🚴 Fronleichnam 2025 – Tag 3: mit dem Rad von Aachen nach Trier

von Kyllburg nach Trier, 60 km

Sonntag, 22.Juni 2025

Ich möchte im Laufe des Vormittags in Trier sein, um wenigstens etwas Zeit in der Stadt zu haben und nicht sofort zum Bahnhof hetzen zu müssen. Denn wir kennen ja die Bahn …. Eigentlich ist es von Aachen aus nicht sehr weit nach Trier. Schlappe 125 km Luftlinie, mit dem Rad waren es  – zur Vermeidung der Höhenmeter – 230 km . Aber die Deutsche Bahn… Seit der Flut 2021 ist die Eifelstrecke von Trier nach Köln gesperrt. Das bedeutet,  dass  ich über Koblenz und Köln nach Aachen reise – mit 2 Umstiegen, macht 350 km und 4,5 Stunden. Das Auto braucht weniger als die Hälfte der Zeit.

Blick zurück auf Kyllburg

Also bin ich richtig früh, so um 6.30, aufgestanden und schon kurz nach 7 Uhr vor dem Frühstück losgefahren. Flussradweg ….. Zunächst gab es einen knackigen Anstieg über ca. 2 km, der mich zum Schieben gezwungen hat. Bin ich müde von den letzten anstrengenden Tagen, bin ich völlig außer Form oder ist der Weg einfach schwierig ? Oder brauch ich Frühstück ? Das gibt’s dann mit den Resten aus meiner Picknickdose so gegen 8.30. Heute ist Sonntag, alles zu, und Bäckereien gibt’s hier am Ende der Welt sowieso nicht.

Insgesamt sind die ersten 20 km heute eher fordernd – es gibt immer wieder kräftige Anstiege, auch wenn es im Endeffekt natürlich bergab Richtung  Mosel geht.

Glücklicherweise kann man  die Umleitungen, die noch alle seit der großen Flut ausgeschildert  sind, inzwischen meist  ignorieren. Das spart Höhenmeter. Nette Radler haben diese Info der Dame an der Rezeption des Campings in Kyllburg weitergegeben. Und damit mir. Vielen Dank.

Überall  sieht man noch Folgen und Wiederaufbau nach der Flut: teilweise muss die ganze Bahntrasse erneuert und müssen ganz neue Dämme gebaut werden !

Landschaftlich ist das Kylltal wirklich ein Genuss:  Wälder, enge Klippen, weite Wiesentäler – einfach  genial! Zum Schluss dann noch die Mosel entlang – und ich bin um 11.00 in Trier.

der Hauptmarkt in Trier

Kurz in den Dom, ein Blick auf die Porta Nigra und zur Messe in die Liebfrauenkirche. Dann das „end of the tour“ Eis: Joghurtbecher mit frischen Erdbeeren  und um 13.30 zunächst unproblematisch bis Koblenz. Aber dann !!!  Eine defekte Oberleitung bei Remagen bewirkt, dass kein Zug mehr fährt. Rechtsrheinisch ist sowieso wegen Bauarbeiten gesperrt.

Nadlöhr Bahnhof Koblenz

Schienenersatzverkehr kommt mit Fahrrad nicht infrage.
Da habe ich – in all dem Chaos auf dem Bahnsteig – eine höchst ungewöhnliche Begegnung (der dritten Art…?): Irene, die ich vor einigen Wochen in der Türkei kennengelernt habe und mit der ich einen Teil der Tour gewandert bin, läuft kurz vor mir mit ihrem Fahrrad über den Bahnsteig und redet auf den Schaffner ein, um für sich einen Fahrradplatz im ICE zu klären (sie hat es geschafft…). Erstaunen, dicke Umarmung und leider nur kurzes Gespräch, da der ICE gleich wieder fahren soll. Aber das heißt doch, dass wir und noch mal treffen müssen !!
Ich brauche für mich selbst einen Platz im Nahverkehrszug – und das ist mindestens genau so schwierig! Nach weit mehr als einer zusätzlichen Stunde Wartezeit bin ich mit Glück und viel Ellenbogen  nach insgesamt 4 Stunden auf dem Bahnsteig im Zug gelandet.3 Stunden später war ich in Aachen. So, jetzt geh ich um 23.00 nach 10 Stunden Fahrt ins Bett. Wie gesagt: Luftlinie 125 km….


🚴 Fronleichnam 2025 – Tag 2: mit dem Rad von Aachen nach Trier

von Bütgenbach nach Kyllburg, 90 km

Samstag, 21.Juni 2025

Es ist wieder ein strahlender Sommertag, die Vögel singen und so habe ich überhaupt keine Probleme, mich aus dem Zelt zu schälen und bin schon vor 8.00  auf der Bahntrasse nach Westen unterwegs.  Zunächst ist Stopp in Büllingen zum Frühstück in einer kleinen Bäckerei.

Vennquerbahn – nahe Losheim/ Grenze

Dann steigt die Bahntrasse bis zum höhstgelegenen belgischen Haltepunkt nahe Honsfeld an und überquert die Grenze bei Losheim.  In Rekordzeit wurde die Bahn ab 1904 geplant und dann  1909-1912 gebaut: zweigleisig,  mit nur geringen Steigungen und kilometerlangen Bahnsteigen. Perfekt zum Truppenaufmarsch geeignet. Bis in die  50er des 20. Jhs wurde die Strecke gut genutzt. Dann fielen die Fahrgastzahlen und der politische Wille ließ nach : zB  gab es Personenzüge auf belgischer Seite Mo, Mi und Fr und in Deutschland bis Grenze  Di und Do …..  . Auch die verbliebene Güterstrecke wurde 2003 endgültig stillgelegt – obwohl sie erst 15 Jahre zuvor auf Wunsch der NATO für Transporte zum Truppenübungsplatz Elsenborn aufwendig saniert worden war. Mich freut’s – so habe ich einen einfach zu fahrenden Weg durch die sonst arg hügelige Gegend…

Am Stausee Kronenburg gibt es eine öffentliche Badestelle: es ist schon heiß – also nichts wie ins Wasser!  Dann kämpfe ich mich die 100 Höhenmeter zum kleinen pittoresken mittelalterlichen Dorf Kronenburg hoch und bin erst um 10.30 wieder zurück auf der Bahntrasse.

Immer bergab – ich  komme auf mehr als 25 km/h ! In Jünkerath frische ich den Proviant im Lidl  mit Erdbeeren,  Brot und Käse auf und folge ab jetzt dem Kyllradweg nach Gerolstein: d.h., dass es auf Wirtschaftswegen immer kurz kräftig bergauf und wieder bergab geht.

Bolsdorf: Bauernhofeis zum Sebstbezahlen

Ich komme nach Bolsdorf. Das kenn ich doch! Ja, auf dem Eifelsteig bin ich an dem alten Backhaus vorbeigekommen. Heute werden dort „Bauernhofeis“ und andere Köstlichkeiten verkauft. Das Geld soll man einfach in die Kasse legen oder per Paypal zahlen. Das Eis schmeckt super zu meinen Erdbeeren  … Dann geht’s weiter zunächst noch in stetem Auf und Ab: erst nach  Gerolstein wird es flacher.

Kyllburg ist ein gutes Etappenziel: 90 km sind genug und es gibt einen netten kleinen familiären  Campingplatz direkt an der Kyll. Er ist ausgebucht aber für  Fahrradfahrer ist immer Platz. Ich bade in der Kyll, fotografiere höchst attraktive blaue Libellen- und muss feststellen, dass das Ladegerät für die Kamera zu Hause liegt. Mist! Nach Pizza im Dorf (und Eifeler Landbier vom Fass beim Warten aufs Essen) bin ich danach schachmatt.  Morgen geht’s nach Trier!

🚴 Fronleichnam 2025 – Tag 1: mit dem Rad von Aachen nach Trier

Freitag, 20.Juni 2025

Ich wollte  an diesem  langen WE  eigentlich die Entdeckungsreise durch Belgien fortsetzen, bei der  ich  2023 bis in die  Nähe  der französischen Grenze  gekommen bin.

“ und dann muss man ja auch noch Zeit haben , einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen“

Aber …. Ich habe am  Freitag keinen Wecker gestellt (wäre ja auch eine Zumutung an einem freien Tag… ) – und habe prompt so verschlafen,  dass ich erst am Nachmittag in Thuin angekommen wäre.

So habe ich kurzentschossen meine Sachen gepackt und den Vennbahnradweg gewählt. Mit Auto und Rad zur Praxis und dann geht’s los. Der schwierigste Part heute war, den Einstieg in den Weg  zu finden (er ist in der Nähe der Montessori– Schule): danach war es ausreichend, den Schildern zu folgen. Ich bin den Vennbahnradweg ja schon einmal gefahren, aber ich  konnte mich nicht mehr daran erinnern,  dass es bis Monschau quasi ununterbrochen bergauf geht. Jetzt weiß ich es wieder…

Bahnhof in Raeren

Es ist heiß heute und auf dem Weg kommt mir die Idee, dass ein Bad im Bütgenbacher See heute  einfach perfekt wäre. Und der Campingplatz in Worriken direkt am See ist mit 80 km Entfernung  ebenfalls ideal.

Abends beim Abendessen im Restaurant des Campings bei einem leckeren Burger mit Hoegaarden vom Fass entdecke ich, dass die Bahntrasse in Bütgenbach zur Vennquerbahn gehört und nach Jünkerath führt. Und von da aus läuft der Kyllradweg nach Trier. Die Entfernungen passen auch – und somit habe ich meine Strecke für das WE gefunden !

Leider ist die direkte Bahnstrecke Köln- Trier seit dem Hochwasser 2021 außer Betrieb und ich habe gelesen, dass die Teile des Kyllradweges, die direkt am Wasser verlaufen auch noch nicht wieder befahrbar sind. Und Bahntrassen sind schon normalerweise viel weniger anstrengend als Flussradwege, die teilweis auch auf halber Höhe mit viel Steigungen ausgeschildert sind… Aber ich war zuletzt 2013 in Trier,  und da wäre es ja doch mal wieder Zeit ….

🚴 Fronleichnam 2025: mit dem Rad von Aachen nach Trier

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… zunächst über den Vennbahnradweg, dann über die Vennquerbahn und zuletzt durchs Kylltal zur Mosel nach Trier

was tun,
wenn man drei freie Tage hat ?
Ich habe sie genutzt, um erneut (nach 2013 )
mit dem Rad von Aachen nach Trier zu fahren.
Bei warmem Sommerwetter ging es durch eine ruhige Eifellandschaft
über Bahn- und Flussradwege mit Badespots
und schönen Campingplätzen.
Nur die Rückfahrt mit der DB war weniger erquicklich ….

Den Blog schreibe ich meist während der Tour : abends, wenn ich aufs Essen warte, vor dem Einschlafen oder nachmittags auf der Hütte. Blogs gibt’s also meist dann, wenn ich solo unterwegs bin. Manchmal ist das Netz so schlecht, dass ich den Blogtext nur in Word schreiben kann und auf einen der nächsten Abende mit besserem Internet warte – manchmal schaffe ich es aber sogar, die Bilder auch schon zeitnah hochzuladen. Auf jeden Fall liefert der Blog die aktuellsten Impressionen- es ist eben das Reisetagebuch

Die Powerpoint erstelle ich zu Hause nach der Tour: da suche ich die Hintergrundinfos zu den besuchten Orten heraus, erkläreZusammenhänge und Details und stelle meine Fotos zusammen. Die Quelle zu den Texten bilden dabei Bücher, Wikipedia, Infos der Touristenbüros aber auch andere Internetseiten. Vor allem aber versuche ich mit etwas Animation die Bilderfolge interessanter zu gestalten

Die Diashow ist im Pinzip die abgespeckte Variante der Powerpoint. Vor allem gedacht für einen kurzen Überblick. Auch wenn ihr den Download der Powerpoint scheut oder keinen Viewer habt, kommt dieser Weg infrage.

Karte und Track der Wanderung

Tag 8: Steinheim bei Hanau – Großwinterwinternheim (85 km)

Skyline Frankfurt
Skyline Frankfurt

Donnerstag, 9. Juli 2020

Kein Regen (und nur mäßiger Gegenwind)!

Fischreiher am Main

 Gegen 8.00 verlasse ich das sehr angenehme Zimmer in Steinheim: das ist eins von diesen modernen Fremdenzimmern, bei denen man eine Mehrzimmerwohnung umgebaut hat und an Tagesgäste vermietet. Der Zugang erfolgt mit Code, es gibt Küche und Gemeinschaftsbad, bei Problemen ist der Vermieter per Handy erreichbar. Schwierig für mich ist nur, dass auf diese Weise jede Art der Kommunikation ausfällt … .

Auf dem Weg dann Frühstück in einer Bäckerei:  das ist, da die Frühstücksbuffets Corona- bedingt abgeschafft sind, immer eine gute Alternative.

Grafittis am alten Mainhafen
Grafittis am alten Mainhafen

 Ich hatte befürchtet, dass der Weg an Frankfurt vorbei durch das Maintal zugebaut und hässlich sei – das ist zumindest im Osten der Metropole nicht der Fall: der Weg führt durch Wiesen, am Fluss entlang, sehr romantisch. Und plötzlich: die Skyline der Wolkenkratzer von Frankfurt. Beeindruckend. Wenn man näherkommt, kann man erkennen, dass die Stadt auch im Mittelalter erhebliche Bedeutung hatte: aber die an sich mächtigen Kirchtürme erscheinen winzig neben den Zeichen moderner Machtfülle. So wählt sich eben jede Epoche ihre eigenen Götter ….

leckere Pflaumen

Nach Frankfurt hätte ich die Karte genauer studieren sollen: dann hätte ich vorher gesehen, dass sich der Mainradweg ab jetzt durch alle nur möglichen Industriegebiete schlängelt: allen voran Hoechst- Sanofi, dann aber auch eine Menge anderer kleinerer Fabriken und Einkaufsmeilen. Etwas nervig. Jedoch finde ich Leckeres für mein körperliches Wohl: Brombeeren an der alten Mauer eines Fabrikgeländes, und dann liegen auf dem Weg haufenweise Pflaumen unter einem Baum: lecker süß ! Ich sammle für die Mittagspause. Fragt jemand: ‚was issen das ?‘- ‚Pflaumen !‘ – ‚Sehen aber komisch aus…‘. ‚Schmecken aber super…‘ -‚ nee, lieber nicht’… .

St. Stephan: Glasfenster von Marc Chagall

Der Weg selbst wird erst wieder schön ab der Mainmündung kurz vor Mainz- Kastel und schon bald fahre ich über die Rheinbrücke zur Besichtigung von Mainz. Der Kontrast der leicht und fast verspielt wirkenden Bürgerhäuser der Stadt am Rhein mit den umliegenden Weinbergen im Vergleich zu den hessischen Städten der letzten Tage ist frappierend. Ich besichtige den Dom, dessen wuchtige Romanik ich beeindruckend finde, wenn mich auch die barocke Innenausstattung wieder überhaupt nicht anspricht. Zeitgeist?

Umso mehr faszinierend sind die von Chagall gestalteten Fenster der Kirche St Stephan: die persönliche Bekanntschaft des damaligen Pfarrers mit dem Künstler hat zu diesen wahnsinnig schönen Fenstern geführt.

Um zu meinen Freunden in dem kleinen Weinort Großwinternheim zu kommen, nehme ich den direkten Weg, 17 km, über den kräftigen Anstieg am Lerchenberg (statt der 35 km am Rhein entlang). Ich glaube, der Weg war für mich keinesfalls schneller…. . Am Abend dann leckeres Essen mit Spundkäse, Backofenkartoffeln und Gemüse in Kombination mit netten Unterhaltungen. Ein gutes Ende meiner Tour durch die Mitte Deutschlands.

Morgen geht’s dann mit dem Zug nach Hause – Nadya und Peter fahren erst zum Abend ins Rheinland.

 Fazit:

 1. Es fährt sich deutlich angenehmer von West nach Ost.

 2. Zu behaupten, dass durch Corona deutsche Urlaubsgebiete überfüllt seien, wäre eine absolute  Verkehrung der Tatschen- nie war es einfacher, Unterkünfte kurzfristig zu bekommen

3. Noch nie habe ich so wenig Menschen auf einer Tour kennengelernt wie diesmal . Corona ?

4. Hessen und das angrenzende Thüringen sind unbedingt eine Reise wert.

5. Die Bahntrassenwege in Hessen sind genial!

Tag 7: Gedern – Steinbach bei Hanau (65 km)

Storche
Storchennest

Mittwoch, 8.Juli 2020

… wenigstens glatt und bergab!

Nein, der Wetterbericht hat sich nicht getäuscht. Beim Aufwachen höre ich den Regen auf die Zeltplane prasseln – was mir dann definitiv jede Lust am Aufstehen nimmt. Ich kuschele mich in meinen Schlafsack, lese etwas, döse rum – es hilft alles nichts: der Regen wird nicht weniger. Also Aufstehen, Satteltaschen packen, Zelt abbauen – ich fange jetzt schon an nass zu werden. Dann versuche ich ein ausführliches Frühstück in einer Bäckerei am Ort – es hilft alles nichts- es regnet weiter ! Also dann: In Goretex eingepackt fahre ich die Bahntrasse weiter – glücklicherweise mit deutlich weniger Wind und meist bergab. Langsam ändert sich die Landschaft, das Tal wird weiter – der Regen bleibt. Trotzdem schaue ich mir mir Ortenberg an, bewundere die Fachwerkhäuser und radele dann langsam weiter.

Ortenberg

Zeitweise kreuzt meine Route interessante Wanderwege: den Bonifatiusweg, den Jakobsweg. Inzwischen ist Feuchtigkeit in meinem Fotoapparat, das Smartphone (GPS) streikt und ich bin trotz Goretex bis auf die Haut nass. Ich konnte, bis gar nichts Elektronisches mehr funktionierte, gerade noch ein B&B bei Hanau buchen. Dann hatte ich aber erhebliche Mühe, mich so ohne Karte durch die Stadt durchzuschlagen, um das Haus überhaupt zu finden. Aber die Unterkunft ist gut und das indische Abendessen auch. Morgen geht’s dann  Main und Rhein entlang zu Nadya.

Tag 6: Fulda- Gedern (95 km)

Schlitz
Lauterbach

Dienstag, 7. Juli 2020

Heute Morgen bin ich nach einem leckeren Frühstück in einer Bäckerei zunächst die Fulda flussabwärts geradelt. Der Radweg heißt „Fuldaradweg“ – ganz wichtig – nicht: Fuldatalradweg. Die kleinen 3 Buchstaben machen den ganzen Unterschied. Der Weg läuft manchmal am Hang, manchmal im Tal entlang und generiert infolgedessen die entsprechenden Steigungen.

Blick zurück auf Fulda
Blick zurück auf Fulda

Nach Besichtigung des kleinen Fachwerkstädtchens Schlitz nehme ich die Bahntrasse der ehemaligen Ortenberg -Bahn über die Rhön. Wenn ich auf einer Bahntrasse, die ja nie eine Steigung über 2,5% hat, nur 12 km/h bergauf und mit viel Treten 18km/h bergab fahre, bedeutet das entweder, dass ich total schlecht in Form bin, oder sich der Wind doch nicht gelegt hat…

Und besonders frustrierend : fast alle (!) überholen mich. Umkehrschluss- fast alle fahren E- Bikes (oder sind besonders fit).

Warum fahre ich eigentlich kein E- Bike ?

Ok, das diskutieren wir jetzt nicht aus, meine Zunge hängt mir auch viel zu sehr aus dem Hals….

die Bahntrasse der Ortenberg -Bahn

Auf der Weiterfahrt komme ich noch durch das pittoreske Lauterbach, bemerke den höchsten Punkt der Bahnlinie bei Hartmannshain auf 581 m – und dann kommt die absolut geniale Abfahrt: meist im Wald und deswegen ohne Gegenwind: ca. 20 km lang !!!

Ich habe mir Gelden als Übernachtungsort ausgeguckt, weil die Entfernung stimmt und es hier vor allem einen See mit Camping gibt: so komme ich zum Schwimmen im See (wie in Bütgenbach) und außerdem habe ich das Zelt nicht völlig umsonst mitgenommen. Ich dachte nämlich, dass in diesem Jahr alle Menschen in Deutschland Urlaub machen, und es deswegen furchtbar voll werden würde… . Fehleinschätzung- es ist leerer als sonst, allenfalls machen mehr Leute Tagesausflüge. Meines Erachtens haben vor allem alle ihr Urlaubsgeld in E- Bikes gesteckt….

Übernachtung dann auf dem Camping am Gederner See:
Schwimmen inclusive !

Der Wetterbericht für morgen ist nicht sehr verheißungsvoll – aber manchmal täuschen die sich auch, oder ?

Tag 5: Philippsthal- Fulda (85 km)

Dom zu Fulda
Dom zu Fulda

Montag, 6. Juli 2020

Riesenfrühstück heute Morgen: die Wirtin in dem kleinen Hotel in Phillipstal meinte es gut mit mir und hat damit auch gleich das Mittagessen gesponsert. Am Buffet hätte ich mich niemals in dieser Form bedient, aber die sind ja durch Corona verboten, und was auf dem Tisch ist, muss nachher ja sowieso weg… .

Danach bin ich das Ulstertal (immer noch in Thüringen) hochgeradelt. Bei der Landschaft könnte ich auch in der Eifel sein – alte Vulkangebirge sehen sich halt ähnlich. Das Ulstertal liegt übrigens nicht in Nordirland – aber der Name hat was damit zu tun: irische Mönche kamen im 7. oder 8. Jahrhundert in die Gegend und haben den Fluss nach ihrer Heimat benannt.

Milseburgradweg mit Blick auf die (den ?) Milseburg u nd die Kuppenrhön

Kurz hinter dem kleinen Örtchen Thann beginnt dann der Milseburg-Bahntrassenradweg nach Fulda: ein ganz toller Weg über die Kuppelrhön, der die obersten 200 Höhenmeter durch einen fast 1,5 km langen Tunnel umgeht. Die Trasse führt unter dem (oder der ) Milseburg durch: das ist ein ganz markanter Berg, der schon in keltischer Zeit besiedelt war und auf dem noch Reste der breiten Schutzwälle dieser Siedlungen zu sehen sind: aber wie gesagt, die letzten 200 Höhenmeter habe ich mir geschenkt…. . Hinter dem Bergbahnhof ging es glücklicherweise mit deutlich weniger Gegenwind immer bergab nach Fulda.

Wie unterschiedlich Universitätsstädte sein können: während ich in Marburg pulsierendes studentisches Leben gespürt habe, fühlt sich hier alles härter und steng an. Oder liegt es nur daran , dass ich den dominanten „Hohen Dom zu Fulda “ im Barockstil nicht mag ?

im Schlossgarten in Fulda

Der Schlossgarten ist aber schön und belebt, und die alte karolingische Rundkirche St. Michael neben dem Dom unbedingt sehenswert und inspirierend. Aber trotzdem … der Funke springt bei mir nicht über. Mein AIRBNB liegt etwas außerhalb und ich fahre abends noch mal sehr schön entlang der Fulda in den Ort. Ich esse in einem chinesischen Snack (übrigens sehr lecker) – aber auch, weil mich keins der „richtigen“ Restaurants wirklich anspricht. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Maskenpflicht hier deutlich strenger genommen wird, als auf den bisherigen Stationen meiner Tour (einschließlich meiner Zimmerwirtin: so kommt sicher kein Gespräch zustande… ) .

Michaelskirche – mit einem Oktogon wie im Aachener Dom !

Morgen früh fahre ich dann weiter – zunächst nach Norden die Fulda entlang und dann weiter über die Rhön Richtung Westen. Der Gegenwind soll ja etwas abnehmen!

Tag 4: Eisenach – Philippsthal (60 km)

Sonntag, 5. Juli 2020

Heute ist Sonntag. Nach gemeisamem Frühstück bin ich bin mit Peter, der im Kirchenchor singt, zur Messe gegangen: Ich war schon ein wenig erstaunt, im ehemaligen Osten eine so lebendige Gemeinde zu sehen : bunt gemischt – einschließlich Kindern und Jugendlicher. Peter meint, es wären in den letzten Jahren weniger Jugendliche geworden, aber das ist Klagen auf ziemlich hohem Niveau…. Aber auch hier gibt es keine jungen Pfarrer.

Lauchröden
Lauchröden

Ich bin dann um 12.00 losgefahren, um das Werratal hinaufzuradeln: zunächst ging der Weg 25 km zurück bis Gerstungen.  Da ich eime andere Route gewählt hatte als am Vortag, war es trotzdem überhaupt nicht langweilig. Vorbei wieder an kleinen Fachwerk- und Dorfkirchen, deren originelle Architektur z.B. als Rundkirchen den Einfluss der Reformation zeigt: wichtig sind Verkündigung und Predigt durch den Pastor inmitten der Gemeinde: deswegen sind die Sitzreihen eher wie im Theater und nicht wie in einer klassischen Kirche angeordnet.

Das Werratal zwischen Gerstungen und Vacha ähnelt der Industrielandschaft im Norden Frankreichs: kleine Dörfer mit riesigen Abraumhalden. Dort Kohle (schwarz) und hier Kali (weiß). Wobei ich finde, dass diese steilen weißen Halden, die das Niveau der umliegenden Hügel deutlich überragen, noch seltsamer in der Landschaft aussehen als die Relikte des Kohlenbergbaus (oder bin ich die aus dem Ruhrpott nur mehr gewöhnt?)

Der heutige Radtag ist fies anstrengend: es herrscht ein stürmischer Gegenwind, der mich sogar bergab kräftig treten lässt. So habe ich nach den knapp 60 km das Gefühl, den ganzen Tag bergauf gefahren zu sein und bin dementsprechend platt. Darüber hinaus sind meine Lippen trocken und aufgesprungen – was ich auch aufdie hohen weißen Salzberge zurückführe… Übernachtung in einem kleinen Hotel in Philippsthal und Abendessen in einer Pizzeria im Schloss – nettes Ambiente, aber auch heute wieder nur wenig Begegnungen und Gespräche auf dem Weg. Ich denke schon, dass das mit Corona zusammenhängt….

Tag 3: Bad Hersfeld – Eisenach (75km)

Wartburg
Wartburg in Eisenach

Samstag, 4. Juli 2020

Jugendherbergen in Corona – Zeiten: das bedeutet, dass ich in der riesigen JH fast alleine bin. Gespenstisch – und ohne den Hauch einer Chance mit Gleichgesinnten ins Gespräch zu kommen, da das Früstück am Tisch serviert wird (in einer JH!) – und der einzige weitere Einzelwanderer an einem Tisch am anderen Ende des Saales platziert worden ist…

die Fulda

Heute geht’s nach Eisenach: Dort habe ich mich heute Abend bei Peter, einem Wanderbekannten vom Eifelsteig angemeldet: er will mir auf den letzten Kilometern mit dem Rad durchs Werratal entgegen kommen.
Bis Bebra radele ich angenehm flach durchs Fuldatal und dann (so dachte ich) flach weiter in der Nähe der Bahnlinie. Die Bahn verläuft auch  wirklich flach…. Nur der Radweg nimmt – wie schon in den letzten Tagen –  jeden Hügel und jede Bodenwelle mit, so dass der Schwung nie ausreicht und ich ohne Ende schalten muss. Wie hat Peter gesagt? „pass auf, der Weg von Bebra aus zieht sich…“ – wie recht er hat … . Aber die Landschaft hier in Waldhessen ist traumhaft schön: kleine Dörfer mit schiefergedeckten Kirchtürmen, Felder… nur: welche jungen Leute wollen das weiterführen ? Die geschlossenen Geschäfte in den Dörfern lassen ahnen, dass es da ein Problem gibt. Vor allem, diese Art der Landschaft ist eine Kulturlandschaft:  wenn niemand die Felder bestellen würde, sähe es hier ziemlich anders aus.

Kalihalde
bei Großensee und Kleinensee:
mit den Abraumhalden auf der thüringischen Seite

Bei einer kleinen Bergabfahrt  dann der Kulturschock: wie aus dem nichts – ich bewundere noch die kleine idyllische Kirche – ein riesiger weißer, sicher 300 m hoher steiler Berg: Kaliabraumhaden. Ich bin in Großensee, direkt an der ehemaligen DDR Grenze. Auf dem Weg nach Kleinensee auf thüringischer Seite komme ich an den Resten von Zaun und Mauer vorbei ( ja, die gab’s nicht nur in Berlin) und sehe an den beiden Ortsteilen den scharfen Kontrast bäuerlicher Ortskultur im Westen und Industriesiedlung auf der Ostseite… Eigenartig. 

inner deutsche Grenze Großensee/ Kleinensee
die frühere innerdeutsche Grenze bei Großensee:
mit Todesstreifen, Stacheldrahtzaun und Mauer-
wie in Berlin
Karte des innerdeutschen Grenzverlaufs

< KOMMENTAR nach Ende der Tour: so kann der erste Eindruck täuschen: ich habe beim Erstellen meines Fotoalbums eine alte Karte studiert: der Ort mit der kleinen Kirche bei der Bergabfahrt ist Großensee und liegt als Fast- Enklave in Thüringen- also der ehehmaligen DDR. Kleinensee ist ebenso eine Fast – Enklave und lag in der BRD in Hessen. Und der ,,scharfe Kontrast“ bestand alo nur in meiner vorgefassten Meinung…..>

In Eisenach nach der dringlich notwendigen Dusche dann Stadtbesichtigung inclusive Wartburg – Besteigung: Ich habe erst da erfahren, dass die Burg im 19. Jh aus Ruinen im Stil einer idealisierten mittelalterlichen Burgenromantik wieder aufgebaut wurde. 

Peter aus Eisenach

Am Abend gab’s eine leckere Gemüsepfanne bei Peter und seiner Freundin. Gelungener Abend. Lieber Peter – falls du das liest: vielen Dank für die Gastfreundschaft !