Freitag, 19.April 2019
Heute morgen habe ich mich um 7 Uhr aus dem feuchten Schlafsack in meinem Zelt geschält – nein, es hat nicht reingeregnet, aber die Luft ist so feucht, dass sich innere und äußere Zeltplane nur kurz zu berühren brauchen, und alles wird nass…. . Mir war glücklicherweise heute Nacht nicht allzu kalt – allerdings hatte ich auch eine Mütze aufgesetzt, die dicke Fleecejacke angezogen und den Schlafsack bis oben hin zugemacht… . Zelten im Sommer ist definitiv angenehmer.
Dann Abschied von Luis, dem in Eindhoven arbeitenden Portugiesen, der sich ab heute mit seinen Freunden verabredet hat – und los geht’s ! Nur die Nähe zur Autostraße und zur Bahn mit dem schon gestern beschriebenen Lärm trübt etwas den beeindruckenden Eindruck der Weite der Highlands. Aber ein unglaublich positiver Punkt ist heute das Sonnenwetter – mittags sicher gut 20 Grad !!
Ich habe mir Screenshots meines diesjährigen Fastenkalenders gemacht und lese sie in den letzten Tagen. Ein Eintrag (kurz vor der Abfahrt gelesen) geht mir nicht aus dem Kopf : Es geht um die Langeweile – diejenige , aus der Zeit vor den Smartphones , aus der (wenn man sie nur aushält) Kreativität entstehen kann. Im Kalendereintrag heißt es:
,,Die Wahrnehmung von etwas Außergewöhnlichem braucht manchmal eine lange Weile. Das kann unsere auf Tempo trainierte Mentalität überfordern. Ich muss mich selbst auch immer wieder überlisten, mir Muße zu gönnen, zum Beispiel indem ich meinem Körper durchs Laufen suggeriere, er sei beschäftigt. Dann hat der Kopf frei, ich darf mich ohne schlechtes Gewissen langweilen und die lange Weile genießen. Manchmal, nicht immer, erlebe ich dabei dann so etwas wie einen Einbruch des Ewigen in meine Vergänglichkeit.“
Ich fühle mich ertappt. Natürlich liebe ich die Natur und es ist auch die Neugierde auf unbekannte Orte, Landschaften und Menschen, die mich zu meinen Reisen treibt – aber dieses Überlisten meiner selbst ist ebenso richtig.
Aber wieder zurück zu der heutigen Etappe: Heute ging’s durch Nadelwald ! Die schottische Forstverwaltung versucht eine Wiederaufforstung – und das bedeutet, dass die Landschaft dann ganz erheblich der Eifel ähnelt : Wald, Moor und Heide zusammen mit viel Wasser.
Gegen 14.00 hatte ich heute schon das Etappenziel in Tyndrum erreicht: ein sehr schönes Hostel und ein völlig ödes , ziemlich überlaufenes Straßendorf. Eben Osterwochenende… .
Morgen wollte ich eigentlich nur bis Bridge of Orchy – aber das sind nur 3 Stunden Weg und ich habe dort kein Bett sondern nur das Zelt ohne offiziellen Campingplatz. Und der Ort hat höchstens 10 Häuser… Wie war das mit der Langeweile ? Also habe ich mit Sara (der Schweizerin ) verabredet, dass ich morgen mit ihr bis nach Kingshouse weitergehe – da habe ich zwar auch nur einen Zeltplatz, aber wir kommen dort erst am Abend an.
Eine Messe zu Ostern habe ich trotz ausgiebiger Recherche übrigens nicht gefunden. Kingshouse, mein Etappenziel zu Ostern, liegt eben völlig isoliert mitten in den Highlands… .