10. Tag: Rückflug nach Charleroi

Japanischer Garten in Toulouse
Japanischer Garten in Toulouse

Mittwoch, 21. August 2019

Ohne Wecker bin ich erst gegen 8.00 wach geworden, habe mich langsam aus dem Bett gewälzt und  bin dann ohne Frühstück Richtung Innenstadt marschiert. Ich denke, dass das Frühstück an den Markthallen immer besser sein wird als in einem Formule1 (oder, wie es heute heißt: Ibis Budget). Zunächst habe ich dort Käse gekauft – ich glaube, meine Lust an den leckeren Käsesorten hat auch dem Verkäufer Spaß gemacht, und er hat mir immer weitere präsentiert, die meinem Geschmack entsprechen könnten …. Mmmmh! Danach kleines Frühstück in einem Straßencafé und dann ging leider nach einem viel zu kurzen Spaziergang durch den botanischen Garten schon mein Bus zum Flughafen.  Dort bin ich eigentlich gut pünktlich angekommen – nur war der Zugang zum Abflugschalter von der Polizei gesperrt: ein „Objekt ohne Besitzer“ – also Bombenalarm. Wir durften erst wieder weiter, nachdem der Koffer gesprengt worden war … (Wenn sowas mit meinem verlorenen Wäschebeutel passiert wäre ….?). Auf diese  Weise bin ich dann natürlich wieder mit einstündiger Verspätung in Charleroi und demzufolge auch in Kelmis angekommen. 

Fazit: Tolle Pyrenäenwanderung- mit unheimlichen Glück beim Wetter – eine Wiederholung oder Weiterführung ist überhaupt nicht ausgeschlossen !

9.Tag: Etsaut- Toulouse

Toulouse
Toulouse

Dienstag, 20. August 2019

Heute fällt mir der Abschied nicht schwer: es regnet, die Wolken hängen bis auf die Füße – und auch weiter oben soll das Wetter nicht wirklich besser sein. Da trifft es sich gut, dass der Bus schon um 9.00  talwärts führt. Es ist die Linie, die die auf französischer Seite aufgegebene Bahnlinie zwischen Canfranc und Bedous ersetzt. Man kann die alten Tunnel und Gleisstrecken noch gut erkennen – das gäbe einen phantastischen Bahntrassenradweg! Dann weiter mit dem Zug über Pau und  Oloron nach Toulouse, wo ich in der Nähe des Bahnhofs ein Zimmer gebucht habe.

St Sernin
St Sernin

Auf zu Besichtigung und Stadtbummel. Ich mag Toulouse mit seinen Ziegelbauten ( die Werbung spricht von der „ville rose“). So schlendere ich zunächst zur Basilika St Sernin – eine aufgrund ihrer Ausmaße ziemlich ungewöhnliche und beeindruckende romanische Kirche- ich glaube die größte, die ich je gesehen habe. Es war einer der wesentlichsten Wallfahrtsorte um die Jahrtausendwende: Hier war die Reliquiensammelwut des Mittelalters besonders ausgeprägt: zwar hat die französische Revolution  nicht viel davon  übrig gelassen – aber selbst jetzt bin ich bei meiner Zählung noch auf Reliquien von 15 Heiligen, darunter von sechs Aposteln und eine Kreuzreliquie gekommen. Mit durchaus komfortablen Selbstbewusstsein steht auf einer Inschrift am Chorumfang, sinngemäß, dass es nicht nötig sei, noch woanders hin zu pilgern, da hier schon alles Wesentliche vorhanden sei…. . Danach bin ich bei der Gebäudefarbe – ziegelrot – geblieben, habe mich aber dem weltlichen Stolz von Toulouse zugewandt : dem Capitol. Die Repräsentationsräume im Rathaus  waren dem Publikum zugänglich und ich konnte die Monumentalgemälde aus dem 19. Jh. bewundern, die ähnlich wie im Aachener Rathaus die (erweiterte) Stadtgeschichte beschreiben. 

launig dargebotene Infos zum Thema „pilgern“- richtig interessant !

Zum Abschluss des Nachmittags noch zur ehemaligen Jakobinerkirche mit einem launigen Vortrag zum Pilgern im Mittelalter. Hier in dem Kreuzgang hätte ich gerne noch mehr Zeit verbracht – aber leider wurde schon  um 18.00 geschlossen. Schade.

Abendessen beim Tausendfüßler oder 1001 Nudel – oder Nacht?

Wie sucht man ein Restaurant in einer fremden Stadt ? In diesem Fall gefiel mir das Wortspiel : es war ein Nudelrestaurant mit dem Namen 1001Pates….. Und gut gegessen habe ich auch…. Morgen Mittag  ist der Rückflug angesagt. Etwas traurig bin ich schon – ich hätte mich noch etwas länger in Toulouse aufhalten können…

8.Tag: Refuge d’Arlet – Canfranc Estacion- Etsaut: 26 km, 900m+, 1700m-

Am Col d’Arlet

Montag, 19.August 2019

Zunächst war ich heute Morgen angenehm überrascht: Wolken – aber kein Nebel und auch kein Regen. Also spricht nach Rücksprache mit der Hüttenwirtin nichts gegen den auf der Karte des Smartphones eingezeichneten Track über den Col d‘ Arlet auf die spanische Seite. Keine Wegmarkierungen?  Das sei kein Problem: der Weg sei gut zu erkennen und genügend Steinmännchen… .

Blick zurück aufs Refuge d’Arlet

Alles ist relativ…. Ich habe ziemlich häufig meinen Weg mit dem Track auf dem GPS abgleichen müssen, um nicht irgendwo am Endes eines Ziegenpfads zu landen. Das erhöht nicht gerade die Geschwindigkeit. Hinzu kommt, dass der Blick auf das Tal im Abfluss des ehemaligen Gletschers mit dem mäandernden Verlauf des Rio Aragon (Humedal des Aguas Tuertas) einfach unglaublich schön ist. Im Hintergrund in Ocker und Zinnober geschichtete Berge vervollständigen das Bild, das meine Kamera heißlaufen ließ.

Blick ins Tals des Rio Aragon: Humedal des Aguas Tuertas

Nach dem Abstieg ging der Weg in dem etwas sumpfigen Flusstal weiter und traf dann auf den GR 11, die spanische Variante des Pyrenäen- längsweges – auf französischer Seite ist es der GR 10, auf dem Kamm die HRP. Langsam wurde das Wetter schlechter und Nebel zog auf. Aber die rot- weiße Markierung stimmt gut mit dem Track und der Karte überein – alles richtig.  Bis auf einmal Karte, Track und Realität nicht mehr übereinstimmen: die Markierung verläuft über eine Passhöhe, die Karte und Track nicht kennen. Was tun ? Ich entscheide mich, der Karte und dem GPS zu folgen und nur noch eine lokale Markierung mit spärlichen grün– gelben Wegzeichen zu haben. An sich wäre das ein toller Weg oberhalb eines Bergsees – aber im Nebel kann ich den See leider nur erahnen. 

wie in einem Zauberwald !
… so stelle ich mir Merlins La Brécoliande vor….

Heute ist es eine lange Etappe – und ich hatte gedacht, dass sie einfach sei, da an sich der Weg ohne steile Passagen ins Tal führt. Aber es ist halt ein Bergweg: viel Geröll, immer kleine An- und Abstiege an den Bergflanken entlang – anstrengend. Und dann komme ich in einen alten Buchenwald, der im Nebel wie der Wald Merlins erscheint (aber das war doch in der Bretagne und nicht hier ?). Hinter jedem Baum, in jedem Felsen scheinen sich Elfen und Zauberer zu verstecken. Unglaublich schön. Da habe ich wieder genug Kraft für den Rest des Abstiegs getankt, der dann – Kontrast ! – in das furchtbar hässliche Skigebiet von Candanchu führt. Architektur der 70er Jahre, die jetzt schon halb baufällig ist. Jetzt im Sommer ist alles leer und geschlossen und viele Appartements stehen zum Verkauf.

Mein Ziel heute ist Canfranc Estacion. Bis dahin geht der Weg über den Jakobsweg, der mal wieder in der Nähe der Hauptstraße, teils über die alte Passstraße verläuft mit einigen tollen Blicken in die Schlucht des Rio Aragon. Ich hatte mich auf den Bahnhof in Canfranc gefreut: dieser als internationaler Knotenpunkt mit 20 Gleisen und einem 100m langen Empfangsgebäude im Jugendstil gebaute Bahnhof, der nach Stilllegung der Strecke auf französischer Seite seit 30 Jahren nur noch von drei Zügen aus Zaragoza angefahren wird und langsam zerfällt – ich wollte unbedingt ein paar Fotos machen… Leider war alles abgesperrt, alle Fenster fehlten, eine große Baustelle: der Bahnhof wird zur Zeit als Denkmal restauriert. 

Estacion Canfranc

Da passte es gut, dass gerade ein Bus Richtung Etsaut kam, wo ich meinen vergessenen Beutel mit meinen Anziehsachen abholen wollte. Wieder ein Bus für 2€… . Als die Wirtin mir freudestrahlend den Beutel mit der  Kleidung geben wollte, war ich allerdings mächtig enttäuscht : es war nicht meiner…. Ich muss die Sachen also irgendwo auf der Wanderung beim Picknick verloren haben. Ich war derartig bedient, dass ich keine Lust hatte, für die Fotos nach Canfranc zurückzufahren. Ich hab das Hostel storniert und bin wieder bei  Schweinebraten, Crudités und Fritten im Gite in Etsaut geblieben. FRUST !  Morgen soll’s regnen- passend zur Rückreise…..

7. Tag: Etsaut- Refuge d’Arlet (2003m): 16 km, 1600m+/ 150m-

Refuge d’Arlet

Sonntag, 18.August 2019

Heute habe ich das Frühstück um 7.00 gewählt. Zum einen wegen der Länge des Weges , aber vor allem, weil heute Nachmittag Gewitter oder zumindest Regen angesagt ist. Also  habe ich im Halbdunkel meine Sachen gepackt und bin dann direkt nach dem Frühstück um 7.45 los. Heute war Markt in Etsaut und es ist mir gelungen,  noch 2 Tomaten zu kaufen, obwohl die Marktstände noch gar nicht aufgebaut waren.

bergan im Vallée d’Aspe

Dann zunächst auf dem GR 10 nach Westen und nach dem ersten Anstieg über einen alten Maultierpfad auf halber Höhe ins Val d’Aspe.  Es rächt sich natürlich, dass ich gestern bis auf 600 m ins Tal abgestiegen bin: heute habe ich deswegen 1600 Höhenmeter Anstieg bei ca. 16 km Weglänge, um wieder auf der Hohe der HRP (Haute  Route des Pyrenées) zu landen.  Heute ist es echt heiß und man spürt den Wetterumschwung. Glücklicherweise führt der Weg  (meist) mit nur leichtem Anstieg im Schatten langsam das Tal hoch. Mein Liter Wasser reicht dabei allerdings überhaupt nicht, so dass ich mich aus dem Bach bediene. Da Kühe und Schafe noch weiter oberhalb weiden- und wahrscheinlich nicht nur weiden …, muss ich diese leckeren Silberionen in Tablettenform zusätzlich einwerfen. Pures Bergwasser schmeckt deutlich besser – aber was tut man nicht alles, um der Rache Montezumas zu entgehen ? 

mein Badesee: Lac d’Arlet

Ich bin wirklich besser in Form als in den ersten Tagen : schon um 13.30 bin ich auf der Hütte angekommen. Insgesamt sind hier viel weniger Leute  (sowohl auf dem Weg als auch im Refuge). Mir sind höchstens drei oder vier Wanderer begegnet und hier stehen nur 2 Zelte in der Nähe des Sees. Und auch beim Essen geht es weitaus entspannter zu – vor allem sind die Portionen größer…. . Beim Auspacken dann die Mega – Überraschung – es ist eben keine gute Idee im Halbdunkel ohne Stirnlampe den Rucksack zu packen. Mein Beutel mit allen Kleidungsstücken ist wahrscheinlich unten im Gite in Etsaut geblieben. Sch….. . Im Refuge hat man für mich unten angerufen, dass ich die Sachen auf dem Rückweg abholen kann – aber bis übermorgen stinke ich also zart vor mich hin – es sei denn, ich will den Schlafanzug zum Abendessen tragen oder ich finde noch Parfumreste im Rucksack… Ich habe heute mal wieder die Option „See“ statt der nicht vorhandenen Dusche gewählt – die Alternative wäre wieder der öffentliche Wasserhahn vor der Hütte gewesen. Allerdings diesmal ohne Badeanzug – der ist im  Wäschesack.

langsam zieht Nebel auf….

Abendessen wieder wie üblich am langen Tisch : diesmal mit einem Paar aus dem Tarn und einem perfekt französisch sprechenden Engländer, die alle auf der HRP unterwegs sind. Von  beiden habe ich tolle Wandertipps für die nächsten Ferien bekommen.  Die HRP scheint übrigens nicht unbedingt schwieriger als der GR 10 (in Frankreich) und der GR 11 (in Spanien) zu sein. Und da die meisten Wege hier spärlich bis gar nicht markiert sind, fallen die fehlenden Wanderzeichen bei der HRP auch nicht ins Gewicht. Bleibt das Problem der fehlenden Hütten… Dann muss man es eben so machen wie ich und den Weg nach den Hütten und nicht nach dem Namen des Weges planen. Morgen ist der letzte Wandertag: Wenn ich Pech habe (der Wetterbericht sagt das zumindest), gibt das einen Wandertag im Nebel bzw. im Regen…aber manchmal täuschen die sich ja auch – die Hoffnung stirbt zuletzt…. Zur Zeit herrscht allerdings dichter Nebel….

6. Tag: Refuge d‘ Ayous- Etsaut (600m): 16,5 km, 550m+/ 1800m-

Lac d' Ayous
Lac d‘ Ayous

Samstag, 17. August 2019

halbwilde Pferde im Hochgebirge – mit Kuhglocken!

Nach einem letzten Blick auf den Pic du Midi- der ist wirklich aus jeder Richtung unglaublich fotogen! – bin ich zunächst etwas zum Col d’Ayous hochgewandert und dann auf dem GR 10 auf einem langen Abstieg über 1800 Höhenmeter ins Tal. Der Weg führte durch ein herrliches Tal mit Almwirtschaft:  Pferde mit Glocken  auf 2000m – im Hang: ich dachte Pferde könnten nicht klettern (?), Kühe und Schafe – und meine Freunde: die Hütehunde. Da heute der Schäfer in der Nähe war, bin ich sogar an denen vorbei gekommen… . Danach ging der Weg durch Mischwald, an Nusshecken vorbei, bis zu einem Weg „ la Mature“, der vor 200 Jahren zum Transport von Baumstämmen in der Felswand oberhalb einer beeindruckenden Schlucht angelegt worden war. Als ich was von „engem Pfad, in die Felswand gehauen“ gelesen habe, war ich zunächst total skeptisch eingedenk meiner Erfahrungen der letzten Tage: aber der Weg war breit und für Spaziergänger ausgebaut. Nur, dass bei dem Andrang die Steine wie glattpoliert sind und ich ja bergab gegangen bin… .

Gorges du Sescoué

Es lohnt sich nicht nur auf dem Camino  sondern auch beim GR die Karte im Blick zu haben: ich sollte die letzten 3,5 km über die alte Nationalstraße, die in der Gegenrichtung zur spanischen Grenze am Col du Somport führt, wandern – Karte und Smartphone zeigten jedoch auch eine andere Möglichkeit mit leichtem Anstieg durch den Wald. Die Wahl war ein Glücksgriff: es handelt sich um den alten teilweise  gepflasterten Maultierweg – einen Hohlweg, der wahrscheinlich von der Passhöhe kommend nach Etsaut führt.

Ich bin dann dort gegen 14.00 bei brüllender Hitze angekommen und konnte glücklicherweise sofort in den Schlafraum: nach den Hüttenerfahrungen der letzten Tage der pure Luxus : Steckdosen, WLAN ( die Qualität ist noch zu prüfen) und DUSCHE !

fauler Nachmitttag am Gave d’Aspe

Den Nachmittag habe ich dann lesend und Blog- schreibend mit den Füßen in einem Bergbach verbracht, mich danach in einem Restaurant an einem Cafe Liégois delektiert und dort auch leckeren Käse fürs Picknick gekauft. So ist das Leben schon ziemlich angenehm und gut zu ertragen ….

5.Tag: Refuge de Pombie- Refuge d‘ Ayous (2302m): 10 km, 700m+/800m-

Pic du Midi
Pic du Midi

Freitag, 16. August 2019

Nach einer Nacht mit Oropax (das mit dem Verhindern des Schnarchens hat doch nicht so geklappt wie geplant), bin ich nach freundlichem Abschied von meinen Bett- und Tischnachbarn langsam zum Paß hochgelaufen – immer in der Geschwindigkeit, die ich zur Not den ganzen Tag durchhalten könnte. Danach ging es die Hälfte des Abstiegs (über insgesamt 600 Höhenmeter) durch ein Geröllfeld mit dicken Felsen („Blockwerk“) bergab, so dass kräftig Klettern angesagt war. 

Heute – zumindest auf dem zweiten Teil der Wanderung – war  ich sicher nicht allein unterwegs: halb Frankreich – und mindestens ein Viertel der spanischen Bevölkerung haben sich aufgemacht, den Pic du Midi zu umrunden bzw. den nächstmöglichen Badesee anzusteuern. Die Jungens (na ja, ich schätze sie so um die 30 Jahre) habe ich übrigens noch dreimal wieder eingeholt und bin wieder überholt worden. Die sind zwar schneller, machen aber auch viel längere Pausen. Hier sind auf allen Hütten vor allem französische und spanische Gäste: es ist die absolute Ausnahme, wenn man mal deutsche oder englische Töne hört. Aber heute Abend esse ich zusammen mit drei Engländern. Einer von denen geht als Geschenk zu seinem 70. Geburtstag die Pyrenäen vom Mittelmeer zum Atlantik- mal auf französischer, mal auf spanischer Seite oder auch über die Haute Route. Tolle Sache – nur: er zeltet oft und der Rucksack wiegt bis zu 20 kg…. Im Augenblick hat er zwei Freunde aus London eingeladen, ihn für einige Tage zu begleiten. Und mit den dreien gibt es interessante Gespräche ebenso wie mit zwei Wanderern aus Toulouse, von denen ich viele Infos zu Wandermöglichkeiten zwischen Spanien und Frankreich bekommen habe- insbesondere zur legendären „Breche du Roland“ am Cirque de Gavarnie. Aber ich glaube, den Weg überlasse ich doch lieber geübteren Bergwanderern: der Adrenalinstoß von gestern reicht mir… 

Das Refuge heute ist wieder grandios gelegen: Jetzt mit Blick auf die andere Seite des Pic du Midi, wieder mit See und wieder ohne Duschen – aber mit Bad (und Wäsche ) im See. Ich habe da eine Lösung mit Badeanzug gefunden … Dazu hatte ich heute wieder alle Zeit der Welt, da meine Etappen nur so 5 bis 6 Stunden dauern und ich deswegen heute wieder schön um 13.30 angekommen bin. Ich hätte gerne etwas längere Etappen gewählt, aber die Entfernung zwischen den Hütten ist eben so kurz. Das kommt vor allem Familien mit Kindern entgegen. Wie auch in den letzten Tagen besteht ein erheblicher Anteil der Hüttengäste aus jungen Familien – das hab ich auf meinem Alpenwanderungen ganz anders erlebt.

Kohabitation….

Auch ist es hier durchaus üblich, in der Nähe der Hütte zu zelten (um den See herum stehen heute sicher fast 100 Zelte) und abends zum Essen in die Hütte zu kommen – deshalb gibt es Abendessen in 2 Schichten: Zeit zum Essen: 60 Minuten. Ob das typisch französisch ist ??? Ach ja, natürlich immer noch kein Netz.. Ich befürchte, dass ich alle Bilder erst nach meiner Rückkehr nach Kelmis posten kann (ist das dann noch ein Blog oder eher schon ein Reisebericht ?). Aber zumindest die Texte werden zeitnah am gleichen Abend geschrieben…

4. Tag: Refuge Arremoulit – Refuge de Pombie (2032 m): 12 km – 800m+/1000m-

Pic du Midi d’Ossau

Donnerstag, 15. August 2019

Heute habe ich ein neues französisches Wort gelernt- und ich hätte gerne drauf verzichtet: „Passage“ kann man mit Klettersteig übersetzen…. Ich hatte mich gestern beim Hüttenwirt noch nach den Gehzeiten zum nächsten Refuge erkundigt und er hat mir – ohne eine zusätzliche Bemerkung zu machen – 5- 6 Stunden über die „Passage d’Orteig“ angegeben. Zunächst mal : die Zeiten waren korrekt… Nur dass ich mich auf einmal an einer ca. 200 m langen ausgesetzten Wand wiederfand mit Seilsicherung – aber nur ca. 10 cm Platz für die Füße. Ich hab mir dann gedacht, dass es ziemlich egal ist, ob es jetzt 50 oder wie hier eher 200 m vertikal nach unten geht. Ich hab dann Fuß neben Fuß gesetzt- immer vier Punkte sicher gehalten bevor ich einen gelöst habe, und den Schwerpunkt immer über die Füße gesetzt. Und so bin ich dann mit maximalem Adrenalin und nassgeschwitzt 200m weiter am Ende der Passage angekommen. Das brauch ich nicht nochmal. Und ich hab mich massig geärgert, dass ich das nicht habe kommen sehen.

Passage d'Orteig
Passage d’Orteig

Der Rest des Weges war schön und easy: zunächst 1000 m runter bis ins Tal zu der Straße Richtung Col du Pourtalet ,über die auch ein Jakobsweg nach Spanien führt. Und danach durch ein schönes Tal zunächst durch Buchenwälder, dann über Almwiesen zum Refuge de Pombie mit direktem Blick auf den Pic du Midi. Der See am Refuge war belagert von spanischen Tagesgästen, deren Lautstärke im Gespräch deutlich über der liegt, die ich einen ganzen Nachmittag lang für erträglich halte: ich war nämlich schon um 13.00 angekommen und hatte also massig Zeit, See und Ausblick zu genießen. Leider war es (heute ist der 15.8.- Maria Himmelfahrt) zu voll, um ein ruhiges Bad als Duschersatz zu nehmen: denn natürlich gibt es auch hier nur fließend kaltes Wasser ohne Sichtschutz…. . ( Ich habe mich dann trotzdem unter den roten Ohren der jungen Männer gewaschen…).

Sonnenuntergang am Refuge
Sonnenuntergang am Refuge de Pombie

Heute Nacht schlafe ich in den Sardinenbetten mit 7 jungen Kerls – Schulfreunden aus La Rochelle. Ich habe denen gesagt, sie sollten nicht so viel Wein trinken, damit das Schnarchen nicht so laut ausfällt…..

3. Tag- Refuge Migouelou – Refuge Arremoulit (2272 m): 10km: 600m+ / 600m-

Lac d‘Artouste

Mittwoch, 14.August 2019

Bei strahlendem Sonnenschein bin ich heute Morgen zu meiner coolen Halbtagesetappe aufgebrochen. Die Wege bestehen aus einem Schild, das die Richtung und ungefähre Wanderzeit angibt – und dann folgt man Fußspuren und ab und zu einem Steinmännchen. Die Wanderwege sind schon als solche ordentlich angelegt – nur sind sie manchmal,  so ganz ohne Wanderzeichen, nicht so ganz eindeutig zu finden: Bei gutem Wetter, Karte und GPS hatte ich bislang allerdings noch kein echtes Problem. Zunächst ging es 300m zum Col d‘ Artouste hoch, wo es mir gelungen ist, für einige Minuten Netz zu haben und mit meiner Mutter zu telefonieren und zwei SMS zu schreiben mit dem Inhalt, dass die moderne Kommunikation hier noch nicht angekommen ist… 

Le petit train d‘Artouste

Dann ging es durch eine phantastische Berglandschaft zum Endpunkt einer Schmalspurbahn auf 1900m, die zum Bau der Talsperre angelegt wurde und jetzt als Touristenbahn fungiert. Insofern liegt das kleine Refuge des französischen Alpenvereins nicht völlig aus der Welt. Tagsüber kommen viele Tagestouristen die 90- minütige Wanderung hoch, aber abends sind hier an dem kleinen Stausee nur noch die 30 bis 40 Übernachtungsgäste übrig. Aber – nach Angaben der Hüttenwirtin – ist es das einzige nicht renovierte Refuge des CAF. Kaltes Wasser und als Luxus etwas  lauwarmes aus sonngewärmtem Schlauch hinter dem Haus (ohne Sichtschutz), 50 m daneben Plumpsklo ( ihr erinnert euch an die französischen Autobahn – Toiletten ?) und ein Sardinenschlafsaal mit  Bettenbreite 60cm. Ich habe wieder den Bergsee vorgezogen…. Ach so, natürlich auch nicht genug Strom für unsere Smartphones- so wird sogar das Blogschreiben schwierig – vom Veröffentlichen gar nicht zu reden. Aber: der Blick hier am Refuge ist phantastisch ! 

Morgen ist der Weg etwas weiter : ich werde mich dem Pic du Midi von Süden her nähern uns dabei zunächst mal 1000m absteigen, um  bis auf 1300m ins Tal zu gelangen – das Refuge liegt wieder auf 2100 m!

2.Tag Arrens Marsous – Refuge Migouelou (2287m) : ca. 10 km, 1300 m +/300m-

über den Wolken – Réfuge de Migouelou

Dienstag, 13.August 2019

Heute morgen habe ich um 8.15 den regionalen Kleinbus nach Arrens -Marsous genommen: den muss man vorbestellen, um dann für 2€ mitfahren zu können. Um 8 km Straße bis zum Stausee zu sparen, bin ich getrampt und hatte das Glück, dass mich ein Ehepaar aus Paris bis zum Ausgangspunkt der Wanderung am Lac du Tech mitgenommen hat.

Ausgangspunkt der Wanderung am Lac du Tech

Nur – das Wetter lässt etwas zu wünschen übrig: Aufstieg von 1200 m im Nebel ! Die einzigen Bilder sind Blumen mit Regentropfen und schemenhaft erkennbare Bäume. Erst kurz vor dem Lac Pouey Laun auf 2300 m Höhe reißt der Himmel auf und die Fotomotive erscheinen. Klar. Das ist der Platz für die Mittagsrast ! Aber schon kurz vorher und vor allem auch danach habe ich das Problem , dass ich total k.o bin bin schon beim geringsten Anstieg. Ich kann mir das nur mit fehlender Akklimatistion aufgrund der Höhe vorstellen : 2500 m Höhe ohne Training sind schon ziemlich viel . Hoffentlich geht’s morgen besser. Ich bin dann nach dem See noch 200 Meter aufgestiegen und dann wieder 300 m runter zur Talsperre, an der das Refuge liegt. Und jetzt ein total fauler Restnachmittag in der Sonne an der Hütte.. Ich bin nur wegen meiner elektrischen Geräte etwas beunruhigt: Nur eine Steckdose in der Küche des Hüttenwirts – und sowohl der Fotoapparat wie auch das Smartphone könnten eine Energiespritze vertragen … wenn auch die Konsequenzen dieser Aktion gering sind, da es heute und wahrscheinlich in den Tagen überhaupt kein Netz geben wird. Wie Anno dazumal !!!!

auch Regen kann fotogen sein…

So hab ich mich dann auch am Ende des faulen Nachmittags gefühlt, den ich lesend in der Sonne auf der Terrasse des Refuge verbracht habe : da habe ich nach den Waschräumen gefragt (es sind immerhin 35 Leute auf der Hütte) . Und die Hüttenwirtin zeigte mir das (!) Waschbecken mit kaltem Wasser und die (!) Toilette – das alles mit der Bemerkung, ich sollte doch besser den See versuchen…. (hab ich gemacht – einschließlich Haare waschen – es hat doch schließlich nur zwei Tage geregnet ???? ).
So, morgen ist ein cooler Wandertag angesagt- der Nachmittag wird wahrscheinlich wieder zur freien Verfügung sein…

1.Tag: Reisetag nach Lourdes

Lourdes
Lourdes

Montag, 12.August 2019

Ich bin doch lernfähig ! Ich habe es geschafft, heute ohne Stress am richtigen (!) Flughafen in Charleroi zu sein. (Für die Nicht- Eingeweihten: vor 2 Jahren habe ich meinen Sommerurlaub in Schottland selbst gecancelt, indem ich statt nach Charleroi („Brüssel- Süd“) nach Brüssel Zaventem gefahren bin …). Aber heute ist alles richtig: den Parkplatz schnell gefunden, Flug zwar mit einstündiger Verspätung ( Ryanair ..) aber dafür dann reibungslose Weiterfahrt mit Bus und Zug nach Lourdes, so dass ich kurz vor 18.00 in meinem Airbnb bei Julien und Simon direkt am Bahnhof angekommen bin. Netter Empfang, schönes Zimmer – dann auf in den Ort.

Marienwallfahrtsorte sind nicht so mein Ding. Und ich wäre sicher nicht nach Lourdes gefahren, wenn das nicht direkt auf dem Weg zum Nationalpark der Pyrenäen läge – aber wenn ich schon in der Nähe bin… . Es ist natürlich nicht ganz fair, einen Ort nach dem Eindruck eines Abends zu beurteilen-  aber morgen geht’s halt weiter in die Berge. Wohin in Lourdes ? Die Auswahlmöglichkeiten sind da etwas begrenzt: also auf zum Sanctuaire ! Auf dem Weg dahin hatte man das Gefühl, dass die eine Hälfte der Häuser aus Andenkenläden besteht, die allesamt Anwärter auf den ersten Preis beim Wettbewerb „Kitsch as Kitsch can“ sein könnten. In der anderen Hälfte der Häuser befinden sich Hotels mit den so überaus originellen Namen wie „Vatican“ „Christ- Roi“ oder „La Croix“.   Ich war vor einigen Wochen in Taizé, so dass mir der Unterschied des Publikums besonders auffiel: Auch hier kamen die Besucher aus aller Herren Länder, vielleicht sogar noch mehr aus Afrika, Indien und Lateinamerika. Aber (für die Europäer kann ich das, denke ich, beurteilen): viele der  Pilger hier scheinen viel konservativer und traditioneller zu sein als in Taizé– was sich nicht nur an der gut besuchten traditionellen lateinischen Messe zeigt.  Und diese Architektur : als ob das Ancien Régime und der vorkonziliare französische Katholizismus noch mal seine ganze Macht zeigen wollten !  Auf einmal hab ich gemerkt, dass ich total angespannt bin und mich das Ambiente heftig stresst – der einzige für mich erträgliche Ort war die kleine, moderne Anbetungskapelle, in die ich mich dann für einige ruhige Minuten gesetzt habe.

Lichterprozession
Lichterprozession

Abendessen gab’s dann in einem kleinen afrikanischen Restaurant : wenn sich auch herausstellte, dass von der großen Speisekarte eigentlich nur ein Gericht erhältlich war-  Kochbananen, Hirse und Hühnchen: das war aber sehr lecker !  Zum Schluss wurde ich doch wieder etwas mit Lourdes versöhnt: wenn auch die Lichterprozession natürlich nur das Gefühl anspricht, hat mir dieses abendliche Mariengebet doch gut gefallen. Es ist mir sogar gelungen, an den jungen Männern mit Stoppelhaarschnitt und dem Schild ,Legio Mariae‘ halbwegs vorbeizugucken. Morgen früh geht’s in den Nationalpark – hoffentlich hängen die Wolken nicht zu tief….