit oberhalb des Tales, dann auf einer kleinen Uferstraße und zuletzt in den Flussauen weiter. Aber es ist heiß, die Etappe ist lang und ich bin inzwischen ziemlich k.o.

Das Flussbett der Soĉa

Da kommt mir eine Familie, die ich beim Wandern überhole und von der ich annehme, dass sie österreichisches Deutsch spricht gerade recht: ich grüße und bekomme eine Antwort auf hochdeutsch – dann kommen wir für den Rest des Weges ins Gespräch. Sie ist als Tochter von Gastarbeitern, die aus einem kleinen Kaff hier in der Nähe kommen, in Wiesbaden aufgewachsen – heißt Elke! – und wir reden über die Diktatur des alten Jugoslawien, Sprachen, ob der Vrsic Pass zum Wandern offen ist – und wo man abends gut essen kann. Ihr Tipp war übrigens super– der Hamburger war hervorragend!
Auch in meinem Hostel gibt es interessante Gespräche: eine Holländerin, die professionell Skateboard fährt – Downhill ! – und von all diesen Funsportarten , die es hier im Dorf gibt, so angezogen ist, dass sie zzt im Hostel arbeitet, um Geld für ihr Hobby zu haben.
Ich leide definitiv nicht mehr unter Kommunikationsmangel!

inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 9

von Tribil Superiore nach Tolmin ( 22 km, 910 m bergauf, 1380 m bergab)

(Oster)Sonntag, 9.April 2023

Ostersonntag! Werde ich Sonntagsspaziergänger treffen ? Ich bin schon etwas erstaunt, dass mir weder auf dem Weg noch in den Hotels oder in den Herbergen irgendwelche Wanderer begegnen. Ich bin eigentlich mit dem Alpe-Adria Trail auf einem ziemlich bekannten Weg unterwegs- und ich finde die Jahreszeit bis jetzt perfekt: Bisher kaum Regen und warm genug, um mit T- Shirt und Fleecejacke zu wandern. Aber die Saison beginnt eben erst im Mai … .

Heute morgen also Frühstück in der leeren, zum Hostel umfunktionierten alten Dorfschule und dann stieg der Weg zum Monte Cum an.

Es war noch kalt, ziemlich schattig, als ich an den Schützengräben dieses Schlachtfelds des 1. WKs ankam. Es war ein eigenartiger düsterer Ort und meine Phantasie ging mit mir durch : ich hörte fast das Maschinengewehrfeuer, die Schreie und das berstende Holz… Völlig unpassend zum Ostersonntag!

Als ich mich von da entfernte und den Berg hinabstieg änderte sich die Stimmung – jetzt sah ich die Primeln, die Veilchen, auch Krokusse auf grünen Wiesen – kurz – Frühling ! Und mir kam das berühmte Gedicht von Mörike in den Sinn:

Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen. –
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist’s! Dich hab ich vernommen.

An den nächsten Bergen San Volfango und am Kolvarit hat sich der Spuk nicht wiederholt: ich habe zwar dort auch die Soldatenfriedhöfe gesehen, bin durch die Schützengräben und Gefechtsstellungen gegangen – der Trail führt dadurch – aber ich habe das wieder mit der gebührenden Distanz betrachteten können – jetzt ist allerdings auch Mittag und die Sonne steht hoch am Himmel … Dann 1000 Höhenmeter bergab ins Soĉa Tal nach Tolmin – zunächst über schöne, aber steile Bergwege, dann leider über Asphalt. In Tolmin gab es das günstigste Hotel für schlappe 75€ – ich habe den Campingplatz gewählt ….

Kamp Siber – Camping in Tolmin

Das bedeutet, dass ich noch mal die 2 km zurück ins Zentrum zur Abendmesse am Ostersonntag gegangen bin und jetzt hier auch gerade einen dicken Burger esse. Die Messe war übrigens auf slowenisch – einer Sprache, die meinem Empfinden nach nur aus Zischlauten besteht und von der ich kein Wort verstehe. Glücklicherweise ist die Messliturgie international und damit ist es insgesamt klar, um was es gerade geht…

inspiriert vom Alpe Adria Tril von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 8

von Castelmonte nach Tribil superiore (14,5 km, 690m bergauf, 680m bergab)

Samstag, 8.April 2023

Castelmonte ist ein ganz alter Marienwallfahrtsort, in dem heute ein Kapuzinerkloster ist. Die Kirchenbesichtigung ist heute kurz und diskret ausgefallen – es waren eine ganze Reihe Menschen in der Kirche, die auf die Beichte gewartet haben, und da wollte ich nicht allzusehr stören. Aufällig sind die sehr eindeutigen Votivbilder, die ich so bisher nur auf einer Tour durch die Pyrenäen gesehen habe.

Heute sind es glücklicherweise nur 14 km – und die ohne furchtbare Höhendifferenz. Das kommt meinen Beinmuskeln definitiv entgegen, die nach der gestrigen Etappe noch ziemlich müde sind. An sich ist der Weg schön – er führt über den Kamm oberhalb des Judro- Tals mit immer wieder schönen Ausblicken auf die andere Talseite nach Slowenien.

Unglaublich viele Feuerwanzen auf den Wegen- und wenn ich das richtig interpretiere, sind es bald noch einige mehr ….

Aber … die dauernden kleinen Anstiege sind etwas zermürbend, vor allem wenn man sieht, dass die kaum befahrene Straße parallel zum Wanderweg flach in nur 50-100m Entfernung verläuft.

Schützengräben

Der Wanderweg ist Teil des Friedenswegs, der entlang der mörderischen Frontlinie des ersten WKs verläuft. Immer wieder komme ich an den Schützengräben, den Gefechtsstellungen und Kriegsgräbern vorbei – und an Kirchen zum Gedenken… Kann man damit die Schuld wettmachen, eine ganze Generation verheizt zu haben ?

Ich bin übrigens (nicht nur heute) völlig allein auf dem Wanderweg: mir ist außerhalb der kleinen Dörfer kein Mensch begegnet. Auch heute im „Ostello di finestra“ in Tribil superiore bin ich alleine. Das Hostel (oder Hotel) ist in der alten Dorfschule untergebracht. Bei Ankunft ist das Hostel geöffnet und mein Name steht an der Zimmertür, so dass ich mich schon mal breit machen kann.

Gegen 18.00 kam die Köchin, um mein Menü zuzubereiten (war übrigens sehr lecker). Ich war ziemlich überrascht: sie spricht sehr gut englisch, hat dann aber – als sie hörte, dass ich in der Wallonie wohne – in fließendes Französisch gewechselt. Des Rätsels Lösung: sie ist in Lausanne aufgewachsen, hat als Au-pair in England gearbeitet. Ihre Mutter stammt hier aus Friaul, so dass sie italienisch und ein slowenisches Platt spricht, da die Gegend hier oben an der Grenze zweisprachig ist ….. Ach so, in der Schweiz wurde als Fremdsprache darüber hinaus noch Deutsch gelehrt ….

Sehr schade finde ich, dass es mir heute nicht gelungen ist, jemanden zu finden, der zur Osternacht ins Tal fährt. Nur mit Lektüre fehlt mir doch etwas Wesentliches ….

inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 7

von Podsabotin über Smartno nach Castelmonte (28 km, 1400m bergauf, 980m bergab)

Freitag (Karfreitag), 7.April 2023

Gestern Abend hatte mich meine Wirtin vorgewarnt: im Gegensatz zu Karst und Lagune sei die Luft hier feucht, so dass das Zelt morgens nass vom Tau sei …. fast richtig – nur dass am nächsten Morgen das Zelt von einer weißen Schicht überzogen war – Raureif! Beim nächsten Mal packe ich auch auf einer Frühlingstour die Handschuhe ein …
Das Frühstück war genauso gut wie das Abendessen und dann hat mir die Wirtin noch angeboten, mich nach Smartno zu fahren- einem pittoresken Örtchen, dass bei der Länge der heutigen Etappe normalerweise leider nicht am Weg gelegen hätte.

Smartno

So starte ich in dem wirklich sehr liebevoll restaurierten kleinen Ort und kann mich im weiteren gar nicht satt sehen an der Landschaft mit den Dörfern auf den Hügelkuppen und den Weinbergen darum herum, während nach Osten der Blick ins Soĉa Tal wandert. Der Fotoapparat läuft heiß …

Dann die schwierige Entscheidung: weiter aufwärts zum Kobarid, gefolgt von einem steilen Abstieg und Wiederaufstieg zum Etappenziel auf unmarkierten Feldwegen mit unsicher eingezeichneter Brücke über den Grenzfluss Judro – der einzigen auf 10 km – oder den längeren Weg weiter oberhalb der Brda und die Querung des kleinen Flusses weit westlich im Tal – und dann zum Ende des Tages 500m hoch nach Castelmonte??

Der Krsĉk am Kožbanjŝĉek

Ich habe zur Sicherheit die zweite Variante gewählt. Dabei bin ich zunächst noch an einer interessanten Schlucht vorbei gekommen, um zum Ende des Tages über den Pilgerweg des Camino Celeste, der zum Monte Lussario, einem internationalen Marienwallfahrtsort oberhalb von Tarvisio im Kanaltal führt, die 500 Höhenmeter nach Castelmonte aufzusteigen.

Casa Peregrino in Castelmonte

Ziemlich k.o. war ich bei derAnkunft 28 km später im Pilgerhotel, der Casa Peregrino . 15 Minuten vor Toreschluss um 18.00 wurde ich da mit einem „Ah – you are Susanne“ begrüßt.

Heute ist Karfreitag- ich bin aber zu k.o., um mich nach der Karfreitagsliturgie im Kloster zu erkundigen- die Sprachbarriere ist immer wieder ein Problem. Nach dem Abendessen (wieder nur sehr holprige Kommunikation mit meinen Tischnachbarn ), habe ich noch von meinem Zimmerfenster etwas vom Kreuzweg durch die Straßen mitbekommen – mein Schweinehund war aber zu groß, um mich wieder anzuziehen, in die Kälte zu stürzen und dann doch nur Bruchstücke zu verstehen …