Camino Portugues 2018, Tag 4 : Rates – Porte de Tamel (27 km)

Ermida de Nossa Sra. da Franqueira
an der Ermida de Nossa Sra. da Franqueira vor Barcelos

25. September 2018

Heute bin ich (und eigentlich fast alle in der Herberge) schon um 6 Uhr aufgestanden, um noch vor Sonnenaufgang um 6.45 loszulaufen. So waren die ersten 15 km sehr angenehm zu gehen über Feldwege zu einem netten Ort namens Barcelos. Aus dem stammen diese schwarzen Hähne aus Keramik mit den bunten Punkten – Wahrzeichen der Region.
Pilgerherbergen haben durchaus Vorteile: man kommt mit ganz vielen Leuten ins Gespräch – allerdings drehen sich die Gespräche (anders als in Taizé) meist  doch eher um die Planung des nächsten Tages – oder liegt es an mir, dass ich andere Themen nicht initiiere ?

Aufbruch vor der Morgendämmerung –
aus Sorge vor der zu erwartenden Hitze..

Nachteil der Herbergen: bei 20 Leuten im Schlafsaal war der Schnarchpegel, die dicke Luft und die Temperatur zusammen mit den Mücken so, dass ich gegen 1 Uhr die Reißleine gezogen habe und mich auf eine Isomatte in den Garten gelegt habe. Das war aber leider auch nur theoretisch besser – die Mücken waren jetzt viel aggressiver und der Lärmpegel wurde – ununterbrochen – durch kläffende Hunde aufrechterhalten…. Aber 3 Stunden Schlaf reichen doch, oder ?

Barcelos Templo do Senhor  Bom Jesus da Cruz
Barcelos – Templo do Senhor Bom Jesus da Cruz

Nach dem netten Barcelos ging es dann (ab 11.30) nur noch 9 km weiter bis nach Portela de Tamel. Auf dem Abschnitt waren es dann wieder 30 Grad – ohne Schatten und bergauf…. Dafür ist das Albergue wieder nett – die Leute natürlich auch, sind ja immer die gleichen…. .
Ich finde es gar nicht so einfach auf dieser Tour meine Gedanken auf Wanderschaft zu schicken… sehr viele Leute als Abwechslung, die Hitze, die kleinen Kirchen meist geschlossen, und Wege, die oft über Straßen mit Autoverkehr führen.
In der Herberge dann Gespräche mit den anderen und dann habe ich da noch was Interessantes zu lesen : Boris Cyrulnik, Rette dich, das Leben ruft. Der Autor, ein Psychiater, ist einer von denen, die das Konzept der Resilienz (also der psychischen Widerstandskraft gegenüber  traumatischen Erfahrungen) entwickelt hat. Und in diesem Buch nimmt er als Basis der Erläuterung seines Konzepts seine Kindheit als jüdischer Waise während und nach dem 2. Weltkrieg. Wahnsinnig interessant und gut geschreiben !
Morgen werde ich – wie auch heute – den Weg wieder etwas freier interpretieren, um die befahrenen Straßen mit Pflastersteinen bzw. Asphalt zu umgehen. Heute habe ich stattdessen einen Weg durch einen  Eukalyptuswald gefunden und morgen versuche ich, einen ähnlichen Weg zu wählen. Mal sehen ob’s klappt…

Camino Portugues 2018 Tag 3: Vila Cha -Rates (ca. 21 km)

Aquädukt Santa Clara in Vila do Conde

24. September 2018

Heute Morgen nach einem kleinen Frühstück mit leckerem Milchkaffee und Croissants habe ich zunächst den beschilderten Weg verlassen und bin die ersten 7 km bei ablaufendem Wasser direkt am Strand entlang gelaufen. Die Bohlenwege in den Dünen sind zwar auch ganz schön, aber die hatte ich schon gestern – abwechselnd mit Asphalt. Wenn ich die Küstenvariante weiter laufen würde, würden mich diese Bohlenwege (die sehen so aus wie die Stege im Hohen Venn) bis nach Spanien begleiten. Aber ich habe mich für den klassischen Weg durchs Landesinnere entschieden – in der Hoffnung auf mehr Abwechslung und hübsche kleine Orte. 
Aber zunächst mal bedeutet diese Variante Pflastertreten- und nach Beschreibung und digitaler Karte (gedruckte Wanderkarten habe ich nicht gefunden) über insgesamt 13 km bis Rates. Keine angenehme Perspektive. Insofern habe ich mir auf dem Smartphone einen alternativen Weg ausgeguckt, der zumindest einen Teil des Weges am Fluß entlang durch Obst- , Gemüse– und Weingärten geführt hat. Also zumindest keine Autos auf dem immer heißer werdenden Kopfsteinpflaster. Zum Schluss ging es auf diesem Weg sogar durch den Wald – aber bei senkrecht stehender Mittagssonne, ohne Wind bei mehr als 30 Grad war das nur ein schwacher Trost. So habe ich  um 14.00, von der Hitze völlig fertig, bereits nach 20 km in Rates Quartier gemacht. In dieser Pilgerherberge habe ich es wieder echt gut getroffen: sehr nette Leute, schöner schattiger Garten und kleine Geschäfte für die nötigsten Einkäufe. 
Morgen geh ich gaaaaaanz früh los… der Wetterbericht ist nämlich dem heutigen sehr ähnlich!

Camino Portugues 2018- Tag 2: Porto – Vila Cha (ca. 24 km)

Der Leuchtturm von Felgueiras an der Mündung des Rio Douro

 23. September 2018

Das Nachtleben in Porto scheint ziemlich intensiv zu sein – wenn man den Lärmpegel und die Berge an leeren Getränkebechern auf den Straßen als Indiz nimmt… Nach so intensiven Nächten ist es dann natürlich klar, dass um 7.30 noch kein Café zum Frühstücken geöffnet hat. Also ohne Frühstück los…  Zunächst den Rio Douro entlang und dann mit einer regulären (!) hundert Jahre alten Straßenbahn 3 km bis zur Mündung des Flusses. In der Bahn gibt man noch Gas durch  das Drehen einer Kurbel ! Übrigens klappte es nicht ganz bis zur Endstation – ein Auto parkte auf den Schienen  und verhinderte so sehr effizient unsere Weiterfahrt. 

Rio Douro
Rio Douro

Der Weg ist nichts für Misanthropen: erstens sind heute am Sonntag sowieso alle Portugiesen auf der Strandpromenade unterwegs. Und dazu kommen noch die unzähligen, vor allem deutschen Jakobspilger…. Und ich dachte, es wäre Nebensaison…
Schon an der Haltestelle der „Electrica“ habe ich Anja aus Stuttgart getroffen und wir sind den Tag über zusammen gewandert. Total nett, gleiches Gehtempo – eigentlich ideal. Nur wollte sie schon so früh aufhören, dass ich auf diese Weise (hochgerechnet) erst nach Abflug meines Flugzeugs in Santiago ankommen würde. Ich bin also noch 6- 7 km weiter und um 15 Uhr in einer kleinen Herberge in Vila Cha untergekommen . Kurzweiliger ist es, zu zweit zu laufen – aber intensiver genieße ich den Weg, wenn ich alleine bin – auch weil die Gedanken dann besser wandern können…. 

albergue in Vila Vha
Albergue in Vila Cha


Heute Nacht schlafen hier mit mir noch Engländer, Italiener, Litauer, Tschechen,  Südafrikaner und mehrere Deutsche – Mal sehen, was das für Gespräche gibt…. Zum Essen gehe ich mit den Südafrikanern aus Pretoria.

Camino Portugues 2018 -Tag 1: Flug nach Porto

Ponte Luís I von Gustave Eiffel

22. September 2018

Ich will mich nicht hetzen !!! Kein Stress ! Deswegen bin ich – für mich völlig ungewöhnlich – einen Zug früher, also schon um 10.00 gefahren, um sicher pünktlich in Brüssel am Flughafen anzukommen. War auch ziemlich sinnvoll, da ich bei Bauarbeiten in Löwen das Gleis nicht gefunden habe und so einen Zug später nehmen musste…

Karmeliterkirche in Porto
Karmeliterkirche in Porto

Auf jeden Fall bin ich gut in Porto angekommen, mit der Straßenbahn in die Stadt gefahren- durch nicht enden wollende Vororte, Industriegebiete und Gewerbeparks. Dann  direkt zum Hostel, das ich mir mit Booking ziemlich zentral gebucht hatte. Die erste Nacht wollte ich vorher wissen, wo ich schlafe. Um 17.00 war ich dann startklar zu Entdeckungsreisen…..
Die alten Häuser hier sind oft mit glasierten Kacheln geschmückt,  ebenso der Bahnhof im Jugendstil. Auch die Karmeliterkirche hat außen diesen Schmuck, so dass ich sie von innen sehen wollte:  Prunkbarock- passend zu unbeschuhten Karmelitern… .Gerade in dem Moment, als ich reingekommen bin fing die Messe an …Ich hab’s dann als Omen gedeutet und bin geblieben. Ich kann Französisch, Latein, etwas Spanisch…. aber wenn ich auch beim Lesen auf portugiesisch grob verstehe worum es geht – beim Hören geht gar nichts : das ist eine Sprache, die nur aus unterschiedlichen Zischlauten besteht –  sehr gewöhnungsbedürftig! Ich muss morgen mal nachlesen was ich heute gehört habe.

Blick vom Domplatz in Porto über die Stadt
Blick vom Domplatz über die Stadt

Porto ist richtig fotogen- und das hat sich offensichtlich rumgesprochen : – ich bin wirklich nicht alleine hier. Beim Abendeseen bin ich dann außerdem noch voll in die Tourifalle getappt – passiert mir sonst nicht. Das hat schon was mit fehlenden Sprachkenntnissen zu tun.
Mal sehen, wie das morgen auf dem Jakobsweg aussieht…

🚶September 2018: Camino Portugues

Pilgern auf dem Jakobsweg?
Ich war mehr als skeptisch…
wegen Überfüllung geschlossen?
langweiliger Weg?
Also habe ich es zum Einstieg mit dem kürzesten, nur knapp 14 -tägigen portugiesischen Weg versucht:
ja, es war sehr viel los – aber man kann immer Ausweichrouten finden
und es gibt ihn wirklich – den besonderern „Esprit“ des Jakobswegs,
der das Pilgern so besonders macht !

Den Blog schreibe ich meist während der Tour : abends, wenn ich aufs Essen warte, vor dem Einschlafen oder nachmittags auf der Hütte. Blogs gibt’s also meist dann, wenn ich solo unterwegs bin. Manchmal ist das Netz so schlecht, dass ich den Blogtext nur in Word schreiben kann und auf einen der nächsten Abende mit besserem Internet warte – manchmal schaffe ich es aber sogar, die Bilder auch schon zeitnah hochzuladen. Auf jeden Fall liefert der Blog die aktuellsten Impressionen- es ist eben das Reisetagebuch

Die Powerpoint erstelle ich später zu Hause: da suche ich die Hintergrundinfos zu den besuchten Orten heraus, erkläre Zusammenhänge und Details und stelle meine Fotos zusammen. Die Quelle zu den Texten bilden dabei Bücher, Wikipedia, Infos der Touristenbüros aber auch andere Internetseiten. Vor allem aber versuche ich mit etwas Animation die Bilderfolge interessanter zu gestalten

Die Diashow ist im Pinzip die abgespeckte Variante der Powerpoint. Vor allem gedacht für einen kurzen Überblick. Auch wenn ihr den Download der Powerpoint scheut oder keinen Viewer habt, kommt dieser Weg infrage

Karte und Track des Pilgerweges

... mehr Infos zu Wegbeschaffenheit und Höhenprofil?

Rheinsteig Tag 17: Schlangenbad – Wiesbaden -Biebrich (ca.22 km)

4. November 2018

Das Wetter heute beschreibt man am besten mit ‚Hochnebel‘- das sieht schon eher nach November aus, allerdings sind die Temperaturen nicht unangenehm: ein Pullover reicht aus.

am Gebück

Der Weg geht langsam Richtung Rhein – vor allem begab: wiederum durch Wälder, Weinberge – und führt dann an einer Grenzbefestigung entlang mit Namen ,,Gebück“: das war im Mittelalter eine dichte Hecke (Buchen, Dornen…), die die Außengrenze der Stadt befestigte. So etwas gibt es auch in Aachen – da heißt das „ Landwehrring“.

in den WEinbergen und Obstgärten

Die Weinberge und Obstgärten gehen hier übrigens bis an die Grenzen der Vororte – kaum Brachland, wie man es sonst am Eingang der Städte oft sieht: gibt es hier weniger Spekulation? Haben die Leute mehr Interesse als anderswo, ihre kleinen Gärten zu bewirtschaften?
Schon bald bin ich wieder am Rhein – die letzten Kilometer führen am Wasser entlang bis Schloss Biebrich, dann durch den Schlosspark und mit Zug und Fähre über Rüdesheim zurück nach Bingen.

Schloss Biebrich in Wiesbaden – Endpunkt des Rheinsteigs

Insgesamt waren das etwa 320 km tolle Wanderung. Eine super Streckenführung- oft über kleine Pfade und Wege – immer wieder mit phantastischen Ausblicken. Und als Sahnehäubchen die geniale Verkehrsanbindung – man kann jeweils ohne Problem mit dem Zug zum Ausgangspunkt zurückgelangen.
Ich wandere auch gerne in Italien, in Frankreich, in Spanien …… aber ich muss immer wieder sagen: Deutschland ist schön !

Rheinsteig Tag 16: Oestrich Winkel – Schlangenbad (26 km)

3. November 2018 

Zunächst mal ein ausgiebiges Frühstück mit Rheinblick und dann ging es los: bei strahlendem Sonnenschein und ohne Pullover zunächst am Rhein entlang und dann durch Weinberge und Laub- Mischwälder durch eine sanfte Hügellandschaft. Ich hatte nach der Karte erwartet, dass sich der Rheinsteig in diesen Tagen weiter vom Rhein entfernt und deswegen sogar überlegt, ob es sich lohnen würde, die letzten Tage bis Wiesbaden überhaupt zu wandern. Aber dieser Teil gehört definitiv doch dazu: ganz häufig kann man über die Hügel den Rhein sehen und der Weg durch die Weinberge ist zu dieser Jahreszeit überhaupt nicht langweilig: In allen Farben leuchtet das Weinlaub – vor allem wenn, wie heute, auch noch der blaue Himmel dazukommt….

Kloster Eberbach

Schon bald bin ich im (ehemaligen) Koster Eberbach, das vor Jahren die Kulisse zu dem Film „Der Name der Rose“ abgegeben hat.  Eine mittelalterliche Klosteranlage wie aus dem Bilderbuch… ein Kapitelsaal, der Kreuzgang …. Kein Wunder, dass ich erst nach 13.00 weitergekommen bin.Die Kapellen auf dem Weg sind geöffnet- keine Angst vor Vandalismus?  – auf dem Jakobsweg war das mit den offenen Türen meist anders…Nach einem herrlichen Weg komme ich nach Kiedrich mit einer komplett erhaltenen (und nicht barock umgewandelten) kleinen gotischen Kirche.

Kloster Eberbach

Leider kann man hier nur durch das mir aus Portugal und Spanien so wohl bekannte Gitter gucken – ich versuche dennoch einige Fotos. Dann komme ich im Kirchenvorraum mit einem älteren Mann ins Gespräch, der erzählt, dass er – als ehemaliger Kameramann beim ZDF- die Kirche filmen soll und gleich eine Führung dazu bekomme … ob ich mitkommen wolle?  Ich habe mich wahnsinnig geärgert, dass es schon 3 Uhr war und ich noch etwa 10 km bis zu meinem Hotel in Schlangenbad hatte  (ab  6 ist es stockfinster und der Weg geht durch den Wald…). Also leider keine Besichtigung…Schlangenbad ist ein total verschlafener Kurort mit dem Charme von anno dazumal. Das Beste war das Essen – der Koch hatte im Elsass gelernt und der Flammenkuchen schmeckte original französisch– elsässisch. Das Lokal war so voll, dass ich zu anderen Leuten an den Tisch gesetzt wurde: die stellten sich auch als Wanderer des Rheinsteiges heraus und kamen darüber hinaus noch aus Gelsenkirchen – Gesprächsthemen gerettet…. Heute ist bei dem phantastischen Herbstwetter die Kamera heiß gelaufen – deswegen diese Bilderflut…

Rheinsteig Tag 15: Rüdesheim – Oestrich Winkel (20 km)

2. November 2018

Es hat lange gedauert, bis ich Zeit für die letzten Etappen des Rheinsteigs gefunden habe. Denn die Anreise ist inzwischen so weit, dass ich jetzt den Rest (ca.60 km) an einem Stück gehen möchte. Natürlich bin ich mal wieder zu spät los, habe dann 2, 5 Stunden bis Bingen gebraucht, keinen Parkplatz gefunden und auf die Fähre nach Rüdesheim gewartet: Im Ergebnis bin ich erst um 2 Uhr los…. . Heute ist hervorragendes Wanderwetter – zwar keine Sonne aber ganz mild – ungewöhnlich für Anfang November.

Hildegardisschrein in Eibingen

Trotz der fortgeschrittenen Zeit für die Wanderung wollte ich trotzdem nicht über den Rheinsteig rennen und mir Zeit zum Besichtigen nehmen. Da war zunächst die Pfarrkirche in Eibingen mit dem Hildegardisschrein (mit den Reliquien von Hildegard von Bingen) – auf den Ruinen des 1803 aufgehobenen und später abgebrannen Klosters erbaut. Das sieht schon etwas strange aus: eine Architektur der 30 er Jahre und darin ein goldener Reliquienschrein auf der Altarempore und eingewickelte Knochen (deutlich als Oberarme erkenntlich) unter Glas in einer Vitrine im Seitenschiff….

Franziskusgarten in Marienthal

Nach wenigen Kilometern bin ich dann nach Marienthal gekommen: dort ist – ähnlich wie es hier in Moresnet war – ein Marienwallfahrtsort mit Franziskanerkloster. Im weiteren noch ein total fotogenes Schloss (Schloss Vollrads) in der Dämmerung. Da muss man echt aufpassen: Die Sonne geht schon um 17.00 unter und um 18.00 ist es stockfinster!

Zum Nachmittag hin habe ich dann über Booking ein kleines Hotel in Oesrtich -Winkel am Rhein gebucht und – falsche Reihenfolge – -dann erst meine Freunde Peter und Nadya auf der anderen Rheinseite angerufen, um mit ihnen ein Treffen zum Abendessen auszumachen. Leider fuhr die letzte Fähre aber schon um 21.00, so dass Peter mich über Wiesbaden , also ca. 1 Stunde Fahrt – wieder zum Hotel bringen musste. Wär‘ schon einfacher gewesen, wenn ich bei denen übernachtet hätte …. So hat Peter ein großes Bier bei mir gut….

Rheinsteig Tag 14: Assmannshausen – Rüdesheim (ca.15 km)

Kloster St Odilienberg – Kloster in der Nachfolge Hildgard von Bingens

30. März 2018

Heute Morgen – Karfreitag – breche ich zu meiner zunächst letzten Etappe auf dem Rheinsteig auf. Wieder zeigt sich das Wetter deutlich besser als der Wetterbericht. Kalt, aber nur wenige Wolken… .

Blick zurück auf Assmannshausen

Zunächst geht’s durch den Wald langsam hoch Richtung Jagdschloss Niederwald. Das wurde Ende des 18. Jahrhunderts zusammen mit einem durchkomponierten Landschaftspark als romantische Wildnis angelegt: mit einer Zauberhöhle, einer nachgebauten Burgruine mit Blick auf die Lahnmündung und den Mäuseturm bei Bingen, einem römischen Tempel u.s.w. – Phantasialand lässt grüßen… .
Aber die meisten Leute – und heute treffe ich viele davon (wohl auch, weil zwei Seilbahnen den mühseligen Aufstieg von gut 200 Höhenmetern etwas vereinfachen..) – sind auf dem Weg zum Niederwalddenkmal. Im ersten Moment denke ich: uff, dass das bisher keiner gesprengt hat! Zu sehen sind Germania, die Wacht am Rhein, heldenhafte bayrische und preußische Truppen in wehrhafter Standhaftigkeit geeint gegenüber dem Feind, der Erzengel Michael, das Schwert schwingend….. und in der Mitte Kaiser Wilhelm, als großer Kaiser des Deutschen Volkes (alles großgeschrieben – vielleicht hätte ich Majuskeln wählen sollen?).

Niederwalddenkmal

Aber so einfach ist das mal wieder nicht. Die erklärenden Tafeln beschreiben, dass der Text der „Wacht am Rhein“ auf dem Denkmal entschärft war: nicht gegen die „Welschen“, sondern gegen einen allgemeinen Feind sollte sich das geeinte Deutschland wehren. Und Germania (so ähnlich zu sehen wie die „Marianne“ in Frankreich oder „Victoria“ in England) blickt nach Osten – auf ihr eigenes Land und also nicht feindselig nach Westen…. also eher ein Aufruf zur inneren Einheit als zum Krieg …. Von da aus wandere ich noch die letzten Kilometer zum Kloster Sankt Odilienberg (ein Kloster, dass von Hildegard von Bingen gegründet wurde ,wie so viele andere auch in dieser Gegend). Der Bau entstand allerdings zu Beginn des 20. Jahrhunderts – und die Ausmalung erinnert an Jugendstil und Odilon Redon. Ungewöhnlich. Leider ist außer der Kirche dort heute alles geschlossen – schade.

Jugenstil im Kloster Sankt Odilienberg

So gehe ich nach kurzer Zeit nach Rüdesheim weiter, werfe einen Blick in die Drosselgasse (ich glaube, ich habe nichts verpasst, mich dort nicht länger aufgehalten zu haben) und dann mit dem Zug zurück nach Lahnstein. Auch heute wieder nur sehr wenige Fernwanderer (insgesamt vielleicht sechs oder sieben im Laufe der letzten Tage), etwas mehr Tageswanderer und vor allem heute am Feiertag viele Spaziergänger. Ich finde die Jahreszeit für den Rheinsteig eigentlich hervorragend- aber trotz der Osterferien haben die meisten anderen das offensichtlich noch nicht bemerkt. Nach Rüdesheim gehen die nächsten Etappen über 60 km durch den Taunus und dann führt der Weg nur noch einmal ganz kurz in Wiesbaden zum Rhein zurück. An sich ist der eigentliche „Rheinsteig“ also hier zu Ende. Ich weiß deswegen auch noch nicht, ob ich den nächsten Abschnitt noch laufen werde. Wenn nicht – bis dahin war es ein unglaublich schöner Weg- absolut empfehlenswert – mit und ohne Hund.

Rheinsteig Tag 13: Kaub- Assmannshausen (ca. 25 km)

Burg Pfalzgrafenstein
Burg Pfalzgrafenstein

28.März 2017

Heute Morgen scheint die Sonne! Gutes Frühstück in der JH, dann nehme ich zunächst eine kleine Abkürzung: ich schenke mir 3 km Weg an alten Bergwerken vorbei und steige langsam am Hang hoch zum Rheinsteig. Der Vorteil – dauernd geniale Blicke – vor allem auf die Rheininsel mit der Pfalzgrafenburg (gefühlte 1000 Photos, die ich nachher erstmal zum größten Teil löschen muss). Der Weg heute ist weitaus einfacher als gestern – fast nur Forstwege und kleine Fahrstraßen durch die Weinberge. Nur zweimal etwas steilere, steinige Passagen und immer mehr als hervorragend mit Stahlseilen gesichert. Aber ich bin nicht so böse über den leichteren Weg: eigentlich sollten es 28 km werden – warum mein Navi am Ende 25 zählt, weiß ich nicht – wird aber schon stimmen.

Freistaat Flachenhals
Freistaat Flaschenhals
Freistaat Flaschenhals
Freistaat Flachenhals bei Lorch

nach dem 1. Wk bis 1923 hatten die Siegermächte neben der linksrheinischen Besatzung noch zusätzlich rechtsrheinische Brückenköpfe (in Köln, Koblenz, Mainz). Das dazwischenliegende Gebiet gehörte zwar offiziell zum Deutschen Reich, war aber faktisch von allen Verkehrsverbindungen abgeschnitten und auf Schmuggel angewiesen: „Freistaat Flaschenhals“

Für mich ist die Länge der Etappen ganz okay: ich bin immer so ca. 7 Stunden unterwegs, 6 Stunden Gehzeit – einschließlich Pausen so 3.5 km/ Stunde. Aber in jedem Hotel oder auch in der JH heißt es, dass das „unheimlich viel“ sei, und ich ja „nur so über den Weg hetzen würde ohne was zu sehen“. Kann ich nicht nachvollziehen: ich habe immer Zeit zu gucken, in eine Kirche reinzugehen, ein Schild mit Erklärungen zu lesen… vor allem mit Mira waren Museen allerdings per se tabu ….

Bacharach
Bacharach

Heute auf dem Weg denke ich noch mal über ein Gespräch von gestern mit Nadya nach: sie arbeitet in der Familienberatung der Caritas und beschreibt, dass viele, die zu ihr zur Beratung kommen, unzufrieden und überfordert seien: die Kinder machen Probleme, Scheidung, gesundheitliche Schwierigkeiten, Jobverlust… . Aber ist es denn wirklich nur ein gelungenes Leben, wenn alles so wie in den amerikanischen Soap- Operas wie am Schnürchen läuft, passt und gelingt? Ist es nicht vielmehr ganz normal, dauernd zu kämpfen und mit tausend Schwierigkeiten konfrontiert zu werden? Und ist es nicht eher ein gelungenes Leben, wenn wir es schaffen, diese Schwierigkeiten einigermaßen respektierlich – und vielleicht sogar mit einer Prise Gottvertrauen – zu meistern? Nadya erzählte mir von einer Übung, eine Murmel in eine Hosentasche zu stecken und diese bei jedem  positiven Gedanken oder schönen Moment im Laufe des Tage in die andere Hosentasche wechseln zu lassen. Man würde sich wundern, wie oft an einem normalen Tag die Kugel die Seite wechsele….

Assmannhausen
Assmannhausen

In Assmannshausen habe ich ein kleines einfaches Hotel genommen, das ich heute Morgen telefonisch vorbestellt hatte (ich habe einfach keine Lust mehr, abends zu zittern, ob ich noch ein Zimmer kriege). Ich gucke zunächst auf Booking nach den Preisen und rufe dann persönlich an, damit die Leute die Provision nicht zu zahlen brauchen. Scheint mir fairer. Mein Problem: es gibt im Ort meist auch Privatzimmer, die ich gerne nehmen würde- nur finde ich die in keiner Liste. Echt doof.

Heute ist Gründonnerstag. An sich wäre ich gerne in die Messe gegangen, aber hier im Ort gibt es keine mehr und ohne Auto komme ich nicht die 10 km nach Geisenheim. So ist das eben jetzt. Morgen werde ich dann über das Niederwalddenkmal nach Rüdesheim wandern und dann zurück nach Kelmis fahren.