3.Oktober 2018
Nach dem gemeinsamen Frühstück (erinnert wieder an das Frühstück auf einer Berghütte) dann die letzte Etappe nach Santiago. Es ist (zunächst) angenehm kühl – eigentlich perfekte Wanderbedingungen. Aber heute geht der Weg wirklich fast ausnahmslos über Asphalt. Zwar teilweise durch kleine Dörfer aber eben auch über große Nationalstraßen. Da meine Füße diesen harten Untergrund immer noch nicht mögen (das liegt natürlich auch daran, dass ich den Weg mit Bergstiefeln statt in Turnschuhen gehe), läuft mein Smartphone auf der Suche nach fußfreundlicheren Alternativen wieder ganz schön heiß.
Rückblickend empfinde ich meinen und den Weg der anderen wie Fäden, die im Laufe der Tage zusammenlaufen und zu einem Seil werden, das die Gemeinschaft bildet. Immer mehr Wege und damit Menschen kommen im Laufe des Weges hinzu, bis dieses dicke Tau dann zur Kathedrale in Santiago führt. Aber noch etwas habe ich gesehen: auf dem Weg kommt man – schon aufgrund der unterschiedlichen Gehgeschwindigkeiten – mit ganz vielen Menschen ins Gespräch: Mal nur für einen Gruß, mal für den kurzen Austausch ,woher kommst du und wie weit gehst du heute‘ , oft aber auch für längere und tiefer gehende Gespräche. Aber immer ist es völlig normal, dann einfach weiter zu gehen, in anderem Tempo oder einfach für eine Rast alleine anzuhalten. Das verletzt niemanden, führt zu keinen Missverständnissen – ist völlig normal. Vielleicht könnte das doch ein Beispiel im Leben sein, dass es auch dort möglich sein sollte, eine Sache zu beenden ohne schlechtes Gewissen – um frei Neues beginnen zu können ?
Einige Male, unter anderem beim Weg in die Innenstadt von Santiago gelingt es mir wirklich, schöne alternative Wege durch den Wald oder am Bachufer zu finden. Einmal bin ich dabei allerdings auch mitten in einem Gestrüpp von mannshohen Brombeerranken gelandet. In zwei Tagen hab ich sowieso wieder lange Hosen an – dann sieht man die Kratzer nicht….
Wie gesagt, fast unvermittelt stand ich dann auf einmal vor dieser gewaltigen Fassade der Kathedrale. Ein unglaublicher Anblick ! Und mit mir viele kleine Gruppen von Pilgern – sitzend, stehend mit Blick auf dieses Bauwerk. Und auf einmal – für mich total ungewöhnlich, ich hatte das Gefühl mich selbst nicht mehr zu kennen – hatte ich Tränen in den Augen und einen Kloß im Hals. Ausgerechnet ich, die ich die ganze Zeit behauptet hatte, der Camino sei ein Weg wie jeder andere ….
Ok, genug davon. In Santiago dann zur Pension (gestern mit Booking gebucht, da ich entschiedene Lust auf ein Einzelzimmer und keinen Schlafsaal habe), wo ich beim Einchecken eine mir bekannte Stimme im Hintergrund höre – Bruno ! Klar, dass wir den Stadtbummel und das Abendessen gemeinsam gemacht haben. Ich war dann abends noch in der (ziemlich unpersönlich traditionellen) Pilgermesse – mit geschätzt etwa 600 weiteren Pilgern. Morgen habe ich dann einen ganzen Tag für Santiago – mal sehen, ob mir noch andere Bekannte der letzten 10 Tage über den Weg laufen….