inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 7

von Podsabotin über Smartno nach Castelmonte (28 km, 1400m bergauf, 980m bergab)

Freitag (Karfreitag), 7.April 2023

Gestern Abend hatte mich meine Wirtin vorgewarnt: im Gegensatz zu Karst und Lagune sei die Luft hier feucht, so dass das Zelt morgens nass vom Tau sei …. fast richtig – nur dass am nächsten Morgen das Zelt von einer weißen Schicht überzogen war – Raureif! Beim nächsten Mal packe ich auch auf einer Frühlingstour die Handschuhe ein …
Das Frühstück war genauso gut wie das Abendessen und dann hat mir die Wirtin noch angeboten, mich nach Smartno zu fahren- einem pittoresken Örtchen, dass bei der Länge der heutigen Etappe normalerweise leider nicht am Weg gelegen hätte.

Smartno

So starte ich in dem wirklich sehr liebevoll restaurierten kleinen Ort und kann mich im weiteren gar nicht satt sehen an der Landschaft mit den Dörfern auf den Hügelkuppen und den Weinbergen darum herum, während nach Osten der Blick ins Soĉa Tal wandert. Der Fotoapparat läuft heiß …

Dann die schwierige Entscheidung: weiter aufwärts zum Kobarid, gefolgt von einem steilen Abstieg und Wiederaufstieg zum Etappenziel auf unmarkierten Feldwegen mit unsicher eingezeichneter Brücke über den Grenzfluss Judro – der einzigen auf 10 km – oder den längeren Weg weiter oberhalb der Brda und die Querung des kleinen Flusses weit westlich im Tal – und dann zum Ende des Tages 500m hoch nach Castelmonte??

Der Krsĉk am Kožbanjŝĉek

Ich habe zur Sicherheit die zweite Variante gewählt. Dabei bin ich zunächst noch an einer interessanten Schlucht vorbei gekommen, um zum Ende des Tages über den Pilgerweg des Camino Celeste, der zum Monte Lussario, einem internationalen Marienwallfahrtsort oberhalb von Tarvisio im Kanaltal führt, die 500 Höhenmeter nach Castelmonte aufzusteigen.

Casa Peregrino in Castelmonte

Ziemlich k.o. war ich bei derAnkunft 28 km später im Pilgerhotel, der Casa Peregrino . 15 Minuten vor Toreschluss um 18.00 wurde ich da mit einem „Ah – you are Susanne“ begrüßt.

Heute ist Karfreitag- ich bin aber zu k.o., um mich nach der Karfreitagsliturgie im Kloster zu erkundigen- die Sprachbarriere ist immer wieder ein Problem. Nach dem Abendessen (wieder nur sehr holprige Kommunikation mit meinen Tischnachbarn ), habe ich noch von meinem Zimmerfenster etwas vom Kreuzweg durch die Straßen mitbekommen – mein Schweinehund war aber zu groß, um mich wieder anzuziehen, in die Kälte zu stürzen und dann doch nur Bruchstücke zu verstehen …

inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 6

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Die Soĉa/ Isonzo

Mit dem Rad von Grado nach Monfalcone, Zugfahrt nach Görz und zu Fuß nach Podsabotin (45 km/ 13 km)

Donnerstag, 6.April 2023


Schon gestern Abend im Restaurant hatte ich noch nicht einmal die Möglichkeit, meine drei Worte italienisch anzubringen, heute Morgen beim Frühstück in einer Bar war es genauso: Grado ist fest in deutscher Hand und die Dienstleister unterstützen das nach Kräften. Alle fühlen sich offensichtlich wohl dabei – nur ich bin lieber in Italien, auch wenn ich mich dort nur mit Händen und Füßen und auf denglisch unterhalten kann.

Die Radtour durch die Lagune zurück nach Monfalcone war ein Genuss- auch heute wieder entspanntes Radeln auf gut ausgeschilderten Strecken und im Innern von Monfalcone auf einem gut ausgebauten Radwegenetz.
Von da aus habe ich dann kurzfristig entschieden, den Zug nach Gorizia (Görz) zu nehmen und von da aus nach Norden weiter zu wandern.

Der Alpe- Adria- Trail liefe jetzt zwar noch einmal durch den Karst, quert aber dann die Isonzo – Ebene und schlängelt sich danach durch die Weinberge des Collio. Durch die Ebene bin ich aber bereits in den letzten zwei Tagen mit dem Rad gefahren und habe dabei auch Cormons im Collio eine Kurzvisite abgestattet. Görz direkt an der slowenischen Grenze mit seiner sehr internationalen Geschichte finde ich ziemlich spannend – es war immer wieder Spielball zwischen Venedig, Österreich und zuletzt Jugoslawien, Slowenien und Italien. Die unterschiedlichen Einflüsse lassen sich durchaus noch an der Architektur festmachen.

Görz mit Burg

Diese bewegte Geschichte hat sicher auch dazu geführt, dass Görz (Gorizia) zusammen mit dem bis zum Fall des Eisernen Vorhangs abgegrenzten Ostteil der Stadt – Nova Gorica in Slowenien – 2026 Kulturhauptstadt Europas wird.

Mein Weg führt mich dann nach dem Picknick auf der Plaza Transalpina aus dem Isonzo Tal hoch in die Wälder und in den Ostteil des Collio – auf slowenisch Brda genannt. Beides heißt „Hügel“: ich bin also im Hügelland der Weinberge.

Noch in Monfalcone habe ich telefoniert, ob Campingplatz und Restaurant in dem kleinen Dorf Podsabotin in Slowenien direkt an der Grenze geöffnet sind. JA! Schwein gehabt – seit gestern ist geöffnet! Camping und B&B sind ganz neu, die sanitären Anlagen hervorragend, mein Zelt steht mit Blick auf die Weinberge.

Der Mann der Vermieterin ist Winzer- den Wein trinke ich am Abend. Es gibt das bisher beste Essen der Tour: vor allem das Omelette mit wildem Spargel und die Bohnencremesuppe mit scharf gebratenen Speckscheiben sind mir im Gedächtnis geblieben. Ein Genuss!

inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 5

von Cividale nach Grado, 65 km

Mittwoch,5.April 2023

Die Teufelsbrücke – die Legende dazu: es gab kein Geld, um die Brücke zu beenden, der Pakt mit dem Teufel : Geld gegen die erste Seele, die die fertige Brücke überquert- was dann im Endeffekt ein Hund war (kommt den Aachenern das irgendwie bekannt vor?)

Heute war Kulturtag: zunächst habe ich nach einem Frühstück, von dem ich fand, dass es eines Agri- turirismo nicht würdig sei (Selbstbedienung mit Kuchen, kein Brot , Kaffee aus der Kapselmaschine) den ganzen Vormittag mit langobardischen Besichtigungen verbracht: ein altes Kloster (Tempietto), gefolgt vom christlichen und dann archäologischen Museum. Richtig spannend.


Die Langobarden waren Arianer, sind ab dem 6. Jahrhundert nach Italien gekommen und haben dort die oströmische Herrschaft langsam verdrängt. Cividale war dabei eine ihrer wichtigen Städte. Im Laufe der Jahrhunderte sind sie zum katholischen Glauben geschwenkt und sind langsam in der italischen Bevölkerung aufgegangen – die Sprache ist peu à peu verschwunden.

Laufenten

Gegen Mittag habe ich mein Gepäck abgeholt und bin über meist ausgeschilderte Radwege Richtung Aquileia geradelt. Zwischendurch hat mein Navi auch mal die Führung übernommen – was (fast) immer gut geklappt hat. Nur einmal wurden die Wege mit jedem Abbiegekommando schmaler bis ich quer über ein Feld zur nächsten Straße gefahren bin…
Zum Schluss bin ich dann auf dem Alpe-Adria Radweg gelandet – richtig gut zweispurig ausgebaut!

Aber vor Grado liegt noch Aquileia: der Evangelist Markus soll das Christentum hier nach Aquileia gebracht und Hermagoras als ersten Bischof eingesetzt haben. So eine Gründung durch einen Apostel hat dann den Titel des „Patriarchen von Aquileia“ begründet. Nach dem Einfall der arianischen Langobarfen 568 floh der dortige Bischof ebenfalls in diese Stadt.

Aus dem 4.-5. Jahrhundert stammt die Basilika mit ihren genialen frühchristlichen Mosaiken- ich bin fast 2 Stunden durch die Anlage gelaufen, so dass ich erst nach 17.00 auf dem Radweg über den Damm in der Lagune nach Grado weitergefahren bin. In dem doch sehr touristischen Grado (das merke ich gerade im Restaurant) habe ich einen Platz auf dem Campingplatz mit Blick aufs Meer – fast zum gleichen Preis wie das Hostel in Triest….

inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 4

von Ceroglie über Monfalcone nach Cividale al Friuli (10 km zu Fuß, 45 km mit dem Rad)

Dienstag,4.April 2023

Das neue Schloss Duino

Nach leckerem Frühstück mit hausgemachter Marmelade wollte ich das Schloss von Duino besichtigen, das durch die Duineser Elegien von Rilke bekannt ist – aber einen Dienstag als Ruhetag hatte ich nicht auf dem Schirm. So habe ich die wahrscheinlich bessere Variante gewählt und bin den Rilkeweg zurück bis Sistiana gegangen: toller Spazierweg mit phantastischen Blicken auf Schloss und Küste – allerdings mit permanentem Hintergrundgeräusch der Autobahn ….

Cividale al friuli

Um 12.00 bin ich mit Giovanni von GoTours in Monfalcone verabredet, der mir ein Trekkingrad für die nächsten 2-3 Tage versprochen hat. Also fahre ich mit dem Zug ca. 10 Minuten (zu Fuß fast eine Tagesetappe), und dann nehme ich ein fast neues Kalkhoff- Rad in Empfang, bei dem Giovanni mir noch nach meinem Gusto Lenker und Sattel richtig einstellt. Sehr nett! Dann geht es – meist auf Radwegen- insgesamt 45 km nach Norden nach Cividale al Friuli.

Dieses kleine Städtchen hat eine bewegte Vergangenheit: es sind noch viele Relikte dieser ehemaligen Hauptstadt des Langobardenreichs erhalten. Heute habe ich bereits den Dom besichtigt und morgen will ich noch etwas mehr von der Geschichte kennenlernen.


Übernachtung wieder in einem Agriturismo (heute im Vergleich zu gestern ziemlich anonym) und Abendessen in einem eigentlich typisch friaulischen Restaurant: Frico fromaggio mit gebratener Polenta – entweder war das nicht gut zubereitet oder es wird nicht mein Leibgericht …..

inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 3

von Opicina nach Ceroglie, 25 km (350m bergauf, 570m bergab)

Montag, 3.April 2023

Ruine San Leonardo

Heute Nacht kam ein unglaublich kalter und ziemlich starker Wind von Norden aus den Bergen. Jetzt weiß ich, warum ich Daunenjacke und Mütze eingepackt habe und wie gut es tut, einen warmen Schlafsack zu haben. Mein Zelt ist nämlich von oben schön dicht – aber von unten kann der Wind rein – im Sommer ist das sehr praktisch …..
Bei dem Wetter hatte ich keine Lust auf Outdoor- Picknick und bin erstmal nüchtern losgelaufen – das soll ja soooo gut zum Abnehmen sein… Zunächst über die „ strada napoleonica“, die wahrscheinlich gar nichts mit Napoleon zu tun hat. Ganz egal – es ist eine ebene autofreie Schotterstraße, die von Opicina nach Prosecco führt – und von der aus man dauernd einen genialen Blick auf den Golf von Triest und auf das Schloß Miramar (Sissi!) hat. Frühstück dann in einer Bar in Prosecco und danach über sehr unterschiedliche Wege, mal auf dem AAT, mal auf lokalen Wanderwegen durch den Karst. Wobei der Karst keine uniforme Landschaft ist – der gemeinsame Nenner ist der Wassermangel durch Versickern im Kalkboden: da gibt es Macchia, karge Felder, Buschwald und Pinienwälder – aber fast immer gesäumt von den typischen kleinen Kalksteinmäuerchen. Sogar Höhlen habe ich gesehen – und ausprobiert, wie weit man hineingehen kann (in diesem Fall: 20-30 Meter …. ).

Julische Alpen mit Triglav

Das Abweichen vom AAT hat mir dann noch das Highlight des Tages beschert: Ich bin zu der Ruine der kleinen Kirche San Leonardo hoch gestiefelt und wurde mit einem atemberaubenden Rundblick belohnt: Von den Julischen Alpen mit Triglav nach Istrien bis zur Lagune von Venedig- genial!

Im Hintergrund die Lagune von Venedig

Zum Abend dann Übernachtung in einem Agriturismo in Ceroglie. Der Vermieter hatte mir zwar versprochen, mir ein Restaurant in der Nähe zu nennen, war aber dann leider nicht da. Glücklicherweise habe ich in dieser Situation eine sehr nette Einladung zu Nudeln mit leckerer Tomatensauce mit Salat bekommen. Das Essen haben wir gemeinsam in der Küche unserer Unterkunft gezaubert und uns dabei hervorragend unterhalten. Vielen Dank nach Lüneburg !

inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 2

von Bagnoli della Rosandra nach Opicina, 21km, 730m bergauf, 430 m bergab

Sonntag, 2.April 2023

Ich habe vor, meine Wanderung am Alpe-Adria -Trail (AAT) zu orientieren, werde aber sicher auch häufig davon abweichen. Ein wesentlicher Grund dafür liegt schon daran, dass ich einfach keine 35 Tage zur Verfügung habe (schade eigentlich…), und so einige Schleifen begradigen muss: hoffentlich eliminiere ich damit nicht auch die spektakulären Punkte…. ich werde mir Mühe geben … . Da ich schon im April wandere, fallen die alpinen Etappen wegen Schnee sowieso aus. Aber dann finde ich, dass es sehr schade wäre, so geschichtlich interessante Orte wie Aquileia und Grado auszulassen. Da es dort aber total flach ist – zum Wandern nicht gerade prickelnd – habe ich vor, dort übermorgen ein Fahrrad mieten.

Rosandra Tal

So, aber noch bin ich in Triest: heute morgen bin ich erst mal mit dem Bus 30 Minuten in die Hügel nach Bagnoli della Rosandra gefahren und habe dort die Tour mit der Wanderung durch die gleichnamige Schlucht begonnen. Dieser Fluss- die Rosandra (Glinščica auf slowenisch) – ist das einzige überirdisch fließende Gewässer im ganzen Karst. Der Wanderweg entlang des Flusses ist exzellent ausgebaut: heute Morgen bin ich allein, aber es ist sichtbar, dass er oft von Menschenmassen frequentiert wird. Die Schlucht ist schon grandios – aber die Bemerkung der Autoren des AAT, dass das die schönste Etappe des Wanderwegs sei, kann ich nicht so ganz nachvollziehen – vielleicht wollten die auch, dass man ihre Tour bis zum Ende läuft?
Danach steigt der Weg aus dem Tal steil bis zu einer ehemaligen Bahntrasse an, der ich durch Tunnel und Brücken für einige Kilometer folge. Angenehm auf Schotter zu gehen- überholt werde ich von vielen Montainbikern – ohne und genauso viele mit E.


Der AAT führt jetzt eigentlich nach Slowenien, um den Lipzzanern einen Besuch abzustatten. Ich habe keine Lust wegen ein paar berühmten Pferden 10 km Umweg zu machen und nehme den direkten Weg über den Karst – sehr gut markiert mit lokalen Wanderzeichen.

Ab hier sind die insgesamt einfach zu gehenden Wege von kleinen Bruchsteinmäuerchen gesäumt- aus all den unzähligen Steinen aus den karstigen Böden haben die Bauern der letzten Jahrhunderte diese Mauern gebaut. Wieviel unendliche Arbeit da drin steckt!
Die Dörfer, die ich durchquere liegen unmittelbar – max 2-3 km- von der slowenischen Grenze entfernt. Es fällt auf, dass die Ehrenmäler in den Dörfern 1946-48 von der Roten Armee errichtet sind – und nur slowenische Namen enthalten.

Restaurant zur Linde – auch auf deutsch: es sieht nicht so aus, als sei das für Touristen gemacht

In den Orten sind auch fast alle Schilder und Plakate zweisprachig, teilweise auch nur slowenisch – selten auch dreisprachig (mit deutsch), es gibt viele slowenische Namen an den Haustüren. Hier ist offensichtlich slowenischsprachiges Italien – und 40 km weiter östlich hat ein großer Teil der italienischsprachigen Bevölkerung zwischen 1947 und 1954 Istrien verlassen – nicht so ganz freiwillig …

Ausstellung im Heimatmuseum ln Triest

Hierzu würde ich gerne noch weitaus mehr schreiben: Triest und Ostbelgien haben geschichtlich gesehen viele Gemeinsamkeiten – auch hier wurde (nach dem 2. WK) die Gegend zunächst quasi neutral (freies Territorium Triest unter Verwaltung der USA, Großbritanniens und Jugoslawiens), dann 1954 der westliche Teil Italien zugeschlagen – mit dem Verlust Istriens, das an Jugoslawien ging: aber die dort wohnenden Italiener waren da ja schon zum großen Teil weg ….
Anderes Thema: Das Wetter ist viel besser als der Wetterbericht – so ca. 18-20 Grad – ideales Wanderwetter ! Nachmittags einige Schauer, bei denen es dann aber auch plötzlich um mindestens 10 Grad abkühlt – aber wofür habe ich denn einen Regenponcho?
Der Rest der Etappe führt über den Kammweg längs der Küste: Blick nach rechts auf die schneebedeckten Julischen Alpen, nach links auf die Bucht von Triest. Sehr nice!
Schon um 15.30 bin ich am Camping am Obelisk in Opicina. Ich liege im offenen Zelt, lasse mir die Sonne auf den Pelz scheinen und habe einen tollen Blick auf die Adriaküste- so gefällt mir das! Zum Abendessen gibt es Linguine mit Meeresfrüchten in der Bar des Camping. Toller erster Wandertag!

inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal: Tag 1

Anreise mit dem Flixbus nach Mestre, dann mit dem Zug nach Triest

Samstag, 1.April 2023

Eigentlich fing die Reise schon gestern an: da Ryanair meinen Flug so weit verschoben hatte, dass alle gebuchten Quartiere wie Dominosteine gepurzelt wären, habe ich annulliert und stattdessen die ökologische Variante des Flixbus von Köln Flughafen nach Venedig gebucht ( übrigens 10% teurer ..). Im Bus – fast nur Stimmen vom Balkan, die aber bei Bedarf in akzentfreien Deutsch geantwortet haben.

So ein Flixbus ist schon ziemlich anstrengend: bei jedem Halt (Frankfurt, Nürnberg, München, Verona) geht das Licht an, und Schlafen im Sitzen ist wirklich nicht so meine Sache. Ab dem Brenner habe ich dann ganz entspannt (aber müde) den Übergang von der Enge des Tals an der Passhöhe zum breiten Etschtal und nachher zur Poebene beobachtet. Der Effekt, in ein fremdes Land gebeamt zu werden, ist beim Fliegen weitaus ausgeprägter.
Mit wenigen Minuten Aufenthalt habe ich den Zug nach Triest bekommen (Buchen per App ist schon genial…), bin zum Hostel nahe des Bahnhofs (dort kostenloses Upgrade vom 8er zum 6er Zimmer – wow) und dann in die Stadt . Triest – das ist das alte kuk Österreich – an der Adria. Die Architektur ist wirklich sehr österreichisch, aber die Straßencafés sind voll mit italienischem Charme – nur : ich verstehe leider kein Wort und komme so bislang auch mit niemandem ins Gespräch. Vielleicht bin ich auch einfach müde – ich habe mindestens eine Stunde in den Ausgrabungen des Forum Romanum (ja, das gibt’s hier auch) gepennt.

Forum Romanom und Kirche St Just

Nach Besichtigung der romanischen Kathedrale, die auf den Grundmauern eines Jupitertempels errichtet wurde, bin ich dort – immerhin in die Hauptkirche des Bistums Triest- zur Vorabendmesse zum Palmsonntag gegangen. Kulturschock: 25 Teilnehmer, keine Orgel, kein Gesang, ein Faktotum, das in Zivil während der Messe den Altar vorbereitet und dann ministriert – und irgendwie hat der Priester das Evangelium vergessen (?) …. Später Pizza in der Altstadt – und früh ins Bett. Morgen soll doch die Wandertour losgehen!

🚶+🚴 inspiriert vom Alpe Adria Trail- im Frühling von Triest nach Norden ins Soča-Tal

Inspiriert vom Alpe Adria Trail und der Via alpina
geht es durch höchst unterschiedliche Vegetationszonen
vom Mittelmeer durch den Karst,
durch Weinberge und Wälder zum Soča Tal
und von dort bis in die Julischen Alpen nach Slowenien.
Ich bereise zu Fuß und mit dem Rad eine Gegend,
die Heimat vieler Kulturen war und ist:
Römer, Langobarden, Italiener, Österreicher und Slowenen
haben in der Gegend gelebt
und oft auch gegeneinander gekämpft –
die Spuren der brutalen Schalchten am Isonzo
sind auch heute noch sichtbar …

Den Blog schreibe ich meist während der Tour : abends, wenn ich aufs Essen warte, vor dem Einschlafen oder nachmittags auf der Hütte. Blogs gibt’s also meist dann, wenn ich solo unterwegs bin. Manchmal ist das Netz so schlecht, dass ich den Blogtext nur in Word schreiben kann und auf einen der nächsten Abende mit besserem Internet warte – manchmal schaffe ich es aber sogar, die Bilder auch schon zeitnah hochzuladen. Auf jeden Fall liefert der Blog die aktuellsten Impressionen- es ist eben das Reisetagebuch

Die Powerpoint erstelle ich später zu Hause: da suche ich die Hintergrundinfos zu den besuchten Orten heraus, erkläre Zusammenhänge und Details und stelle meine Fotos zusammen. Die Quelle zu den Texten bilden dabei Bücher, Wikipedia, Infos der Touristenbüros aber auch andere Internetseiten. Vor allem aber versuche ich mit etwas Animation die Bilderfolge interessanter zu gestalten

Die Diashow ist im Pinzip die abgespeckte Variante der Powerpoint. Vor allem gedacht für einen kurzen Überblick. Auch wenn ihr den Download der Powerpoint scheut oder keinen Viewer habt, kommt dieser Weg infrage

Infos zu Anreise und Unterkünften, Packliste u.ä. auf dem Weg sowie weiterführende Seiten und Literatur

Tag 4 – Belgien mit dem Rad entdecken: Biercée – Mariembourg (75km)

Dienstag, 30. Mai 2023

Meine Gastgeber haben mir Kaffee gemacht  und ich konnte mir ein Ei von ihren ungewöhnlichen Hühnner braten. Den jungen, stolzen Hahn hatte ich schon gestern Abend kennengelernt und in den Morgenstunden ausführlich gehört.

Geplant hatte ich einen Bahntrassenradweg zur französischen Grenze bei Beaumont, dann ein naturbelassenes Tal auf französischer Seite zurück ins Sambretal, um zum Schluss wieder die Sambre flussabwärts bis Thuin zu radeln. Das wäre sicher schön gewesen  – wenn nicht  .. O.k. ich habe den Abzweig nach Beaumont verpasst und da waren es nur noch 20 km bis Chimay: schon interessant,  wo dieses leckere Abteibier herkommt ..

Chimay ist ein nettes kleines Städtchen – nur die Abtei war nirgendwo zu finden.  Nach Suchen auf Google Maps und mehrfachem Dranvorbeifahren  habe ich endlich den unscheinbaren Eingang der kleinen Trappistinnnenabtei gefunden. Eine einfache, spartanisch eingerichtete Backsteinkirche aus dem 19  Jahrhundert  – ganz anders,  als ich es mir vorgestellt hatte (das Problem, wenn man ins Ungewisse ungeplant losfährt). Wikipedia hätte mich schon richtig informiert –  wenn ich vorher gefragt hätte: das Kloster wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts mit Mönchen aus Westvleteren – in der Brauereikunst sehr  erfahren – gegründet. Leider konnte ich auch heute wieder das Bier nicht probieren. Dabei gibt es hier – wie auch in Orval – ein ganz spezielles Chimay, das nur vor Ort verkauft wird und eigentlich, da weniger alkoholisiert, zur Verköstigung der Abtei gedacht ist. Aber nach meinen Erfahrungen am ersten Tag ….

Ich habe dann lieber ohne Bier die Bahntrasse der „ Vicinal“, der für Belgien so typischen Kleinbahn, nach Mariembourg  genutzt.

Von dort dann mit dem Zug in 3,5 Stunden nach Hause. Insgesamt sehr schöne Tour –  ich bin echt glücklich  dass ich das „Belgien- Projekt“ wieder aufgenommen habe und hoffe, dass die Fortsetzung nicht wieder fast drei Jahre braucht ….

Tag 3 – Belgien mit dem Rad entdecken: Malonne- Biercée (80km)

29.Mai 2023, Pfingstmontag

Diesmal bin ich ziemlich unvorbereitet zu der Radtour gestartet, und hatte mir nur „Go west“ vorgenommen.  Keine gute Idee. So habe ich seit gestern Abend Mühe,  eine Entscheidung  über die morgige Strecke zu treffen, bei der interessante Orte, schöne Wegführung und Übernachtungsmöglichkeiten gleichermaßen berücksichtigt sind. Im Endeffekt  entscheide ich mich,  ganz banal den Eurovelo 3 im Tal der Sambre weiter zu radeln.

ehemalige Prämonstratenser- Abtei von Floreffe

Schon nach wenigen Kilometern sehe ich imposant oberhalb des Tales  die Abtei von Floreffe – heute mit großem  Trödelmarkt  in der ganzen  Altstadt.  Tickets  zur Besichtigung der Abtei soll es in der Brauereikneipe geben, die aber erst um 11.00 öffnet. Na ja, der Eingang ist  offen …

In der Abtei ist heute eine  katholische Schule untergebracht und es soll nach Wikipedia sogar ein Priesterseminar geben – fragt sich nur, ob es auch Kandidaten dazu gibt …. Die Schule macht mir von außen einen eher düsteren Eindruck  – viel Platz,  aber auch viel lieblose Einrichtung: Volleyballfelder gemalt auf dem gepflasterten Hof, Basketball auf dem Parkplatz. Insgesamt viel Immobilie für zu wenig Geld.

Weiter geht’s  durch das  Sambretal- sehr pittoresk: tief eingeschnitten mit viel Grün an den Ufern. Je näher ich Charleroi komme, desto  mehr nimmt die Industrie  – und vor allem die verfallenen Industrieanalgen zu . Liebhaber  von „lost Places“ finden hier ihr Eldorado  …

Aber auf der Web- Seite der Stadt Charleroi  habe ich gelesen, dass dieses schwarze Image der Stadt  Vergangenheit sei und ich „eine außergewöhnliche Stadt in Aufbruchsstimmung“ vor mir habe. Was ich sehe : drei Großbaustellen am Theater, am Beffroi und am Bahnhof – alle Geschäfte an diesen zentralen Plätzen geschlossen.  Die Zufahrtstraßen mit Leerständen ohne Ende,  und auch die Viertel der Vorstädte machen nicht den Eindruck von zu viel Geld in den Taschen der Einwohner.  Die alte Zechenanlage „Bois de Cazier“ die ich zum Vergleich mit Blegny und Zollverein besichtigen wollte- geschlossen. Geöffnet an Sonn- und Feiertagen, Ruhetag: Montag. Heute ist beides – aber der Ruhetag ist wichtiger.  Glücklicherweise ist wenigstens ein großer Supermarkt geöffnet,  so dass ich für heute Abend  einkaufen kann – noch hatte ich nämlich keinen Geistesblitz,  wo ich übernachten kann … .

Ich fahre das Sambretal  weiter und sehe in 300m Entfernung vom Radweg die Ruinen der Abtei d’Aulne, einer Zisterzienserabtei, die in der französischen Revolution weitgehend zerstört wurde: alte Gemäuer sind meist unheimlich photogen, so dass ich mir die Zeit für eine Besichtigung nehme – das Abteibier schenke ich mir, eingedenk der schlechten Erfahrung von gestern.

Bei den fast komplett eingerissenen Mauern der riesigen Abtei staune ich immer wieder über den unermesslichen Hass, der solche destruktiven Aktionen bewirkt hat – und was Kirche und Klöster  getan haben müssen, um so tiefsitzenden Hass und Kränkung zu erzeugen ….

Immer noch keine Idee für heute Nacht  … da stolpere ich beim Surfen über eine nahegelegene Adresse  bei „Camping chez l’habitant“. Ich schreibe, bekomme eine positive Antwort und fahre die letzten 15 km aus dem Tal hoch zu meinen Gastgebern: genial- toller Garten zum Zelten, Dusche, nette Gespräche am Abend, das Abendessen hatte ich ja schon selbst  gekauft … Sehr nett !