Tag 10 – Weserberglandweg: von Veckertshagen nach Hannoversch Münden (18km)

Dienstag, 1.3.2022

Heute Morgen haben wir bei strahlendem Sonnenschein (und entsprechender Kälte) die letzte Etappe vor uns. Nach dem Frost in der Nacht haben wir zu Beginn Glück, dass die Wege noch nicht wieder völlig durchweicht sind – aber der Hindernislauf über umgestürzte Bäume  ist nach den Sturmschäden der letzten Wochen trotzdem  angesagt ..

Hotel Historisches Brauhaus

Der Weg führt in stetem Auf und Ab am Waldrand entlang und erlaubt immer mal wieder weite Blicke ins Wesertal. Langsam nimmt der Lärm der Stadt zu  und die Bebauung mit Industrie und Verkaufsflächen wird dichter – wir nähern uns Hann- Münden. Ein letzter Anstieg zur Tilly- Schanze mit tollem Blick über die Altstadt – und dann endet der Weg am Zusammenfluss von Werrra und Fulda am berühmten „Weserstein“: „Wo Werra  und Fulda sich küssen, sie ihren Namen büßen müssen“ .

Rathaus Hann.-Münden

Eher liebloses Essen beim Griechen und sehr leckerer Kakao im Stadtcafé – und dann kommt schon bald der Zug: im Nahverkehr dauert das heute 5,5 Stunden – mit dem  IC, der es eine Stunde schneller schaffen würde, kostet es das Doppelte. Also habe ich viel Zeit zum Schreiben und Bilder sortieren….

Tag 9 – Weserberglandweg: von Karlshafen nach Veckerhagen (31km)

Montag, 28.2.2022

Gestern Abend haben Dagmar und ich beim Abendessen eine Unterkunft auf der Hälfte des Weges nach Hann. Münden gesucht. Nicht so einfach, da es im Reinhardswald einfach nichts gibt. So mussten wir ohne wirklichen Enthusiasmus ein Hotel in Veckerhagen buchen – trotz Abkürzung immer noch 28 km.

Aber das Wetter ist heute Morgen herrlich. Zwar nur knapp über Null  – heute Nacht hat es kräftig gefroren – aber strahlender Sonnenschein. Und so laufen wir zunächst an der Diemel bis zu deren Mündung und kürzen so eine Weserschleife ab und dann – nicht  auf dem Weserberglandweg – auf direktem Weg nach Gottsbüren. Nur leider fällt jetzt gerade mein GPS aus – und damit  müssen wir nach der nicht hundertprozentig genauen Karte navigieren. Ergebnis ist ein Rundwanderweg von 3-4 km, die sich zu den geplanten 28 km hinzu addieren .. . Mist.  So sind wir erst um 13.15 an der  wirklich sehenswerten Pilgerkirche in Gottsbüren.

Es ist zwar schon spät, aber die Besichtigung muss einfach sein und so lässt es sich nicht ändern, dass wir erst um 14.30 an der Sababurg ankommen (geschlossen), um dann noch weitere 15 km vor uns haben. Glücklicherweise sind die Wege breit und einfach zu gehen, wenn man von der schlecht (bzw. gar nicht) markierten Bachüberquerung über die Olbe absieht. Normalerweise ist der Weserberglandweg super ausgeschildert– mindestens  alle 250 m ist ein Zeichen, das bestätigt, dass man sich auf dem richtigen Weg befindet. Außer an der Olbe : Nach steilem Abstieg ins Tal : 3 Steine im Flussbett mit einem Balken zum Festhalten quer über das Flüsschen – und auf der anderen Seite – kein Wegzeichen, nichts. Erst nach Hochklettern aus dem Tal finden sich wieder Markierungen. Genial !

am Weserufer

Die letzten 4 km verzichten wir dann auf den Wanderweg und gehen den Radweg am Weserufer bis nach Veckerhagen. Übernachtung dort bei einem alten, an Geschichte interessierten Wirt im Historischen Brauhaus. Und natürlich kommt auch hier wieder die aktuelle politische Lage zur Ukraine und Russland zur Sprache, und man kann die Sorge aller fast mit Händen greifen. Aber wir können halt nichts ändern …..

Zum Abendessen ins  Schnitzelhaus – wie auch in der Südeifel wäre die Auswahl auf der Speisekarte für Vegetarier etwas begrenzt. Morgen sind es nach der Megaetappe von heute nur noch etwa 15 km – dann haben wir wahrscheinlich noch Zeit zusammen zu Mittag zu essen, gut so.

Tag 8 – Weserberglandweg: von Neuhaus im Solling nach Karlshafen (24km)

Sonntag, 27.2.2022

unsere Pension Zinkler in Neuhaus

Keine Ahnung, was ich Anderes gegessen habe als Dagmar – aber mich hat in der Nacht die Rache Montezumas ereilt, während Dagmar in ihrem Einzelzimmer ruhig geschlafen hat. Etwas dehydriert und k o. habe ich beim Frühstück dann ausprobiert, was mir gut tut. Zumindest bleibt alles da, wo es hingehört…
Heute läuft der Weg glücklicherweise ohne wesentliche Anstiege langsam von den Höhen des Solling wieder ins Wesertal: zunächst noch über eine Jahrhunderte alte Eichenallee bergan, bald aber durch sanfte Täler und dann querbeet durch einen alten Buchen- und Eichenhochwald Richtung Weser. Solange keine schweren Forstmaschinen denselben Weg nehmen, geht es sich auf dem Laubboden sehr angenehm. In den Spuren der großen Unimogs ist sonst mal wieder Matsch-Treten angesagt.

In Schönhagen ist die Kirche geöffnet und wir kommen rechtzeitig zum Orgelspiel zum Schluss des Gottesdienstes: monotone Variationen um einen Grundton. Am Ende frenetischer Beifall – Dagmar und ich bleiben etwas irritiert zurück…

Café an der Weser – in der Sonne!

In Karlshafen sitzen wir dann im Garten eines Cafés mit Weserblick bei leckerem Kaffee und einem verlorenen Törtchen in der warmen Sonne – mehr war bei dem tollen Ausflugswetter vom Kuchenbuffet nicht übrig.
Von da aus versuchen wir erneut die JH oder kleine Pensionen etwas südlich der Stadt zu erreichen, um den Weg morgen zu verkürzen – Fehlanzeige . Das Telefon der normalerweise geöffneten JH ist nur Mo-Fr besetzt…. .
Unsere Übernachtung ist dann ebenfalls mit Blick auf die Weser im Hotel gleichen Namens, das Abendessen gibt es wieder beim Italiener (diesmal ohne unerwünschte Nebenwirkungen)-

Morgen ist, da es kaum Übernachtungsmöglichkeiten im Reinhardswald gibt, eine ziemlich lange Etappe mit ca. 30 km geplant. Hoffentlich klappt’s !

Tag 7 – Weserberglandweg: von Stadtoldendorf nach Neuhaus im Solling (27km)

Samstag, 26.2.2022

Unsere heutige Unterkunft nennt sich „Freizeitpark Mammut“. Das sind ein paar Holländer, die auf dem Gelände und in den Gebäuden der alten Kaserne ein Offroad- Center aufgebaut haben, in den man sich mit Jeeps und anderen Geländewagen nach Herzenslust austoben kann. Die renovierten Zimmer und Sanitäranlagen sind im Stil alter Jugendherbergen gehalten: einfach, aber sauber und ok – und das Frühstücksbuffet war  gut!

Langsam windet sich der Wanderweg dann in den Solling hoch. Leider ist der Kammweg gesperrt, so dass wir eine Umleitung über einen alten Forstweg nehmen müssen, auf dem man diesmal zwar nicht in Matsch, aber in altem Laub knöcheltief einsinkt. Vorsichtiges Gehen erforderlich – keine Ahnung, welche Löcher sich im Boden unter dem Laub verstecken.

Heute scheint die Sonne ! Außergewöhnlich, nach so langer Zeit mit Regen und trübem Wetter. Und die Sonne wärmt schon wie im Vorfrühling – auch wenn oben auf 400m noch etwas Schnee liegt.

In der Sonne sieht das sanfte, wasserreiche Tal der Helle, durch das wir langsam hoch wandern noch mal so schön aus: überall glitzern die Bäche und das Grün der Wiesen leuchtet schon kräftig und  satt.

Am Nachmittag kommen wir dann nach Neuhaus und finden 2 nette Zimmer bei einer älteren Dame, die seit 50 Jahren vermietet: früher an Familien, die ihren 4- wöchigen Sommerurlaub im Solling verbrachten, heute eher an Monteure und Wanderer. So ändern sich die Zeiten….

Ich kann übrigens wiederum die Klagen über die Digitalwüste Deutschland bestätigen: seit 3 Tagen kein ordentliches WLAN und zwischendurch immer wieder kein Internet, da nur 2G ( EDGE)- dieses 2G hat nichts mit Corona zu tun……

Tag 6 – Weserberglandweg: von Hehlen nach Stadtoldendorf (27km)

Freitag, 25.2.2022

Eigentlich war heute ein toller Wandertag  – eigentlich…..

Kiesgruben vor Bodenwerder

Heute morgen nach gutem Frühstück geht es links der Weser an Kiesgruben vorbei nach Bodenwerder, dem Ort des Lügenbarons Münchhausen. Logisch, dass Brunnen und Park von dem berühmten Sohn der Stadt erzählen. Da es aber noch viel zu früh zum Rasten ist, stiefeln wir gleich zum Aussichtspunkt der Königszinne hoch, wo wir mit einem super Blick über das Wesertal belohnt werden. Bisher: wenig Sonne  – aber kein Regen. Es folgt in stetem auf und ab ein Weg, der  größtenteils auf dem Kamm des Weserberglands entlang läuft – unterbrochen immer wieder von beim letzten Sturm umgestürzten Bäumen, die wir umlaufen oder übersteigen müssen. Immer wieder ist der Weg auch von großen Forstmaschinen durchwühlt, so dass wir nicht unbedingt schnell vorwärts gekommen sind…

Deswegen erreichten wir erst um 13.30 zum Picknick den Ebernacken-Turm: natürlich mit heißem Tee, aufgbrüht mit meinem neuen Kocher. Pünktlich nach dem Essen kam dann der Schnee: zunächst als Graupelschauer, aber kurz darauf nach entferntem Gegrummel auch als veritabler  Schneesturm, so dass wir gar nicht schnell genug Regenhose und Poncho anziehen konnten:  wir waren sofort komplett durchnässt, was bei dem fiesen Wind dem Wohlbefinden nicht gerade zuträglich war. Glücklicherweise war es nur noch ein Kilometer bis zum Kloster Ameldungen, wo wir uns in der Klosterkirche etwas ausruhen und aufwärmen konnten. Jetzt nur noch durch den Klostergarten ins Tal und dann über einen breiten Forstweg nach Stadtoldendorf – so war die Planung….

Aber dann ist Nadya auf den Steinplatten im Klostergarten, die durch den Regen seifenglatt waren,  blöd ausgerutscht und dabei so unglücklich gefallen, dass es keiner besonderen chirurgischen Kenntnisse bedurfte um zu erkennen, dass der Unterarm gebrochen war. Mist. Nadya fuhr dann mit dem Krankenwagen zum Röntgen, und Dagmar und ich sind ohne besondere Begeisterung den Weg zum Freizeitpark Mammut zu Ende gelaufen. Ordentliches Zimmer in der ehemaligen Kaserne und leckeres, reichhaltiges Abendessen beim Griechen um die Ecke.

Eigentlich hätte es ein schöner Tag sein können…..

Tag 5 – Weserberglandweg: von Emmerthal nach Hehlen (25km)

Donnerstag, 24.2.2022

Nach (gefühlt) 2 Monaten Dauerregen wagte ich kaum auf akzeptables Wetter für die nächsten Tage zu hoffen – aber  gestern Morgen sah ich blauen Himmel, was doch einen Hoffnungsschimmer für die nächsten Tage ergab.

Hotel Altstadtwiege in Hameln

Natürlich war es gestern wieder total hektisch, nach der Arbeit noch rechtzeitig den Zug nach Hameln zu bekommen, um  noch vor 21.00 dort anzukommen:  aber es hat geklappt, und so war ich nach fast  reibungsloser Zugfahrt (mit Ausnahme der Unmöglichkeit, über die App zu buchen, was die Fahrkarte um 10€ verteuerte) glücklich um 20.45 am Hotel „ Altstadtwiege“ angekommen. Dann Dagmar begrüßt und schnell los, um noch ein Häppchen zu essen und ein Bier zum Ausklang des Tages zu  trinken. Blöderweise waren aber die Bürgersteige um 21.00 hochgeklappt und die letzte offene Brauereikneipe verlangte den Impfausweis, den Dagmar im Hotel vergessen hatte. Grrrr. Dann also ein Weizen im Hotelzimmer mit einer der Stullen vom Picknick für morgen….

Heute Morgen ging es nach gutem Frühstück in dem wirklich empfehlenswerten kleinen Hotel Altstadtwiege zum Bahnhof, und dann mit Dagmar und Nadya – meiner Freundin, mit der ich schon das „ Intermezzo“ gewandert bin – mit der S Bahn nach Emmerthal.

Von dort sind wir durch das Tal der Emmer, die ebenso wie die Weser zur Zeit mächtig viel Wasser führt zu der im Stil der Weserrenaissance erbauten Hämleschenburg. Wir sind leider nur viel zu  früh im Jahr – alles geschlossen…

Mittagspause mit warmem Tee: ich habe mir Kocher und Topf in Ultraleicht- Version gekauft und musste das unbedingt ausprobieren. Warmes Wasser in ca. 1,5 Minuten – geht doch ! Wir haben den Tee in einer netten windgeschützten Grillhütte bei Lintorf getrunken und dort gut eine Stunde mit Essen, Teetrinken und Klönen verbracht, bevor wir die letzten 10 km unter die Füße genommen haben.

Um diese Jahreszeit ist der Wald noch nicht aufgeräumt, und wir mussten ziemliche Kletteraktionen über umgestürzte Bäume durchführen. Der letzte Sturm hat ganze Arbeit geleistet!

Gegen 16.45 sind wir dann an unserem Zielort in Hehlenangekommen und wurden angenehm überrascht, dass die kleine Kirche geöffnet war: die Architektur war wieder so, wie ich sie in Thüringen und Sachsen- Anhalt häufiger gesehen habe: ein ovaler Grundriss mit mehreren Galerien – eine Architektur, die mich immer eher an ein Theater als an eine Kirche erinnert. Wir saßen also dort, haben einige Lieder gesungen – bis wir auf einmal merkten, dass die Tür von außen verschlossen wurde.  Alles zu, kein Fenster offen und kein Schlüssel in der Sakristei… aber die Nummer vom Pastor im Pfarrbrief. Gerettet…..

Übernachtung dann in einem kleinen Landgasthof in Hehlen mit gutem deftigen Abendessen – und leckerem Landbier vom Fass.

Morgen soll es zwar kälter werden aber auch ohne Regen. Hoffen wir’s!

🚶Oktober 2021 -Februar 2022: Weserberglandweg

Mit Freunden aus dem Bremer Alpenverein mal nicht ins Hochgebirge – zwar nicht so spektakulär aber landschaftlich ausgesprochen reizvoll
bei der Wanderung durch herrliche Laubwälder, malerische Fachwerkstädtchen und immer wieder überraschende Blicke auf die Weser

Den Blog schreibe ich meist während der Tour : abends, wenn ich aufs Essen warte, vor dem Einschlafen oder nachmittags auf der Hütte. Blogs gibt’s also meist dann, wenn ich solo unterwegs bin. Manchmal ist das Netz so schlecht, dass ich den Blogtext nur in Word schreiben kann und auf einen der nächsten Abende mit besserem Internet warte – manchmal schaffe ich es aber sogar, die Bilder auch schon zeitnah hochzuladen. Auf jeden Fall liefert der Blog die aktuellsten Impressionen- es ist eben das Reisetagebuch

Die Powerpoint erstelle ich später zu Hause: da suche ich die Hintergrundinfos zu den besuchten Orten heraus, erkläre Zusammenhänge und Details und stelle meine Fotos zusammen. Die Quelle zu den Texten bilden dabei Bücher, Wikipedia, Infos der Touristenbüros aber auch andere Internetseiten. Vor allem aber versuche ich mit etwas Animation die Bilderfolge interessanter zu gestalten

Die Diashow ist im Pinzip die abgespeckte Variante der Powerpoint. Vor allem gedacht für einen kurzen Überblick. Auch wenn ihr den Download der Powerpoint scheut oder keinen Viewer habt, kommt dieser Weg infrage

Karte und Track

… mehr Infos zu Wegbeschaffenheit und Höhenprofil?

Tag 8: Steinheim bei Hanau – Großwinterwinternheim (85 km)

Skyline Frankfurt
Skyline Frankfurt

Donnerstag, 9. Juli 2020

Kein Regen (und nur mäßiger Gegenwind)!

Fischreiher am Main

 Gegen 8.00 verlasse ich das sehr angenehme Zimmer in Steinheim: das ist eins von diesen modernen Fremdenzimmern, bei denen man eine Mehrzimmerwohnung umgebaut hat und an Tagesgäste vermietet. Der Zugang erfolgt mit Code, es gibt Küche und Gemeinschaftsbad, bei Problemen ist der Vermieter per Handy erreichbar. Schwierig für mich ist nur, dass auf diese Weise jede Art der Kommunikation ausfällt … .

Auf dem Weg dann Frühstück in einer Bäckerei:  das ist, da die Frühstücksbuffets Corona- bedingt abgeschafft sind, immer eine gute Alternative.

Grafittis am alten Mainhafen
Grafittis am alten Mainhafen

 Ich hatte befürchtet, dass der Weg an Frankfurt vorbei durch das Maintal zugebaut und hässlich sei – das ist zumindest im Osten der Metropole nicht der Fall: der Weg führt durch Wiesen, am Fluss entlang, sehr romantisch. Und plötzlich: die Skyline der Wolkenkratzer von Frankfurt. Beeindruckend. Wenn man näherkommt, kann man erkennen, dass die Stadt auch im Mittelalter erhebliche Bedeutung hatte: aber die an sich mächtigen Kirchtürme erscheinen winzig neben den Zeichen moderner Machtfülle. So wählt sich eben jede Epoche ihre eigenen Götter ….

leckere Pflaumen

Nach Frankfurt hätte ich die Karte genauer studieren sollen: dann hätte ich vorher gesehen, dass sich der Mainradweg ab jetzt durch alle nur möglichen Industriegebiete schlängelt: allen voran Hoechst- Sanofi, dann aber auch eine Menge anderer kleinerer Fabriken und Einkaufsmeilen. Etwas nervig. Jedoch finde ich Leckeres für mein körperliches Wohl: Brombeeren an der alten Mauer eines Fabrikgeländes, und dann liegen auf dem Weg haufenweise Pflaumen unter einem Baum: lecker süß ! Ich sammle für die Mittagspause. Fragt jemand: ‚was issen das ?‘- ‚Pflaumen !‘ – ‚Sehen aber komisch aus…‘. ‚Schmecken aber super…‘ -‚ nee, lieber nicht’… .

St. Stephan: Glasfenster von Marc Chagall

Der Weg selbst wird erst wieder schön ab der Mainmündung kurz vor Mainz- Kastel und schon bald fahre ich über die Rheinbrücke zur Besichtigung von Mainz. Der Kontrast der leicht und fast verspielt wirkenden Bürgerhäuser der Stadt am Rhein mit den umliegenden Weinbergen im Vergleich zu den hessischen Städten der letzten Tage ist frappierend. Ich besichtige den Dom, dessen wuchtige Romanik ich beeindruckend finde, wenn mich auch die barocke Innenausstattung wieder überhaupt nicht anspricht. Zeitgeist?

Umso mehr faszinierend sind die von Chagall gestalteten Fenster der Kirche St Stephan: die persönliche Bekanntschaft des damaligen Pfarrers mit dem Künstler hat zu diesen wahnsinnig schönen Fenstern geführt.

Um zu meinen Freunden in dem kleinen Weinort Großwinternheim zu kommen, nehme ich den direkten Weg, 17 km, über den kräftigen Anstieg am Lerchenberg (statt der 35 km am Rhein entlang). Ich glaube, der Weg war für mich keinesfalls schneller…. . Am Abend dann leckeres Essen mit Spundkäse, Backofenkartoffeln und Gemüse in Kombination mit netten Unterhaltungen. Ein gutes Ende meiner Tour durch die Mitte Deutschlands.

Morgen geht’s dann mit dem Zug nach Hause – Nadya und Peter fahren erst zum Abend ins Rheinland.

 Fazit:

 1. Es fährt sich deutlich angenehmer von West nach Ost.

 2. Zu behaupten, dass durch Corona deutsche Urlaubsgebiete überfüllt seien, wäre eine absolute  Verkehrung der Tatschen- nie war es einfacher, Unterkünfte kurzfristig zu bekommen

3. Noch nie habe ich so wenig Menschen auf einer Tour kennengelernt wie diesmal . Corona ?

4. Hessen und das angrenzende Thüringen sind unbedingt eine Reise wert.

5. Die Bahntrassenwege in Hessen sind genial!

Tag 7: Gedern – Steinbach bei Hanau (65 km)

Storche
Storchennest

Mittwoch, 8.Juli 2020

… wenigstens glatt und bergab!

Nein, der Wetterbericht hat sich nicht getäuscht. Beim Aufwachen höre ich den Regen auf die Zeltplane prasseln – was mir dann definitiv jede Lust am Aufstehen nimmt. Ich kuschele mich in meinen Schlafsack, lese etwas, döse rum – es hilft alles nichts: der Regen wird nicht weniger. Also Aufstehen, Satteltaschen packen, Zelt abbauen – ich fange jetzt schon an nass zu werden. Dann versuche ich ein ausführliches Frühstück in einer Bäckerei am Ort – es hilft alles nichts- es regnet weiter ! Also dann: In Goretex eingepackt fahre ich die Bahntrasse weiter – glücklicherweise mit deutlich weniger Wind und meist bergab. Langsam ändert sich die Landschaft, das Tal wird weiter – der Regen bleibt. Trotzdem schaue ich mir mir Ortenberg an, bewundere die Fachwerkhäuser und radele dann langsam weiter.

Ortenberg

Zeitweise kreuzt meine Route interessante Wanderwege: den Bonifatiusweg, den Jakobsweg. Inzwischen ist Feuchtigkeit in meinem Fotoapparat, das Smartphone (GPS) streikt und ich bin trotz Goretex bis auf die Haut nass. Ich konnte, bis gar nichts Elektronisches mehr funktionierte, gerade noch ein B&B bei Hanau buchen. Dann hatte ich aber erhebliche Mühe, mich so ohne Karte durch die Stadt durchzuschlagen, um das Haus überhaupt zu finden. Aber die Unterkunft ist gut und das indische Abendessen auch. Morgen geht’s dann  Main und Rhein entlang zu Nadya.

Tag 6: Fulda- Gedern (95 km)

Schlitz
Lauterbach

Dienstag, 7. Juli 2020

Heute Morgen bin ich nach einem leckeren Frühstück in einer Bäckerei zunächst die Fulda flussabwärts geradelt. Der Radweg heißt „Fuldaradweg“ – ganz wichtig – nicht: Fuldatalradweg. Die kleinen 3 Buchstaben machen den ganzen Unterschied. Der Weg läuft manchmal am Hang, manchmal im Tal entlang und generiert infolgedessen die entsprechenden Steigungen.

Blick zurück auf Fulda
Blick zurück auf Fulda

Nach Besichtigung des kleinen Fachwerkstädtchens Schlitz nehme ich die Bahntrasse der ehemaligen Ortenberg -Bahn über die Rhön. Wenn ich auf einer Bahntrasse, die ja nie eine Steigung über 2,5% hat, nur 12 km/h bergauf und mit viel Treten 18km/h bergab fahre, bedeutet das entweder, dass ich total schlecht in Form bin, oder sich der Wind doch nicht gelegt hat…

Und besonders frustrierend : fast alle (!) überholen mich. Umkehrschluss- fast alle fahren E- Bikes (oder sind besonders fit).

Warum fahre ich eigentlich kein E- Bike ?

Ok, das diskutieren wir jetzt nicht aus, meine Zunge hängt mir auch viel zu sehr aus dem Hals….

die Bahntrasse der Ortenberg -Bahn

Auf der Weiterfahrt komme ich noch durch das pittoreske Lauterbach, bemerke den höchsten Punkt der Bahnlinie bei Hartmannshain auf 581 m – und dann kommt die absolut geniale Abfahrt: meist im Wald und deswegen ohne Gegenwind: ca. 20 km lang !!!

Ich habe mir Gelden als Übernachtungsort ausgeguckt, weil die Entfernung stimmt und es hier vor allem einen See mit Camping gibt: so komme ich zum Schwimmen im See (wie in Bütgenbach) und außerdem habe ich das Zelt nicht völlig umsonst mitgenommen. Ich dachte nämlich, dass in diesem Jahr alle Menschen in Deutschland Urlaub machen, und es deswegen furchtbar voll werden würde… . Fehleinschätzung- es ist leerer als sonst, allenfalls machen mehr Leute Tagesausflüge. Meines Erachtens haben vor allem alle ihr Urlaubsgeld in E- Bikes gesteckt….

Übernachtung dann auf dem Camping am Gederner See:
Schwimmen inclusive !

Der Wetterbericht für morgen ist nicht sehr verheißungsvoll – aber manchmal täuschen die sich auch, oder ?