Donnerstag, 9. Juli 2020
Kein Regen (und nur mäßiger Gegenwind)!
Gegen 8.00 verlasse ich das sehr angenehme Zimmer in Steinheim: das ist eins von diesen modernen Fremdenzimmern, bei denen man eine Mehrzimmerwohnung umgebaut hat und an Tagesgäste vermietet. Der Zugang erfolgt mit Code, es gibt Küche und Gemeinschaftsbad, bei Problemen ist der Vermieter per Handy erreichbar. Schwierig für mich ist nur, dass auf diese Weise jede Art der Kommunikation ausfällt … .
Auf dem Weg dann Frühstück in einer Bäckerei: das ist, da die Frühstücksbuffets Corona- bedingt abgeschafft sind, immer eine gute Alternative.
Ich hatte befürchtet, dass der Weg an Frankfurt vorbei durch das Maintal zugebaut und hässlich sei – das ist zumindest im Osten der Metropole nicht der Fall: der Weg führt durch Wiesen, am Fluss entlang, sehr romantisch. Und plötzlich: die Skyline der Wolkenkratzer von Frankfurt. Beeindruckend. Wenn man näherkommt, kann man erkennen, dass die Stadt auch im Mittelalter erhebliche Bedeutung hatte: aber die an sich mächtigen Kirchtürme erscheinen winzig neben den Zeichen moderner Machtfülle. So wählt sich eben jede Epoche ihre eigenen Götter ….
Nach Frankfurt hätte ich die Karte genauer studieren sollen: dann hätte ich vorher gesehen, dass sich der Mainradweg ab jetzt durch alle nur möglichen Industriegebiete schlängelt: allen voran Hoechst- Sanofi, dann aber auch eine Menge anderer kleinerer Fabriken und Einkaufsmeilen. Etwas nervig. Jedoch finde ich Leckeres für mein körperliches Wohl: Brombeeren an der alten Mauer eines Fabrikgeländes, und dann liegen auf dem Weg haufenweise Pflaumen unter einem Baum: lecker süß ! Ich sammle für die Mittagspause. Fragt jemand: ‚was issen das ?‘- ‚Pflaumen !‘ – ‚Sehen aber komisch aus…‘. ‚Schmecken aber super…‘ -‚ nee, lieber nicht’… .
Der Weg selbst wird erst wieder schön ab der Mainmündung kurz vor Mainz- Kastel und schon bald fahre ich über die Rheinbrücke zur Besichtigung von Mainz. Der Kontrast der leicht und fast verspielt wirkenden Bürgerhäuser der Stadt am Rhein mit den umliegenden Weinbergen im Vergleich zu den hessischen Städten der letzten Tage ist frappierend. Ich besichtige den Dom, dessen wuchtige Romanik ich beeindruckend finde, wenn mich auch die barocke Innenausstattung wieder überhaupt nicht anspricht. Zeitgeist?
Umso mehr faszinierend sind die von Chagall gestalteten Fenster der Kirche St Stephan: die persönliche Bekanntschaft des damaligen Pfarrers mit dem Künstler hat zu diesen wahnsinnig schönen Fenstern geführt.
Um zu meinen Freunden in dem kleinen Weinort Großwinternheim zu kommen, nehme ich den direkten Weg, 17 km, über den kräftigen Anstieg am Lerchenberg (statt der 35 km am Rhein entlang). Ich glaube, der Weg war für mich keinesfalls schneller…. . Am Abend dann leckeres Essen mit Spundkäse, Backofenkartoffeln und Gemüse in Kombination mit netten Unterhaltungen. Ein gutes Ende meiner Tour durch die Mitte Deutschlands.
Morgen geht’s dann mit dem Zug nach Hause – Nadya und Peter fahren erst zum Abend ins Rheinland.
Fazit:
1. Es fährt sich deutlich angenehmer von West nach Ost.
2. Zu behaupten, dass durch Corona deutsche Urlaubsgebiete überfüllt seien, wäre eine absolute Verkehrung der Tatschen- nie war es einfacher, Unterkünfte kurzfristig zu bekommen
3. Noch nie habe ich so wenig Menschen auf einer Tour kennengelernt wie diesmal . Corona ?
4. Hessen und das angrenzende Thüringen sind unbedingt eine Reise wert.
5. Die Bahntrassenwege in Hessen sind genial!